In Griechenland dürfen Mönche keine Rechtsanwälte werden. Ein Rechtsanwalt aus Zypern, der mittlerweile als Mönch in einem griechischen Kloster lebt, muss dennoch in Griechenland als Anwalt eingetragen werden, entschied der EuGH.
Wer als Jurist Orientierung sucht, kann einen Blick in das Matthäusevangelium werfen. Dort heißt es: "Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon."
Den Vers nimmt man in Griechenland offenbar sehr ernst. Nach den dortigen Berufs- und Standesregelungen für Rechtsanwälte ist es Mönchen nicht erlaubt, als Rechtsanwalt tätig zu sein. Begründet wird dies unter anderem damit, dass die anwaltliche Unabhängigkeit nicht garantiert sei. Ein zyprischer Rechtsanwalt, der sich kurz nach seiner Anwaltszulassung auf Zypern dafür entschied, Mönch in einem griechischen Kloster zu werden, könnte diese Regelungen aber nun in Gefahr bringen.
Der Fall von Bruder Ireneos beschäftigte am Dienstag den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Er ist ausgebildeter Rechtsanwalt und seit Dezember 2014 Mitglied der zyprischen Rechtsanwaltskammer. Bruder Ireneos beantragte im Juni 2015 die Eintragung als Rechtsanwalt bei der Rechtsanwaltskammer Athen. Nach der Richtline 98/5/EG, die die Ausübung des Anwaltsberufs in anderen Mitgliedsstaaten als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, erleichtern soll, braucht es dafür lediglich eine Bescheinigung der Rechtsanwaltskammer des Herkunftslandes. Die Eintragung im Aufnahmestaat ist dann zwingend und ermöglicht dem Anwalt, seine Tätigkeit dort unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung auszuüben.
EuGH: Bescheinigung ist einzige Voraussetzung
Die Anwaltskammer in Athen lehnte eine Eintragung des Mönchs aber unter Verweis auf die griechischen Regelungen ab. Die griechischen Anwaltskammern fürchten um die Unabhängigkeit des Anwalts und es gibt Zweifel, ob ein Mönch als Anwalt sich vollständig seinen Aufgaben widmen und streitige Fälle bearbeiten kann. Auch eine tatsächliche, nicht fiktive Niederlassung im Bezirk des geografisch zuständigen Gerichts sei womöglich nicht garantiert und ein Problem sieht man auch in der anwaltlichen Pflicht, Dienstleistungen nicht unentgeltlich zu erbringen. Das mit dem Fall beschäftigte griechische Gericht legte dem EuGH daraufhin die Frage vor, ob die Eintragung ins Anwaltsverzeichnis mit der Begründung verweigert werden kann, dass Mönche in Griechenland keine Anwälte werden dürfen.
Der EuGH gab dem Mönch nun Recht und entschied, dass eine Bescheinigung der Rechtsanwaltskammer des Herkunftsstaats die einzige Voraussetzung für die Eintragung im Aufnahmestaat ist (Urt. v. 07.05.2019, Az. C-431/17). Zusätzliche Voraussetzungen dürfe der nationale Gesetzgeber nicht hinzufügen. Die Eintragung sei aber von der Ausübung des Anwaltsberufs selbst zu unterscheiden, bei der der Anwalt den nationalen Berufs- und Standesregeln unterliegt.
Anders als die Eintragungsvoraussetzungen seien die Berufs- und Standesregeln nicht Gegenstand einer Harmonisierung. Um die Tätigkeit als Rechtsanwalt zu gestatten, könne der Aufnahmestaat deshalb weitere Garantien einfordern. Laut EuGH müssen diese aber verhältnismäßig sein. Ob das anwaltliche Berufsverbot für Mönche den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beachtet, müsse das vorlegende griechische Gericht klären. In den Schlussanträgen zu dem Fall wurde dies aber bereits vom Generalanwalt bezweifelt.
Nach Einschätzung von Martin W. Huff, Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln und Berufsrechtler bei LLR Rechtsanwälte, hat die Entscheidung aber keine Auswirkungen auf Deutschland. "Eine Zulassungsbeschränkung wie im griechischen Recht kennt das deutsche Recht nicht", so Huff gegenüber LTO. "Der europäische Gerichtshof hat daher völlig zu Recht entschieden, dass dann, wenn die Voraussetzuneng für eine Anwaltszulassung vorliegen, egal ob im eigenen oder aus einem anderen Mitgliedsland, eine Zulassung auch zu erteilen ist", so Huff weiter.
acr/LTO-Redaktion
Bruder Ireneos gewinnt vor EuGH: . In: Legal Tribune Online, 07.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35229 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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