Eine Rechtsanwaltskanzlei musste jedes Jahr Auskunft über ihre Unternehmensdaten an das Statistische Landesamt übermitteln. Diese Auswahl war ermessensfehlerhaft, urteilte nun das BVerwG.
Alles falsch gemacht: Jahr für Jahr dieselben Unternehmen für statistische Zwecke heranzuziehen ist ermessensfehlerhaft. Außerdem verstößt dieses Vorgehen gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Gleichheitsgrundsatz, urteilte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Urt. v.15.03.2017, Az. 8 C 6.16).
Geklagt hatten eine Rechtsanwaltskanzlei und eine Baugenossenschaft. Beide wurden nach einem mathematisch-statistischen Verfahren Jahre für Jahr zur Auskunftserteilung herangezogen. Aus den Ergebnissen der Umfragen folgt die Dienstleistungsstatistik. Diese gibt Auskunft über die Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem Segment.
Keine Chance auf Nichtheranziehung
Grundsätzlich ermitteln die Statistischen Landesämter ihre Daten über eine Stichprobenerhebung, bei der die statistischen Landesämter 15 Prozent der Unternehmen und freiberuflich tätigen Einrichtungen schriftlich befragen.
Nach dem Auswahlverfahren werden zunächst alle potenziell auskunftspflichtigen Unternehmen nach Bundesland, Wirtschaftszweig und Umsatzgröße in Schichten eingeteilt. Dann tatsächliche Auswahl erfolgt dann nach dem Zufallsprinzip. Manche dieser Schichten sind aber so eng definiert und betrafen insgesamt so wenige Unternehmen, dass sämtliche ihnen angehörenden Unternehmen Auskunft geben müssen. Eine greifbare Chance auf Nichtheranziehung in Zukunft besteht für diese Unternehmen nicht. Zu dieser sogenannten "Totalschicht" zählten auch die beiden klagenden Unternehmen.
Hinreichend genau reicht auch
Die Statistischen Landesämter halten dieses Vorgehen für ermessenfehlerfrei. Es beruhe auf einem anerkannten mathematisch-statistischen Verfahren, das im Rahmen des vorgegebenen Stichprobenumfangs von 15 Prozent der Dienstleistungsunternehmen eine optimale Ergebnisgenauigkeit sicherstelle.
Während die Baugenossenschaft bereits in der Vorinstanz beim Obervewaltungsgericht (OVG) Bautzen siegreich gewesen war, hatte das OVG Koblenz die Klage der Anwaltskanzlei abgelehnt.
Dafür war ihr nun vor dem BVerwG Erfolg beschieden. Die Statistischen Landesämter hätten bei der Auswahl der beiden Unternehmen das ihnen eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, urteilten die Richter. Bei Stichproben gehe es um repräsentative, hinreichend genaue statistische Ergebnisse. Die Auswahl der Auskunftspflichtigen allein auf das Erreichen einer möglichst genauen Zahl zu stützen, reiche für eine fehlerfreie Ermessensausübung jedoch nicht.
Zudem hätten sie gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen. Das Verfahren müsse so gestaltet sein, dass die Belastung für die Auskunftspflichtigen möglichst gering ausfällt.
Zu guter Letzt hätten die Landesämter bei ihrem Auswahlermessen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen. Dieser fordere für das Auswahlverfahren bei statistischen Stichprobenerhebungen, dass die Belastung gleichmäßig auf die auskunftspflichtigen Unternehmen verteilt wird, soweit der Zweck der Erzielung repräsentativer Ergebnisse dies zulässt. Das von den Statistischen Landesämtern angewandte Auswahlverfahren mit dem Ziel einer optimalen Ergebnisgenauigkeit führe hingegen zu einer über die Jahre anwachsenden und nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung von Unternehmen, die einer Totalschicht angehören, gegenüber solchen Unternehmen, die einer regelmäßig rotierenden Schicht zugeordnet sind.
tap/LTO-Redaktion
BVerwG zu Auswahl von Unternehmen für Statistik: . In: Legal Tribune Online, 16.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22397 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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