Düsseldorfs Oberbürgermeister durfte das Rathaus während einer islamfeindlichen Demonstration nicht verdunkeln, um gegen Rassismus zu protestieren. Auch seinen Aufruf zur Teilnahme an einer Gegendemo erklärte das BVerwG nun für rechtswidrig.
Nun ist es auch bundesgerichtlich bestätigt: Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel durfte nicht dazu aufrufen, an einer Kundgebung gegen eine islamfeindliche Demonstration teilzunehmen. Mit seiner Aktion "Lichter aus" als Zeichen gegen die Veranstaltung der Gruppe "Dügida" (Düsseldorfer gegen die Islamisierung des Abendlandes) hat das Stadtoberhaupt auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) rechtswidrig gehandelt.
Die Leipziger Richter gehen dabei sogar noch weiter als das Oberverwaltungsgericht Münster. Dieses hatte auf Antrag der Leiterin der Dügida-Kundgebung in zweiter Instanz im November 2016 bereits entschieden, dass Geisel weder die Beleuchtung an verschiedenen öffentlichen Gebäuden während der Demonstration ausschalten noch die Düsseldorfer dazu auffordern durfte, die Beleuchtung an ihren Gebäuden ebenfalls auszuschalten, um ein "Zeichen gegen Intoleranz und Rassismus" zu setzen (OVG Münster, Urt. v. 04.11.2016, Az. 15 A 2293/15).
Das BVerwG erklärt nun auch seine in derselben Erklärung geäußerte Bitte für rechtswidrig, an einer parallel zu der Dügida-Demonstration stattfindenden Gegendemonstration teilzunehmen. Als kommunaler Bürgermeister habe er mit diesem Aufruf in unzulässiger Weise in den Meinungsbildungsprozess eingegriffen. Die Leipziger Richter bewerten die gesamte Licht-aus-Aktion als rechtswidrig (Urt. v. 13.09.2017, Az. 10 C 6.16).
BVerwG: "Den Bereich politischer Kommunikation verlassen"
Im Januar 2015 hatte Geisel auf der Homepage der Stadt Düsseldorf zur Verdunkelung aus Protest gegen eine islamfeindliche Kundgebung aufgerufen. Im Rathaus und in weiteren öffentlichen Gebäuden ließ er die Lichter ausgehen, Unternehmen und Privatleute folgten.
Die Leiterin der Dügida-Kundgebung war wegen der Protestaktionen vor Gericht gezogen. In letzter Instanz bekam sie nun vollumfänglich Recht. Das BVerwG erklärt, dass der Oberbürgermeister mit der gesamten Aktion die Grenzen seiner Befugnis als kommunaler Wahlbeamter überschritten hat.
Während er mit dem Aufruf zur Teilnahme an einer Gegendemonstration in unzulässiger Weise in den Meinungsbildungsprozess der Bevölkerung eingegriffen habe, habe er mit seiner Aufforderung, das Licht auszuschalten, und dem Verdunkeln des Rathauses "den Bereich politischer Kommunikation durch diskursive Auseinandersetzung verlassen". Zwar darf sich auch ein Bürgermeister in sachlicher und rationaler Weise mit den Geschehnissen in seiner Stadt auseinandersetzen. Diese Grenzen der Äußerungsbefugnis habe Geisel mit seinem Licht-aus-Appell aber überschritten, so die obersten Verwaltungsrichter.
BVerwG: Der Staat darf nicht mit gleicher Waffe reagieren
Geisel befindet sich derzeit auf einer Dienstreise in Japan und war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen.
Die Stadt hatte ins Feld geführt, dass auch "Dügida" ausgrenzend argumentiert habe und dass darauf eine angemessene Reaktion des Oberbürgermeisters nötig gewesen sei. Dazu sagte der Richter, Gerichtspräsident Klaus Rennert, schon während der Verhandlung: "Es mag sein, dass diejenigen, die demonstrieren, ausgrenzend argumentieren. Darauf darf der Staat aber nicht mit gleicher Waffe reagieren." Mit der Licht-aus-Aktion habe die Stadt zudem Argumentationsmöglichkeiten genutzt, die den Demonstranten nicht zur Verfügung gestanden hätten.
pl/LTO-Redaktion
Mit Materialien von dpa
Düsseldorfer Licht-aus-Aktion gegen Rassismus war rechtswidrig: . In: Legal Tribune Online, 13.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24513 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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