Wegen Verstößen gegen die Gemeinschaftsstandards sperrte Facebook den Account der Partei "Der III. Weg". Das BVerfG sieht schwierige und ungeklärte Rechtsfragen – und entschied, dass die Partei zunächst entsperrt werden muss.
Facebook muss die Seite der rechtsextremen Kleinstpartei "Der III. Weg" bis nach der Europawahl wieder entsperren. Dazu verpflichtete das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das soziale Netzwerk nach einem Eilantrag der Partei, wie es am Donnerstag aus Karlsruhe hieß. Das betreffe aber nicht "das Recht und die Pflicht des Unternehmens", einzelne Inhalte zu überprüfen und erforderlichenfalls zu löschen, hieß es (Beschl. v. 22.05.2019, Az. 1 BvQ 42/19).
Die rechtsextreme Partei hatte im Januar einen fremdenfeindlichen Beitrag bei Facebook geteilt. Facebook sah seine Gemeinschaftsstandards verletzt und schränkte zunächst die Sichtbarkeit des Beitrags ein und sperrte das Veröffentlichen von neuen Beiträgen für 30 Tage. Nachdem Der III. Weg dagegen Einspruch unter Verweis auf die Meinungsfreiheit erhob, löschte Facebook das Konto. Vor den ordentlichen Gerichten blieb der Eilrechtsschutz gegen die Sperrung des Beitrags und des Kontos ohne Erfolg.
Mit ihrer einstweiligen Anordnung wollen die Verfassungsrichter der Mitteilung zufolge die Schaffung vollendeter Tatsachen verhindern. Das Verhältnis zwischen sozialen Netzwerken und ihren Nutzern sei verfassungsrechtlich noch ungeklärt. Es gehe um "schwierige Rechtsfragen", die so schnell nicht entschieden werden könnten.
BVerfG: Besondere Dringlichkeit bis zur Europawahl
Sollte die Partei noch Verfassungsbeschwerde einreichen, sei der Ausgang eines solchen Verfahrens offen, so die Karlsruher Richter. Sie nahmen deshalb eine Folgenabwägung vor - mit dem Ergebnis, dass eine möglicherweise unrechtmäßige Kontosperrung für die Partei deutlich schwerwiegendere Konsequenzen hätte als umgekehrt für Facebook. Der Partei werde sonst womöglich zu Unrecht "eine wesentliche Möglichkeit versagt, ihre politischen Botschaften zu verbreiten".
Facebook wird nach Ansicht der Richter durch den Beschluss aber ausdrücklich "nicht dazu verpflichtet, rechtswidrige oder gegen Nutzungsbestimmungen verstoßende Beiträge ungeprüft vorhalten und verbreiten zu müssen". Das Recht und die Pflicht zur Löschung rechtswidriger Inhalte blieben durch die vorläufige Bereitstellung des Accounts unberührt.
Facebook wollte sich auf Anfrage nicht zu der Entscheidung äußern. Der Karlsruher Beschluss vom Mittwoch gilt nur bis zur Feststellung des amtlichen Endergebnisses der Europawahl. Für diesen Zeitraum habe die Partei "eine besondere Dringlichkeit dargelegt", hieß es.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
BVerfG erlässt einstweilige Anordnung: . In: Legal Tribune Online, 23.05.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/35573 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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