Wer sein Konto über den gewährten Rahmen hinaus überziehen will, muss darauf hoffen, dass die Bank beide Augen zudrückt. Manche Institute lassen sich das mit einer Mindestgebühr bezahlen. Die ist aber unverhältnismäßig, entschied der BGH.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in zwei parallel gelagerten Revisionsverfahren entschieden, dass vorformulierte Bestimmungen über ein pauschales "Mindestentgelt" für geduldete Überziehungen zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher unwirksam sind (Urt. v. 25.10.2016, Az. XI ZR 9/15 und 387/15). Geduldete Überziehung bedeutet, dass der Kontoinhaber nicht nur ins Minus rutscht, sondern dabei auch noch seinen Dispokredit überschreitet. Das konnte für Bankkunden bisher teuer werden.
Die Verbraucherzentralen haben zwei Banken verklagt, die unabhängig von der Höhe des Kredits ein Mindestentgelt für dessen Einräumung kassierten. Im ungünstigsten Fall kann so eine Klausel dazu führen, dass ein Kunde wegen einer Überziehung um wenige Cent an einem einzigen Tag mehrere Euro Gebühr zahlen muss. Das kritisieren die Verbraucherschützer als unverhältnismäßig.
Die Klagen richten sich gegen die Deutsche Bank und die Targobank, die für die Überziehung mindestens 6,90 im Quartal (Deutsche Bank) bzw. 2,95 Euro im Monat (Targobank) verlangten. Die BGH-Anwälte der beiden Häuser sprachen von "Peanuts". Nach ihrer Darstellung entsteht der Bank durch einen kurzfristig gewährten Kleinstkredit, bei dem ohnehin schon beide Augen zugedrückt würden, ein hoher Aufwand. So müssten Sachbearbeiter in jedem Einzelfall die Bonität des Kunden prüfen. Über Zinsen lasse sich das nicht finanzieren. Selbst bei einem hohen Satz von 16,5 Prozent zahle ein Kunde, der sein Konto eine Woche lang um 1.000 Euro überziehe, nur 3,16 Euro.
Aufwand darf nur über Zins abgerechnet werden
Mit Mindestentgelten wälze die Bank den Bearbeitungsaufwand unabhängig von der Laufzeit des Darlehens auf den Kunden ab, entschied der Senat. Die angegriffenen Klauseln der Bank-AGBs wichen von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab. Der Preis für eine geduldete Überziehung sei ein Zins und damit allein eine laufzeitabhängige Vergütung der Kapitalüberlassung, in die der Aufwand für die Bearbeitung einzupreisen sei.
Gerade bei niedrigen Überziehungsbeträgen und kurzen Laufzeiten führe dies zu unverhältnismäßigen Belastungen. Bei einer geduldeten Überziehung von 10 Euro für einen Tag entsprächen die hierfür von den Beklagten in Rechnung gestellten Pauschalen von 6,90 Euro bzw. 2,95 Euro einem Zinssatz von über 25.000 bzw. von über 10.000 Prozent, rechneten die Karlsruher Richter vor.
Der BGH knüpft damit an zwei Urteile aus 2014 an. Damals hatte der Senat laufzeitunabhängige Bearbeitungsgebühren für Kreditverträge gekippt, weil die Banken damit unzulässigerweise ihre Kosten auf die Kunden abwälzten.
acr/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa.
BGH zu geduldeter Kontoüberziehung: . In: Legal Tribune Online, 25.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20972 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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