Selbst wenn das das sogenannte Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung wäre, wäre der Einsatz der Technik nicht sittenwidrig. Dies hat der BGH entschieden und damit vier weitere Klagen gegen Daimler zurückgewiesen.
Schadensersatzklagen gegen Daimler wegen des sogenannten Thermofensters in Mercedes-Dieseln haben immer weniger Aussicht auf Erfolg. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe urteilte am Donnerstag nun schon zum wiederholten Male, dass dem Autobauer nur wegen Verwendung der Technik nicht gleich Betrugsabsichten unterstellt werden könnten. Dafür müsste den Verantwortlichen nachzuweisen sein, dass sie die Behörden bewusst hinters Licht führen wollten. Konkrete Anhaltspunkte dafür wurden bisher nicht vorgebracht, auch nicht von den vier Autokäufer:innen, deren Klagen jetzt vom VII. Zivilsenat des BGH abgewiesen wurden (Urt. v. 16.09.2021, Az. VII ZR 190/20 u.a.)
Das Thermofenster sorgt dafür, dass bei kühlen Temperaturen weniger Abgase zur Verbrennung in den Motor zurückgeführt werden. Die Kläger:innen hatten behauptet, Daimler habe den Mechanismus exakt auf die Prüfbedingungen in Behördentests abgestimmt, um die Grenzwerte einhalten zu können.
Ein Anspruch der Kläger:innen gegen Daimler aus § 826 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bestehe laut Gericht aber nicht. Selbst wenn zugunsten der Kläger:innen unterstellt werde, dass es sich bei dem Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handele, sei der darin liegende – unterstellte – Gesetzesverstoß für sich nicht geeignet, den Einsatz der Technik als besonders verwerflich erscheinen zu lassen. Anzeichen dafür, dass die Verantwortlichen bei Daimler bei der Entwicklung bzw. Verwendung des Thermofensters in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf nahmen, sah der Senat nicht.
BGH: Schädigungsvorsatz fehlt
Der Senat bestätigte darüber hinaus die Ansicht der Vorinstanzen, dass die Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit eines Thermofensters zweifelhaft gewesen sei. Eine möglicherweise nur fahrlässige Verkennung der Rechtslage genüge aber für die Feststellung der besonderen Verwerflichkeit des Verhaltens von Daimler nicht.
Allein aus der – unterstellten - objektiven Unzulässigkeit des Thermofensters folge außerdem kein Vorsatz hinsichtlich der Schädigung der Fahrzeugkäufer. Der Senat betonte, dass es hinsichtlich des Thermofensters bis heute an einer behördlichen Stilllegung oder einem Zwang zu Umrüstungsmaßnahmen fehle. Dass sich den Verantwortlichen beim Daimler die Gefahr einer Schädigung der Kläger:innen hätte aufdrängen müssen, sei nicht dargetan.
Ähnliche Entscheidungen zum Thermofenster hatte es zuvor schon vom VI. Zivilsenat gegeben. Im März entschied dieser, dass VW-Kunden kein Schadensersatz wegen des Thermofensters zusteht. Bereits im Juli entschied der BGH bereits, dass der Einsatz eines Thermofensters für sich genommen nicht ausreicht, um einen Schadensersatzanspruch wegen § 826 BGB zu begründen.
acr/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
BGH zu Daimler-Dieseln: . In: Legal Tribune Online, 16.09.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46037 (abgerufen am: 08.11.2024 )
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