Bei der Kündigung einer Lebensversicherung müssen Kunden weiter hohe Abschläge hinnehmen. Das entschied der BGH am Mittwoch. Versicherungen müssen danach bei der Kündigung von Altverträgen wie bisher nur mindestens die Hälfte des Deckungskapitals auszahlen. Kunden hatten unter Berufung auf eine Gesetzesänderung von 2008 auch für ältere Verträge höhere Rückzahlungen gefordert.
Die Kläger hatten bereits 2004 jeweils einen Versicherungsvertrag geschlossen, den sie 2009 vorzeitig gekündigt hatten. Ihre Versicherungen zahlten ihnen anschließend die aufgrund der AGB ermittelten Rückkaufswerte aus.
Den Klägern war das nicht genug. Sie verlangten unter Berufung auf eine Gesetzesänderung von 2008 und ein Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) von Juli 2012 mehr. In der Entscheidung hatten die Karlsruher Richter AGB-Klauseln wegen unangemessener Benachteiligung für unwirksam erklärt, die vorsehen, dass die Kosten für den Vertragsabschluss nach dem sogenannten Zillmerverfahren mit den ersten Beiträgen des Versicherungsnehmers verrechnet werden (Urt. v. 25.07.2012, Az. IV ZR 201/10).
Die Klauseln konnten dazu führen, dass Kunden bei einer frühen Kündigung kaum Geld zurückbekamen. Nach derartigen Klauseln wurden auch die Prämien der Kläger in den aktuellen Verfahren berechnet.
Mindestbetrag: nur die Hälfte des Deckungskapitals
Der BGH klärte nun, welche Rechtsfolgen sich aus der Unwirksamkeit dieser Klauseln für die Berechnung des Rückkaufswerts bei einer vorzeitigen Kündigung ergeben: Die Vertragslücke, die durch die Unwirksamkeit der Klauseln entsteht, ist durch eine ergänzende Vertragsauslegung so zu schließen, dass dem Versicherungsnehmer bei einer vorzeitigen Kündigung die versprochene Prämie zusteht.
Der vereinbarte Betrag der beitragsfreien Versicherungssumme und des Rückkaufswerts darf aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten. Dieser Mindestbetrag liegt bei der Hälfte des mit den Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechneten ungezillmerten Deckungskapitals.
Die Urteile liegen auf einer Linie mit der bisherigen Rechtsprechung des BGH. "Damit werden bei der Berechnung des Rückkaufswerts alle bis Ende 2007 geschlossenen Verträge, denen die genannten unwirksamen Klauseln zugrunde lagen, nach denselben Grundsätzen behandelt", stellte das höchste Zivilgericht nun fest.
Keine rückwirkende Anwendung des VVG
Versicherungsnehmer erhalten in der Regel nicht das, was sie eingezahlt haben. Abgezogen werden nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft von den Beiträgen die Anteile für die Risikodeckung. Außerdem müssen Kunden in den ersten Jahren die Abschlusskosten für den Vertrag zahlen. Auch das mindert den Rückkaufswert. Sofern vereinbart, kann auch noch ein Stornoabzug hinzukommen.
Für Verträge ab 2008 gibt § 169 Abs. 3 S. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) vor, wie hoch der Rückkaufswert mindestens sein muss. Danach muss der Rückkaufswert bei einer Kündigung mindestens den Betrag des Deckungskapitals betragen, das sich bei gleichmäßiger Verteilung der angesetzten Abschluss- und Vertriebskosten auf die ersten fünf Vertragsjahre ergibt.
Eine rückwirkende Anwendung der Vorschrift auf Altverträge entspräche nicht dem Willen des Gesetzgebers, so der BGH.
dpa/cko/LTO-Redaktion
BGH billigt hohe Abschläge bei Kündigung: . In: Legal Tribune Online, 11.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9538 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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