Wer in der Anfangszeit der Covid-19-Pandemie eine Großveranstaltung absagt hatte, obwohl keine behördliche Anordnung dazu bestand, hat nicht pflichtwidrig gehandelt. Das hat das LG Köln jetzt entschieden.
Die Internationale Eisenwarenmesse (IEM) hätte eigentlich Anfang März 2020 in Köln stattfinden sollen. An der Messe nehmen üblicherweise rund 50.000 Personen teil, auch aus China und Italien, wo zum damaligen Zeitpunkt bereits etliche Corona-Fälle bekannt waren. Zunächst war der Veranstalter noch davon ausgegangen, die Messe werde unter Beachtung entsprechender Hygienemaßnahmen stattfinden können. Doch Ende Februar 2020 entschied man sich schließlich für eine Absage der Messe.
Der Haken: Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine entsprechende behördliche Anordnung. Deshalb klagte eine Werkzeugherstellerin, die an der Messe teilnehmen wollte, auf Ersatz ihrer getätigten Aufwendungen in Höhe von knapp über 200.000 Euro für Messestände, Hostessen und Reservierungen in Hotels und Gaststätten. Das Landgericht (LG) Köln hat diese Klage nunmehr vollumfänglich abgewiesen (Urt. v. 29.04.2021, Az. 85 O 23/20).
Anders als die klagende Herstellerin meint, erfolgte die Absage der Messe durch den Veranstalter nach Auffassung des LG Köln nicht grundlos. Es habe ein Fall höherer Gewalt vorgelegen, der vor dem Jahr 2020 nicht vorhersehbar gewesen sei, so das Gericht. Daher habe der Veranstalter zutreffend den höherrangigen Interessen aller Messeteilnehmer gegenüber den rein wirtschaftlichen Interessen teilnahmebereiter Aussteller Rechnung getragen.
Aus § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch habe den Veranstalter eine Rücksichtnahme- und Schutzpflicht gegenüber allen anderen Vertragspartner getroffen, so das LG. Da nicht einmal Fachleute zu diesem Zeitpunkt eine Prognose über das weitere Infektionsgeschehen hätten abgeben können, sei dies für die Beklagte erst recht nicht möglich gewesen. Vielmehr noch sei die Infektionslage zum Zeitpunkt der Absage Ende Februar 2020 bereits überaus kritisch gewesen, auch erste Infektionen in Deutschland wurden bekannt. Auch andernorts seien Messen abgesagt worden.
Daher hat die beklagte Messeausrichterin nach Auffassung des Kölner Gerichts das Risiko zutreffend eingeschätzt. Dies gelte insbesondere, da viele Besucherinnen und Besucher aus Ländern erwartet wurden, in denen die Infektionslage noch dramatischer war. Zu diesem Zeitpunkt habe es auch keine entwickelten Hygienekonzepte gegeben, Mund-Nasen-Schutzmasken seien knapp gewesen. Auch sei eine etwaige Rückverfolgung der Infektionsketten sei zu diesem Zeitpunkt unmöglich gewesen, so das LG.
Der Veranstalter der Messe hatte der klagenden Herstellerin ihre bereits gezahlten rund 130.000 Euro für die Messeteilnahme schon außergerichtlich zurückgezahlt.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
jb/LTO-Redaktion
LG Köln zur Anfangsphase der Corona-Pandemie: . In: Legal Tribune Online, 30.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44858 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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