Eine Tankstelle darf nicht für Tabakwaren werben, wie es ein Fachhändler tut. Das hat das OLG Stuttgart entschieden. In dem Fall ging um Werbung auf Bildschirmen im Schaufenster, wie sie bundesweit an vielen Tankstellen zu finden sind.
Eine Tankstelle darf auf Antrag des Verbraucherschutzvereins "Pro Rauchfrei" nicht mehr mittels digitaler Bildschirme für Tabakerzeugnisse und E-Zigaretten werben. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschieden (Urt. v. 01.08.2024, Az. 2 UKl 2/24).
Der Verein störte sich an der Tabakwerbung einer Tankstelle in Fellbach. Konkret ging es dabei um einen hinter der Außenscheibe angebrachten Bildschirm, auf dem für zwei Zigarettenmarken geworben wurde. Diese Werbung war dabei außerhalb des Verkaufsraumes ungehindert sichtbar. Deshalb versuchte der Verein einen Unterlassungsanspruch gemäß § 2 Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) i.V.m. § 20a S. 1 Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG) durchzusetzen.
Dies gelang den Verbraucherschützern vollumfänglich vor dem 2. Senat des OLG Stuttgart, der für diesen Fall gemäß § 6 Abs. 1 UKlaG erstinstanzlich zuständig ist. Die Tankstelle muss die Werbung jedenfalls in dieser Art und Weise unterlassen. Der Senat bejahte hier – entgegen der Auffassung der beklagten Tankstelle – das Merkmal der "Außenwerbung" im Sinne von §§ 20a Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 9 TabakerzG. Außenwerbung ist der Norm nach verboten.
Die Begründung des OLG: Von "Außenwerbung" sei jede Werbung außerhalb geschlossener Räume umfasst. Bei Auslegung nach Sinn und Zweck der Norm ergebe sich, "dass dabei nicht auf den Ort abzustellen ist, an dem die Verlautbarung abgegeben wird, sondern auf den Ort, an dem die Werbung bestimmungsgemäß oder doch erwartbar wahrgenommen wird".
Tankstellenpersonal ohne Tabakwarenexpertise
Mit dem Tabakwerbeverbot sollten Konsumenten außerhalb von Ladenlokalen gerade vor Anreizen zum Erwerb und Konsum der Tabakprodukte geschützt werden, meint der Senat. Ob die Werbung dabei drinnen oder draußen stattfindet, sei für die Wirkung insoweit irrelevant. Entscheidend sei allein die Möglichkeit, die Werbung auch im Außenbereich wahrzunehmen.
Diese Ansicht werde dadurch untermauert, dass der Gesetzgeber die Schaufensterwerbung in § 2 Nr. 9 TabakerzG explizit als Außenwerbung erfasst. Auch die Gesetzesbegründung stützt nach Überzeugung des Senats die Annahme, den Begriff der Außenwerbung weit auszulegen. Damit konnte die Tankstelle nicht mit ihrem Argument überzeugen, dass man sich bei Wahrnehmung der Werbung ohnehin bereits im Verkaufsumfeld befinde, wofür kein Werbeverbot vorgesehen sei.
Auch der Ausnahmetatbestand des § 20a Abs. 1 S. 2 TabakerzG, wonach das Außenwerbungsverbot nicht für den Fachhandel gilt, griff nicht zugunsten der Tankstelle ein. Denn eine Tankstelle werde "gemeinhin nicht als Fachhandelsgeschäft für Tabakerzeugnisse verstanden", so der Senat. Aus dem Vortrag der Tankstelle ergab sich hier für den Senat auch nichts anderes, was die Annahme begründen könne, dass es sich bei der Tankstelle doch um einen Fachhandel handelte. Insbesondere konnte die Tankstelle nicht die besondere Qualifikation ihres Personals in Sachen Tabakwaren darlegen.
Stephan Weinberg, Vorstand von "Pro Rauchfrei", sieht sich bestätigt: "Mit hohem finanziellen Aufwand hat die Tabakindustrie Tankstellen in ganz Deutschland mit digitalen Monitoren ausgestattet, die im Dauerdurchlauf vor allem Außenwerbung für klassische Zigaretten, E-Zigaretten und Tabakerhitzer zeigen. Das alles passierte, obwohl der Tabakbranche bewusst war, dass Außenwerbung gesetzlich nur für den Fachhandel zulässig ist". Weinberg kündigte an, nunmehr Tankstellen stichprobenartig auf etwaige Tabakwerbung untersuchen zu wollen.
jb/LTO-Redaktion
OLG Stuttgart: . In: Legal Tribune Online, 07.08.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55165 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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