Wer auf Firmenkosten für eine Fortbildung angemeldet ist und diese für eine private Verabredung schwänzt, riskiert seinen Job. Das kann auch Betriebsratsvorsitzende treffen – auch wenn die Hürden für eine Kündigung hier höher sind.
Der Betriebsratsvorsitzende bei Amazon am Standort Winsen/Luhe im Landkreis Harburg für einen Fortbildungskongress in Bonn angemeldet – auf Firmenkosten, die Amazon auf mehr als 2.000 Euro bezifferte. Doch in Bonn kam Detlev Börs nie an. Stattdessen fuhr er nach Düsseldorf, saß dort stundenlang in einem Café und übernachtete schließlich bei seiner Ex-Frau. Amazon kündigte Börs daraufhin außerordentlich – zu Recht, entschied nun das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen in Hannover (Beschl. v. 28.02.2024, Az. 13 TaBV 40/23).
Damit bestätigte das LAG die Entscheidung des Arbeitsgerichts Lüneburg. Zum Rechtsstreit war es gekommen, da der Betriebsrat der Kündigung nicht die erforderliche Zustimmung erteilt hatte. Betriebsratsmitglieder genießen gemäß § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) besonderen Kündigungsschutz, gemäß § 103 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss der Betriebsrat der Kündigung zustimmen. Da er dies nicht tat, erstritt der Logistikkonzern die Zustimmung vor Gericht.
"Amazon hat in Winsen seit 2018 einen Betriebsrat. Wir arbeiten vertrauensvoll zusammen, müssen aber auf die Einhaltung der Regeln achten, die für alle Mitarbeitenden gleichermaßen gelten. Die Entscheidung, in Einzelfällen ein Arbeitsverhältnis aufzulösen, fällt uns dabei niemals leicht", sagte ein Unternehmenssprecher am Montag. "Dass wir aber gute Gründe und Recht hatten, wurde uns gerichtlich bestätigt." Nach der Verhandlung in Hannover habe der Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag unterschrieben und man habe sich somit einvernehmlich getrennt. Seit diesem Monat sei er nicht mehr für den Konzern tätig.
Amazon hat in Winsen mehr als 1.900 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Rund 100.000 Pakete verlassen das Werk täglich. Nach Angaben der Gewerkschaft Verdi gibt es an verschiedenen Standorten immer wieder Auseinandersetzungen des Unternehmens mit Betriebsräten.
dpa/jb/LTO-Redaktion
Café-Besuch statt Fortbildung: . In: Legal Tribune Online, 25.03.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54199 (abgerufen am: 24.11.2024 )
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