Rechtsabteilungen im Jahr 2016 erwarten mehr von ihren beratenden Kanzleien: höheres Kostenbewusstsein und effizienteres Projektmanagement. Sybille Franzmann-Haag erläutert, was die Inhouse-Juristen dazu bewegt.
Laut einer Umfrage der Marktforschungsfirma Altman Weil für den US-amerikanischen Anwaltsmarkt aus dem Herbst 2015 verfolgen Konzernrechtsabteilungen mittlerweile überwiegend einen strategischeren Ansatz bei der Beauftragung von externen Beratern. Sie wollen intensiver mit ihren Kanzleien arbeiten und befassen sich mit deren Projektmanagement-Kompetenz, der Bepreisung von Leistungen und mit der anwaltlichen Projektbesetzung.
Dieser Trend ist global unausweichlich und hat nun auch Deutschland erreicht. So hebt seit Anfang 2016 beispielsweise die Kanzlei Hogan Lovells in Deutschland den weltweiten Aufbau ihrer Legal Project Management-Teams öffentlich besonders hervor.
Projektmanagement gegen den Kostendruck
Insbesondere Mandanten mit langfristigen und komplexen Projekten, z.B. mit sehr umfangreichen Bauvorhaben oder Projekten mit sehr hohem Dokumentationsaufwand, mehreren Ebenen und langer Laufzeit waren die ersten, die hierzulande von den beratenden Kanzleien ein begleitend-steuerndes juristisches Projektmanagement einforderten. Ein frühes Beispiel ist die überörtliche baurechtlich spezialisierte Kanzlei Kapellmann, die hierfür besondere Projektmanagementprozesse ausgebildet hat.
Aktuell ist eine Kompetenz im "Legal Project Management" bei großen Wirtschaftskanzleien ein Muss und zugleich ein positives Unterscheidungsmerkmal im Pitch der Berater um das Mandat. Als Grund für das Erfordernis benennen die Rechtsabteilungen den internen und externen Kostendruck. Dieser ist auch gleichzeitig ihre größte Sorge.
Mehr Eigenarbeit in den Rechtsabteilungen
Laut der Altman-Weil-Umfrage planen 40 Prozent der Rechtsabteilungen, die Ausgaben für externe Berater in den nächsten zwölf Monaten spürbar zu verringern und mehr Eigenarbeit zu leisten. Dies bestätigt auch eine Umfrage des Juve-Verlags unter den hiesigen Rechtsabteilungen aus dem Jahr 2016.
Alle größeren Rechtsabteilungen zeigten sich bestrebt, auch den Zustrom der Arbeit aus dem Konzern, d.h. von den internen Kunden, stärker zu strukturieren. Vielfach wurden "Torwächter" in der Abteilung benannt, die bestimmte Arten von Arbeit filtern oder Geschäftsbereichen im Konzern vorab Hilfestellungen geben, um das Maß der eigentlichen Arbeit für die Rechtsabteilung nicht überhand nehmen zu lassen.
Das Bewusstsein, sich als Rechtsabteilung auf die zugewiesenen Aufgaben, die für den Konzern höchste Bedeutung haben, zu konzentrieren, hat zugenommen. Notwendig muss so die Wirksamkeit der häufig begrenzten Ressourcen in der Abteilung erhöht werden. Es wird mehr Technologie eingesetzt und die internen Ressourcen werden stringenter organisiert.
Anwaltskosten sollen reduziert werden
Über 40 Prozent der Konzernrechtsabteilungen lagern bestimmte Arbeiten an juristische Dienstleister aus, unter der Maßgabe voller Kostenkontrolle. Dem folgen das Aushandeln von Rabatten oder festen Gebührenvereinbarungen mit den beratenden Kanzleien. Der weitaus größere Teil versucht zudem, noch mehr Aufgaben intern zu lösen, um die Anwaltskosten der Rechtsabteilung zu reduzieren. Ein Viertel aller Rechtsabteilungen nimmt dazu Anwälte temporär unter Anstellung im Konzern.
Nach der Umfrage haben 39 Prozent der Rechtsabteilungen auf diese Weise die Gesamtmenge der Arbeit reduziert, die sie an Kanzleien vergeben. Vielfach werden Chief Legal Officer auch hiernach verbonussiert, wie wenig sie an Dienstleister geben.
Inhouse-Teams wachsen
Ein klarer Trend ist, dass die Rechtsabteilungen die Zahl der eigenen Mitarbeiter erhöhen; 22 Prozent erklärten, dass sie mehr junge Anwälte und Anwaltsgehilfen im kommenden Jahr einstellen werden. Laut Altman Weil ist dies ist das sechste Jahr, in dem etwa doppelt so viele Rechtsabteilungen ihr Personal intern erhöhen anstatt es zu verringern.
40 Prozent der befragten Rechtsabteilungen erwarten ein effizientes Projektmanagement von ihren beratenden Kanzleien. 26 Prozent sagten dabei, die Berater sollten größere Anstrengungen machen, um das Konzerngeschäft zu verstehen.
Die Umfrage zeigt es deutlich: Rechtsabteilungsleiter und Heads of Legal wollen intensiver mit den beratenden Kanzleien arbeiten, sie wollen vor allem mitsteuern, wie diese ihre Arbeit preislich gestalten, verwalten und besetzen. Es werden daher mit den Kanzleien nicht nur Gespräche über die Preisgestaltung und Budgets für bestimmte Mandate geführt. Die Mandatierungsverhandlungen befassen sich vor allem auch mit der Projektmanagement-Kompetenz der Kanzlei und mit der Projektbesetzung.
Motivation der Legal Counsel verstehen
Rechtsabteilungen wollen von ihren Dienstleistern in ihrem Umfeld und mit ihren Aufgaben verstanden werden. Rechtsabteilungsleiter im Konzern verbringen ein Drittel ihrer Zeit typischerweise damit, an Vorstände und Führungskräfte zu berichten und Fragen aufzunehmen. Sie verbringen – wenn überhaupt – nur 24 Prozent ihrer Zeit damit, tatsächlich Rechtsfragen selbst zu bearbeiten und weitere 23 Prozent ihrer Zeit werden für das Management der Rechtsabteilung aufgewandt.
Vor diesem Hintergrund ist die Zeit des Chief Legal Officers (CLO), in dessen Verantwortung schließlich auch andere Fragen wie Compliance, Personal, Sicherheit oder Corporate Governance fallen, tatsächlich begrenzt. Für ihn kommt es darauf an, dem Vorstand und der Geschäftsführung einen Mehrwert zu liefern. Abgesehen davon, dass er rechtliche Probleme zu lösen hat, wird er nach wie vor konzernintern am meisten geschätzt, wenn er die Unternehmensziele der Organisation aktiv unterstützt und mit Lösungswegen zu den rechtlichen Risiken des Unternehmens Stellung nehmen kann.
Sybille Franzmann-Haag, LL.M., ist Rechtsanwältin in Frankfurt am Main. Sie ist spezialisiert auf die Beratung von Kanzleien und Hochschulen im Bereich Projektmanagement und Legal Project Management.
Kostenbewusste Rechtsabteilungen: . In: Legal Tribune Online, 24.05.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19453 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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