Nach fast viermonatiger Unterbrechung wird seit Montag das Musterverfahren der VW-Investoren gegen den Konzern fortgesetzt. Er startete mit einem Dämpfer für Volkswagen und dessen Hauptaktionär Porsche.
In dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig geht es im Kern um die Frage, ob Volkswagen (VW) die Märkte rechtzeitig über die manipulierten Dieselmotoren informiert hat (Az. 3 Kap 1/16). Richter Christian Jäde hat sich dabei nun mit der Frage befasst, was es für die Informationspflicht eines Unternehmens bedeutet, wenn die Management-Ebene unterhalb des Vorstands Bescheid weiß, nicht aber der Vorstand selbst.
Nach vorläufiger Auffassung des Gerichts ist demnach auch das Wissen dieser sogenannten Bereichsleiter für die mögliche Information der Märkte entscheidend. Sie seien teilweise verantwortlich für Meldungen an die Märkte - der Vorstand alleine könne die Informationsbeschaffung nicht bewältigen.
Leitende Angestellte wie Abteilungsleiter hätten direkten Kontakt zum Vorstand. Zudem sei etwa in der Aggregateentwicklung mit Insiderwissen zu rechnen, das sich auf die Geschäfte auswirken und relevant für die Märkte sein könne, sagte Jäde am Montag. Damit sei nicht nur der Vorstand für sogenannte Ad-hoc-Meldungen an die Märkte verantwortlich.
Eine entsprechende Mitteilung im Abgasskandal hatte der Konzern am 22. September 2015 veröffentlicht. Aus der Sicht der Kläger war dies zu spät. Aus VW-Sicht gab es dagegen keine Anhaltspunkte auf Kursrelevanz, bis die US-Umweltbehörde EPA am 18. September 2015 ihre Anschuldigungen öffentlich gemacht hatte.
Jäde hatte schon im vergangenen Jahr als vorläufige Einschätzung erklärt, dass VW den Kapitalmarkt zu spät informiert haben könnte.
Nach Bekanntwerden des Abgas-Skandals hatten die VW-Vorzugsaktien zwischenzeitlich fast die Hälfte ihres Werts verloren, Anleger erlitten teils massive Verluste. Insgesamt machen die Kläger rund neun Milliarden Euro Schadenersatz geltend. Teils liegen aber noch Klagen bei den Landgerichten Braunschweig beziehungsweise Stuttgart, so dass sich der Streitwert beim OLG Braunschweig auf rund fünf Milliarden Euro beläuft.
Musterbeklagte sind Volkswagen und der VW-Hauptaktionär Porsche SE, Musterklägerin ist die Fondsgesellschaft Deka Investment vertreten durch die Kanzlei Tilp.
dpa/ah/LTO-Redaktion
Musterverfahren gegen VW: . In: Legal Tribune Online, 25.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34571 (abgerufen am: 16.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag