Das Bayerische Oberste Landesgericht bestellt den Musterkläger im Kapitalanleger-Musterverfahren zu Wirecard. Vermeintlich geschädigte Anleger können sich dem Verfahren anschließen.
Der 1. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLG) hat sich auf Kurt Ebert als Musterkläger im Wirecard-Verfahren nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) festgelegt (Beschl. v. 13.03.23, Az. 101 Kap 1/22). Ebert wird von der Kanzlei Mattil sowie von Rechtsanwalt Dr. Elmar Vitt vertreten.
Im Zuge der Wirecard-Insolvenz im Sommer des Jahres 2020 war der Aktienkurs der im DAX notierten Gesellschaft abgestürzt. Auch Anlegerinnen und Anleger, die in Anleihen von Wirecard investiert hatten, mussten deutliche finanzielle Einbußen hinnehmen und machen ebenfalls Schadensersatzansprüche geltend.
Der Hoffnung, Forderungen zur Insolvenztabelle anmelden zu können, verpasste das Landgericht (LG) München I im vergangenen Jahr einen Dämpfer, als es feststellte, dass die Aktionärinnen und Aktionäre von Wirecard keine Gläubiger der Gesellschaft sind (Urt. v. 23.11.2022, Az. 29 O 7754/21).
Dass auch die BaFin nicht für erlittene Kursverluste in Anspruch genommen werden kann, bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main im Februar dieses Jahres (Beschl. v. 06.02.2023, Az. 1 U 173/22), nachdem zuvor bereits das LG Frankfurt die Klage eines Anlegers abgewiesen hatte.
Klage richtet sich gegen EY und ehemalige Wirecard-Manager
In dem Kapitalanleger-Musterverfahren, das auf einem von Tilp Rechtsanwälte erreichten Vorlagebeschluss basiert (LG München I, Beschl. v. 14.03.2022, Az. 3 OH 2767/22 KapMu), zählen neben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY auch frühere Vorstandsmitglieder der Wirecard AG, darunter Markus Braun, zu den Beklagten. Weitere vermeintlich Geschädigte können sich dem Verfahren innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach dessen Bekanntmachung im Bundesanzeiger anschließen.
Tilp vertritt gemeinsam mit der US-Kanzlei DRRT eine Investorengruppe, deren Gesamtforderung sich derzeit auf 118 Millionen Euro beläuft. Die Anmeldung weiterer Ansprüche ist nach Angaben von Tilp in Vorbereitung. Man geht davon aus, dass sich das Volumen der Forderungen hin zur Marke von einer Milliarde Euro ausweiten wird.
Musterkläger Ebert hat nun bis Mitte Juni 2023 Zeit, insbesondere zu der Zulässigkeit der Feststellungsziele des Vorlagebeschlusses gegenüber dem BayObLG Stellung zu nehmen. Anschließend können sich die Beklagten äußern.
Schadensersatz für geschädigte Anleger?: . In: Legal Tribune Online, 14.03.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51310 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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