Die deutschen Kartellwächter prüfen eine mögliche Behinderung von Wettbewerbern und Beschränkung des Preiswettbewerbs durch Paypal. Gegenstand des Verfahrens sind die Nutzungsbedingungen des Zahlungsdienstleisters.
Das Bundeskartellamt (BKartA) wird sich in nächster Zeit eingehend mit Paypal und dessen für den deutschen Markt geltenden Nutzungsbedingungen im Hinblick auf Regelungen zu Aufschlägen sowie zur Präsentation von Zahlungsmethoden befassen. Die Behörde sieht darin potentielle Wettbewerbsbeschränkungen.
Je nach gewählter Zahlungsmethode fallen für Verkäuferinnen und Verkäufer unterschiedlich hohe Gebühren an. Zwar werden diese in der Regel nicht direkt an die Kundinnen und Kunden weitergegeben, sie sind aber Bestandteil der Kalkulation von Verkaufspreisen für Waren und Dienstleistungen.
Anlass zur Prüfung liefern nach Angaben des BKartA Vorgaben des Unternehmens, wonach Händlerinnen und Händler, die Paypal als Zahlungsmethode anbieten, gemäß den Nutzungsbedingungen des Unternehmens angehalten sind, keine niedrigeren Verkaufspreise aufzurufen, sofern sich Kundinnen und Kunden bei der Bezahlung für einen günstigeren Anbieter als Paypal entscheiden.
Möglicher Verstoß gegen das Missbrauchsverbot
Darüber hinaus schreibt Paypal laut BKartA unter anderem vor, dass Zahlungsabwicklungen, die nicht über Paypal erfolgen, nicht komfortabler ausgestaltet werden und Händlerinnen und Händler auch keine Präferenz für andere Zahlungsmethoden zum Ausdruck bringen dürfen. Andreas Mundt, Präsident des BKartA, weist in einer Mitteilung seiner Behörde darauf hin, dass derartige Klauseln in den Nutzungsbedingungen den Wettbewerb beschränken und einen Verstoß gegen das Missbrauchsverbot darstellen könnten.
"Wir werden jetzt prüfen, welche Marktmacht PayPal zukommt und in wie weit Online-Händler darauf angewiesen sind, PayPal als Zahlungsmethode anzubieten. Wenn die Händler gehindert werden, die unterschiedlich hohen Kosten der verschiedenen Zahlungsmethoden über entsprechende Aufschläge oder Rabatte zu berücksichtigen, können sich andere und neue Zahlungsmethoden im Preis- und Qualitätswettbewerb schlechter behaupten oder gar nicht erst auf den Markt kommen.", so Mundt.
Das angestoßene Verfahren wird auf Grundlage der kartellrechtlichen Verbote des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Art. 102 AEUV, § 19 GWB) bzw. einer marktmächtigen Stellung (§ 20 GWB) geführt. Daneben kommt nach Angaben des BKartA ein Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen (Art. 101 AEUV, § 1 GWB) in Betracht.
Nach Einschätzung von Dr. Jochen Bernhard, Partner im Kartellrecht bei Menold Bezler in Stuttgart, kommt auf das BKartA bei Paypal nicht nur als Kartell-, sondern auch als Verbraucherschutzbehörde, ein Lackmustest zu: "Von einem Wegfall der Klausel würden nicht nur die Wettbewerber von Paypal, sondern auch die Verbraucher profitieren, an die dann die Preisunterschiede der Zahlungsdienstleister weitergegeben werden könnten.“
Der Bundesgerichtshof habe dem Kartellamt eine Steilvorlage für das Verfahren gegen Paypal gegeben, indem er Bestpreisklauseln in der Sache booking.com als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung qualifizierte, so Bernhard weiter*.
sts/LTO-Redaktion
*Einschätzung ergänzt (23/01/23, 16.40 Uhr)
Behörde kündigt Prüfung der Marktmacht an: . In: Legal Tribune Online, 23.01.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50851 (abgerufen am: 22.11.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag