2018 haben sich besonders viele Wirtschaftsanwälte Gedanken über ihre berufliche Zukunft gemacht. Zahlreiche renommierte Anwälte, teils auch große Teams, haben ihre Sozietäten verlassen. Ein Branchenrückblick auf das endende Jahr.
Eine Kanzlei verliert ihren Managing Partner an einen Wettbewerber. Ein bekanntes Team von Ö-Rechtlern verlässt eine internationale Top-Kanzlei und macht sich selbstständig. Anwälte einer jüngeren Partner-Generation wechseln reihenweise zu US-Law-Firms - und der wohl bekannteste Steuerrechtler des Landes bricht zu neuen Ufern auf.
Die vergangenen Monate haben uns einige unerwartete Personalwechsel beschert. Expansionsfreudige US-Kanzleien haben wie schon in den Vorjahren eine ganze Riege von Partnern verpflichten können, mit Covington & Burling wagte eine sogar den Markteintritt in Deutschland. Doch auch mittelständisch ausgerichtete Sozietäten und ambitionierte Spezialkanzleien bauten ihre Teams deutlich aus.
1/10 Von Heymann & Partner zu Covington & Burling
Im April haben die hiesigen Wirtschaftskanzleien einen neuen Wettbewerber bekommen: Covington & Burling haben den deutschen Markt betreten und einen Standort in Frankfurt eröffnet. Als Startteam konnte die Kanzlei sechs der insgesamt sieben Partner der Frankfurter Sozietät Heymann & Partner gewinnen: Thomas Heymann, Dr. Henning Bloß, Dr. Jörn Hirschmann, Dr. Lars Lensdorf, Dr. Moritz Hüsch und Walter Born. Heymann & Partner war 2005 von einer Gruppe ehemaliger Großkanzleianwälte gegründet worden.
Henning Bloß ist zum Managing Partner des neuen Frankfurter Standorts von Covington & Burling ernannt worden. Unterstützung erhalten die ehemaligen Heymann-Anwälte von Dr. Dr. Adem Koyuncu, der aus dem Brüsseler Covington-Büro nach Frankfurt wechselte, sowie von dem deutschen Muttersprachler Philipp Tamussino aus New York.
2/10 Von Menold Bezler zu Ebner Stolz
Die Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler musste im Juli 2018 einen herben Einschnitt verkraften. Ein neunköpfiges Anwaltsteam um die langjährigen Partner Dr. Oliver Schmidt, Dr. Christoph Winkler und Dr. Torsten G. Lörcher hat die Kanzlei verlassen und ist zu Ebner Stolz in Stuttgart gewechselt. Der Gesellschaftsrechtler Schmidt (49) war seit der Gründung von Menold Bezler im Jahr 2004 Partner dort; Winkler (47) war seit 2008 Partner und Lörcher (48) seit 2009 Partner bei Menold Bezler.
Für Ebner Stolz bedeuten die Neuzugänge einen erheblichen Ausbau des Rechtsberatungsarms in Stuttgart, der derzeit zirka zehn Anwälte umfasst - gegenüber rund 30 Berufsträgern in den Bereichen Steuerberatung/Wirtschaftsprüfung. Langfristiges Ziel sei es, auch in Stuttgart die Rechtsberatung zu einer gleichwertigen Säule neben der Steuerberatung und der Wirtschaftsprüfung aufzubauen, teilte die Kanzlei mit. Für Menold Bezler ist der Verlust des Teams zweifellos eine Zäsur, jedoch arbeiten auch nach den Weggängen noch immerhin rund 80 Berufsträger für die Kanzlei, die namhafte Mittelständler aus dem süddeutschen Raum zu ihren Mandanten zählt.
3/10 Von Freshfields in die Selbstständigkeit
Die Ö-Rechtler von Freshfields Bruckhaus Deringer gehörten zur Marktspitze in Deutschland: Dr. Wolf Friedrich Spieth und Dr. Benedikt Wolfers aus dem Berliner Freshfields-Büro und Dr. Herbert Posser vom Düsseldorfer Standort haben unter Freshfields-Flagge zahlreiche hochkarätige Mandate betreut, etwa im Zusammenhang mit der Finanzmarktregulierung im Nachgang zur Bankenkrise sowie in der Energiewirtschaft, und sind für ihre politiknahe Beratung bekannt.
In diesem Jahr machten sich die langjährigen Freshfields-Partner mit Posser Spieth Wolfers & Partners (PSWP), einer Spezialkanzlei für Öffentliches Wirtschaftsrecht, selbstständig. Zum Startteam gehörten einige Anwälte aus ihren Teams, unter anderem Dr. Burkard Wollenschläger und Niclas Hellermann, die bei PWSP als Partner eingestiegen sind.
4/10 Von Herbert Smith Freehills zu Clifford Chance
Dass ein amtierender Managing Partner seine Kanzlei verlässt, hat Seltenheitswert und dürfte in der abgebenden Kanzlei für einige Turbulenzen sorgen. Herbert Smith Freehills sah sich vor diese Herausforderung gestellt, als Dr. Michael Dietrich seinen Wechsel zu Clifford Chance bekannt machte. Er war im Jahr 2014 von Taylor Wessing zu Herbert Smith Freehills gewechselt, um dort die Kartellrechtspraxis aufzubauen. Anfang 2018 hatte er das Amt des Managing Partners für Deutschland übernommen.
Nur wenige Monate später, im Juni, gab Clifford Chance bekannt, dass der 48-Jährige Dietrich in das Düsseldorfer Büro der Kanzlei wechseln wird und dort die Kartellrechtspraxis und die Regulierungsberatung verstärken soll.
Dietrich ist die wohl spektakulärste, aber längst nicht die einzige Neuverpflichtung, die Clifford Chance in den vergangenen Monaten gelungen ist. Zuletzt wechselte der Finance-Partner Steffen Schellschmidt, bislang Partner bei Fried Frank, zu Clifford, ebenso gewann die Kanzlei Moritz Keller, den Leiter der Schiedsrechtspraxis von Freshfields in Wien.
5/10 Von Hogan Lovells zu Latham & Watkins
Wie schon in den Vorjahren setzte Latham & Watkins den Expansionskurs auch 2018 fort. Die Kanzlei gewann in den vergangenen Monaten unter anderem mit Tim Wybitul einen der angesehensten Datenschutzrechtler des Landes als neuen Partner für das Litigation & Trial Department. Wybitul war seit 2011 für Hogan Lovells tätig, zuletzt leitete er die Praxisgruppe für Compliance & Investigations am Standort Frankfurt.
Neben Wybitul wechselte unter anderem der bekannte M&A-Anwalt Dr. Tobias Larisch, zuletzt Partner bei Freshfields Bruckhaus Deringer, an den Düsseldorfer Standort von Latham & Watkins. Zudem verstärkte sich Latham mit einem Partner von Clifford Chance: Der Bank- und Finanzrechtler Thomas Weitkamp wechselte in das Münchner Büro.
6/10 Von Kliemt zu Vangard
Nicht nur eine internationale Top-Kanzlei wie Latham & Watkins zeigte sich 2018 expansionsfreudig. Auch die Arbeitsrechtskanzlei Vangard war auf Wachstumskurs und eröffnete zum Jahresende einen neuen Standort - in Frankfurt. Das Startteam dafür holte sie vom Wettbewerber Kliemt Arbeitsrecht.
Neben den beiden Kliemt-Partnern Christoph Crisolli und Peter Hoppenstaedt umfasste es fünf weitere Anwälte. Vangard unterhielt bis dahin Büros in Hamburg, Berlin, Düsseldorf und München. Mit dem Zugang des Frankfurter Teams wächst die Kanzlei auf 50 Berufsträger.
7/10 Von Gleiss Lutz zu Skadden
Für viel Aufsehen sorgte in diesem Jahr der Wechsel von Dr. Jan Bauer zu Skadden Arps Slate Meagher & Flom - denn Bauer hat fast sein gesamtes Berufsleben bei Gleiss Lutz verbracht und galt als eines der Aushängeschilder der Private-Equity-Praxis der Kanzlei, die er gemeinsam mit einem weiteren Partner leitete.
Bauer stand bei Gleiss Lutz für komplexe Private-Equity- und M&A-Transaktionen, regelmäßig steuerte er etwa Deals für den Investor Blackstone. Nun leitet er bei Skadden die deutsche Private-Equity-Praxis. Die renommierte US-Kanzlei ist in Deutschland in Frankfurt und München vertreten, weltweit hat sie 22 Büros in elf Ländern.
8/10 Von Gleiss Lutz zu Schnittker Möllmann Partners
Der Weggang von Dr. Jan Bauer ist nicht der einzige Verlust auf Partnerebene, den Gleiss Lutz in diesen Monaten hinnehmen muss. Zum Jahreswechsel verlässt der Corporate-Partner Jörn Wöbke das Hamburger Büro der Sozietät und wechselt zu Schnittker Möllmann Partners (SMP). Die Kanzlei hat sich erst im Juni 2017 als Abspaltung von Flick Gocke Schaumburg gegründet, ist seither jedoch personell stark gewachsen. Derzeit ist SMP mit insgesamt 36 Berufsträgern in Berlin, Köln und Hamburg vertreten.
Wöbke war seit 2010 Partner bei Gleiss Lutz in Hamburg. Er gehörte damals der Kanzlei Rittstieg Rechtsanwälte an, die vor nunmehr acht Jahren mit Gleiss fusionierte. Seither haben viele der damaligen Rittstieg-Anwälte Gleiss Lutz wieder verlassen, unter anderem ging der namensgebende Partner Dr. Andreas Rittstieg 2014 als Rechtsvorstand zum Medienkonzern Burda.
9/10 Von Servatius zu SKW Schwarz
SKW Schwarz verstärkt sich zum Jahresbeginn mit einer bekannten ehemaligen Inhouse-Juristin: Dr. Andrea Partikel war 13 Jahre lang bei Axel Springer tätig, unter anderem als Chefjuristin der Konzernrechtsabteilungen, Direktorin, Prokuristin und Stellvertretende Beauftragte für Corporate Governance.
2008 wechselte Partikel in die Anwaltschaft und schloss sich der Kanzlei Brehm von Moers an. 2017 ging sie zu Servatius, zum Januar wechselt Partikel nun als Partnerin in die Corporate-Praxis von SKW Schwarz in Hamburg.
10/10 Von Linklaters zu McDermott Will & Emery
Prof. Dr. Wilhelm Haarmann (68) ist wohl einer der bekanntesten Steuerrechtler des Landes. Der Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater war Ende der 1980er Jahre Mitgründer der interdisziplinären Sozietät Haarmann Hemmelrath & Partner, die mit rund 1.000 Mitarbeitenden damals die größte deutsche Kanzlei war und auch als eine der renommiertesten galt.
Nicht nur der Aufstieg, auch der Niedergang von Haarmann Hemmelrath ist legendär: Ende 2005 geriet die Sozietät in eine wirtschaftliche Schieflage, weil eine Tochter des Wehrhahn-Konzerns 480 Millionen Euro Schadensersatz wegen angeblicher Falschberatung gefordert hatte. Die Schadensersatzforderung stellte sich letztlich zwar als unberechtigt heraus, Haarmann Hemmelrath musste dennoch aufgelöst werden.
Haarmann gründete 2006 die Haarmann Partnerschaftsgesellschaft, im März 2013 schloss er sich dann der Großkanzlei Linklaters an. Er war bislang Partner in deren Frankfurter Büro. Zum neuen Jahr jedoch wird Haarmann Partner bei McDermott Will & Emery. Die Kanzlei sieht "vielversprechender Überschneidungen bei den Mandatsbeziehungen" und glaubt, sie werde von Haarmanns Erfahrungen und Kontakten profitieren.
Der Branchenrückblick: Die 10 aufsehenerregendsten Kanzleiwechsel 2018 . In: Legal Tribune Online, 28.12.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32935/ (abgerufen am: 05.07.2024 )
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