Die Bundesregierung hat Thomas von Danwitz erneut als deutschen EuGH-Richter vorgeschlagen. Seine Ernennung durch den EU-Ministerrat gilt als Formsache.
Thomas von Danwitz bricht Rekorde. Er ist der erste deutsche Richter am Europäischen Gerichtshof (EuGH), der für eine vierte Amtszeit berufen wird. Und vor sechs Jahren war er schon der erste deutsche EuGH-Richter mit einer dritten Amtszeit. Die Richter an dem Gericht in Luxemburg können unbegrenzt oft wiedergewählt werden.
Vor der Ära von Danwitz war der deutsche Richterposten am EuGH eine Art Schleudersitz. Alle drei Vorgänger:innen durften nur je eine sechsjährige Amtszeit absolvieren: Manfred Zuleeg (1988 - 1994), Günter Hirsch (1994 - 2000), Ninon Colneric (2000 - 2006). Schuld an der Sprunghaftigkeit waren nicht die Richter:innen, sondern die deutsche Politik. Weil jeweils das Vorschlagsrecht zwischen SPD- und CDU/CSU-Seite wechselte, mussten die Amtsinhaber:innen nach jeweils sechs Jahren Platz machen.
Thomas von Danwitz ist seit 2006 Richter am EuGH. Er wurde damals von der CDU/CSU vorgeschlagen. Von Danwitz war Professor für Öffentliches Recht und Europarecht an der Kölner Universität. Er galt damals als konservativ und industrienah.
Inzwischen hat sich von Danwitz auch Respekt bei Linken und Bürgerrechtler:innen erworben, insbesondere mit seinen Urteilen zum Datenschutz. So war er Berichterstatter bei wichtigen EuGH-Urteilen, mit denen eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internet-Daten der gesamten Bevölkerung als unverhältnismäßig verboten wurde.
Zustimmung gilt als Formsache
Nach LTO-Informationen hat die Bundesregierung Ende November auf Vorschlag von Justizminister Marco Buschmann (FDP) Thomas von Danwitz erneut als deutschen EuGH-Richter ins Rennen geschickt. Zuvor hatte der Richterwahlausschuss dem Vorschlag am 19. Oktober zugestimmt. Im Richterwahlausschuss sitzen die 16 Landesjustizminister:innen und 16 vom Bundestag gewählte Vertreter:innen.
Der deutsche Vorschlag wird nun auf EU-Ebene von einem Experten-Komitee geprüft, dem sogenannten 255er-Ausschuss, der fachlich ungeeignete Vorschläge aussondern soll. Bei Wiederernennungen gab es allerdings noch nie ein Veto. Abschließend muss von Danwitz dann im EU-Ministerrat einstimmig ernannt werden. Dies gilt jedoch als Formsache.
Anstehendes Verfahren zum Vorrang des EU-Rechts
Seine neue Amtszeit wird erst am 6. Oktober 2024 beginnen. Doch die Frist zur Abgabe des deutschen Vorschlags endete bereits vergangene Woche. Der lange Vorlauf ist erforderlich, weil von Danwitz nun auch Verfahren übernehmen kann, die so komplex sind, dass sie in die nächste Amtszeit hineinreichen.
Eines seiner wichtigsten kommenden Verfahren wird ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Polen sein. Dort geht es um zwei Urteile des polnischen Verfassungsgerichts, das der polnischen Verfassung generellen Vorrang vor dem EU-Recht zusprach. Aus Sicht der EU-Kommission war dies ein schwerer Verstoß gegen die EU-Verträge.
Der EuGH muss nun wohl grundsätzlich die Vorrang-Frage klären und sich vielleicht auch wieder beim Bundesverfassungsgericht unbeliebt machen, das den generellen Vorrang des EU-Rechts bekanntlich auch nicht akzeptiert.
Erneute Berufung des deutschen EuGH-Richters: . In: Legal Tribune Online, 05.12.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53340 (abgerufen am: 20.11.2024 )
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