Dr. vs. LL.M.

Titel­kampf mit einem klaren Unent­schieden

von Christian GrohganzLesedauer: 5 Minuten
Doktor der Rechte, Master of Laws. Zwei klangvolle Titel, die hohes Prestige und die Aussicht auf eine glanzvolle Karriere versprechen. Wäre da nicht die Kehrseite: immenser Zeitaufwand, hohe Kosten und viel Arbeit. Lohnt sich ein solcher Titel überhaupt? Welcher ist für die Karriere sinnvoller? Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Dr. und einem LL.M.?

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"Ein Titel macht sich immer gut!", dachten bestimmt auch diejenigen, die im Rahmen der so genannten Plagiatsaffären mit ihren Doktorarbeiten aufflogen - allen voran Ex-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Nicht zu Unrecht zogen sie damit Zorn auf sich, wollten sie doch auf leichterem Weg erreichen, wofür andere Promovierende jahrelang hart kämpfen. Ein Lied davon kann auch Berend Koll singen, der seit zwei Jahren an seiner Dissertation über das neue Versammlungsrecht schreibt. "Ursprünglich hatte ich mir vorgenommen nur ein Jahr zu brauchen, aber dann hat sich das hingezogen", erzählt Berend. "Aber ich bin guter Dinge, dass ich in einem halben Jahr fertig bin." Mit Bangen sieht er immer wieder neuen Entscheidungen der Verfassungsgerichtshöfe entgegen. Nachdem das Versammlungsrecht durch die Föderalismusreform den Ländern übertragen wurde, ist rechtlich vieles in diesem Bereich unbestimmt. Ein einziges Urteil könnte seine gesamte Promotionsschrift im Ansatz zunichtemachen. Von gelegentlichen Rückschlägen lässt er sich jedoch nicht demotivieren. Bereits zu Beginn seiner Dissertation stand für ihn das Interesse und der Spaß am wissenschaftlichen Arbeiten im Vordergrund. Jedoch macht er sich für die Zukunft keine großen Illusionen. "Im akademischen Bereich Fuß zu fassen ist mehr als schwer", schätzt Berend die Lage ein. Zwar hat er es geschafft bei seinem Doktorvater eine Beschäftigung als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu ergattern – und somit eine Möglichkeit gefunden sich finanziell über Wasser zu halten. Allerdings sind die Stellen rar gesät und die universitären Mittel knapp.

Doktor oder Master? Beides!

Einen anderen Weg ging Daniel Schnabl, der heute als Anwalt bei Freshfields Bruckhaus Deringer LLP arbeitet. Während für Berend Koll ein LL.M. nicht infrage kam – dieser sei zu unwissenschaftlich - hatte sich Schnabl nach dem Studium entschlossen, beide Titel zu erwerben. "Bei mir waren die Kosten für die Promotion überschaubar. Sie beschränkten sich im Wesentlichen auf die Lebenshaltungskosten, einen Laptop und einen Leseausweis für die Deutsche Nationalbibliothek. Mit meiner Stelle als juristischer Repetitor konnte ich das bezahlen." Für seinen Master of Laws hatte er sogar das Glück, ein Fulbright-Stipendium zu bekommen. "Das Stipendium hat nicht nur die erheblichen Kosten für die Universität Miami abgedeckt, sondern war zudem auch häufig ein 'Türöffner' in den USA." Den Schritt ins Ausland kann Markus Kotzur, Professor an der Universität Leipzig ebenfalls nur wärmstens empfehlen. Er erwarb seinen LL.M. an der amerikanischen Duke University: "Durch den LL.M. kann man beweisen, dass man sich intensiv in eine ausländische Rechtskultur eingearbeitet hat und die entsprechende Sprache auch verhandlungssicher zu beherrscht. Vor allem im Hinblick auf englischsprachige LL.M.- Programme in den USA, im Vereinigten Königreich, in Australien oder anderen Ländern gilt: Wer in einer international orientierten Wirtschaftskanzlei seine berufliche Zukunft sucht, für den wird Englisch Alltagssprache sein. Und hervorragende Englischkenntnisse, am besten nachgewiesen durch ein LL.M.-Studium, sind häufig eine Einstellungsvoraussetzung." Hier besteht auch der Hauptunterschied zur Promotion: Der Master of Laws wird vor allem bei großen international agierenden Kanzleien als besonders wertvolle Zusatzqualifikation angesehen. Dieser hat dort fast den gleichen Rang wie eine Promotion, obgleich die fachlichen Anforderungen für Letztere wohl deutlich höher sind. Während die Promotionsordnungen der juristischen Fakultäten meistens ein erstes Staatsexamen im Bereich "vollbefriedigend" verlangen, genügt für den LL.M. eine Anmeldung. "Der LL.M. ist aber bestimmt kein Ersatz für ein misslungenes Examen. Bei vergleichbaren Bewerbern wird eine internationale Kanzlei aber wohl stets den Kandidaten mit LL.M. vorziehen. Denn dessen sprachliche und fachliche Zusatzqualifikation wird ihm den Einstieg in die Arbeit im internationalen Umfeld deutlich erleichtern. Da überrascht es nicht, dass man bereits während des LL.M.-Jahres von Großkanzleien nach allen Regeln der Kunst umworben wird", weiß Daniel Schnabl.

Über 30. 000 US-Dollar Studienkosten

Ohne Stipendium ist die Finanzierung des LL.M.-Studiums aber wohl die größte Hürde. Die meisten amerikanischen Law Schools liegen mit ihren Studiengebühren für LL.M.-Programme jenseits der 30.000 US-Dollar. Hinzukommen Lebenshaltungskosten, die deutlich höher als in deutschen Städten sind. Ein Gesamtkostenaufwand in Höhe von 50.000 US-Dollar ist hier noch eher wenig. LL.M. Programme werden zwar mittlerweile auch in Deutschland angeboten, was natürlich bequemer und kostengünstiger ist. "Für einen Arbeitgeber ist jedoch nicht in erster Linie der Titel 'LL.M.' interessant, sondern das, wofür er steht", meint Schnabl. "Dazu gehört nämlich auch das Selbstbewusstsein, für einen längeren Zeitraum ins Ausland zu gehen und nicht zuletzt Organisationstalent. Denn ein solches Jahr erfordert Planungsgeschick und persönlichen Einsatz. Für all dies steht ein in Deutschland oder im deutschsprachigen Ausland erworbener LL.M. jedenfalls nicht." Weniger interessant dürfte der LL.M. dagegen für diejenigen sein, die eine Karriere im Staatsdienst planen oder sich als Einzelanwalt auf die Rechtsberatung des lokalen Mittelstandes konzentrieren möchten. Im akademischen Bereich wird der LL.M. als Zusatzqualifikation mittlerweile immer häufiger gern gesehen. Gleichfalls ist der Doktortitel keineswegs nur für die akademische Laufbahn interessant. "Die im Rahmen der Promotion erworbenen Fähigkeiten sind auch für die praktische Arbeit als Rechtsanwalt wichtig. Sauberes wissenschaftliches Arbeiten, juristisch kreatives und analytisches Denken sowie der gekonnte Umgang mit Sprache sind für einen Rechtsanwalt entscheidende Fähigkeiten, die für die Qualität der Beratung gegenüber seinen Mandanten maßgeblich sind."

LL.M. als Grundstein für die Dissertationsschrift

Insgesamt sei es schwierig, einen LL.M.-Titel gegen einen Doktortitel abzuwägen, meint Markus Kotzur. Sicher sei nur, dass der Doktortitel für die wissenschaftliche Karriere zwingend ist. Für Markus Kotzur sollte auch damals die Doktorarbeit die Möglichkeit zu einer wissenschaftlichen beruflichen Zukunft öffnen. Einmal in den USA zu leben war für den Hochschullehrer aber auch ein Kindheitstraum und damit der Auslandsaufenthalt für ihn als persönliche Erfahrung unumgänglich. "Eine echte Präferenz für den einen oder anderen Abschluss kann ich aufgrund meiner Erfahrungen nicht feststellen. Der LL.M. kann aber ein wichtiger Grundstein für all diejenigen sein, die sich noch nicht sicher sind, ob sie die vertiefte wissenschaftliche Auseinandersetzung in einer Dissertationsschrift wagen wollen." Schnabl ist der Ansicht, dass er ohne die beiden Abschlüsse heute ein schlechterer Rechtsanwalt wäre. Ob neben den erworbenen Fähigkeiten auch die damit verbundenen Titel helfen, sei eine andere Frage. "Ein kluger Mann hat mal gesagt, dass die Titelei ein gutes juristisches Arbeitsprodukt allenfalls unterstreicht, keinesfalls aber ersetzen kann. Wer sich allein auf seine in der Vergangenheit erworbenen Titel etwas einbildet und meint, 'damit sei das Feld doch bestellt', der läuft zumindest in Gefahr, hinter seinem eigentlichen Potential zurückzubleiben. Und – was mindestens genauso schade wäre – ein unsympathischer Mensch zu werden." Mehr auf LTO.de: Wissenschaftliche Leistung des Bundesverteidigungsministers: Der gute Doktor (iur.) Anwaltszulassung in New York: Mit Ehrgeiz und Eitelkeit in den Big Apple Wirtschaftsjuristen vs. Volljuristen: Konkurrenz oder Kooperation?

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