Immer noch wird in Strafprozessen am Gesetz vorbeigedealt – und zwar nicht zu knapp. Das hat eine Studie im Auftrag des BMJV ergeben, über die Rechtsprofessor Matthias Jahn, einer der Mitautoren der Untersuchung, im LTO-Podcast erzählt.
Es sind beunruhigende Zahlen, die Prof. Dr. Matthias Jahn von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main gemeinsam mit seinen Kollegen Prof. Dr. Karsten Altenhain aus Düsseldorf und Prof. Dr. Jörg Kinzig aus Tübingen zusammengetragen hat: In immer noch sehr vielen Fällen werden bei Absprachen die gesetzlichen Vorgaben des 2009 in Kraft getretenen Verständigungsgesetzes missachtet. Fast dreißig Prozent der Richterinnen und Richter und über die Hälfte der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte haben in einer im Rahmen der Studie durchgeführten Online-Befragung angegeben, selbst auch an solchen "schmutzigen" Deals beteiligt gewesen zu sein.
Es wird gegen klare gesetzliche Vorgaben verstoßen, wie das Verbot von Punktstrafe und Rechtsmittelverzicht, viele Richter beklagten aber auch, dass ihnen die Dokumentations- und Transparenzanforderungen zu kompliziert seien, berichtet Jahn. Eine schnelle Lösung der Misere ist allerdings nicht in Sicht, in der bald zu Ende gehenden Legislaturperiode seien keine Pflöcke zu erwarten, die noch eingeschlagen werden, prognostiziert der Frankfurter Rechtswissenschaftler. Er hofft aber, dass das Thema dennoch nicht auf die lange Bank geschoben wird, denn ein "weiter so wie bisher" sei das ganz falsche Signal.
LTO-Podcast mit Prof. Dr. Matthias Jahn: . In: Legal Tribune Online, 18.12.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/43784 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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