Gerade bei der Betriebskostenabrechnung ist, was praktisch ist, nicht zwingend fair. Daher gibt es den Vorwegabzug, mit dem bei gemischter Nutzung von Gebäuden Gewerbe- und Wohnraummieter getrennt abgerechnet werden. Aber wann ist dieser verpflichtend und welche Folgen hat seine Nichtvornahme durch den Vermieter? Der BGH schafft Klarheit - zugunsten der Vermieter.
Bei vielen Mietshäusern werden Mietflächen nicht nur zu Wohnzwecken, sondern auch für Gewerbebetriebe vermietet und genutzt. Dies ist grundsätzlich unproblematisch. Für die Nebenkostenabrechnung gegenüber den Mietern stellt diese Konstellation jedoch besondere Anforderungen. Denn in den Nebenkostenabrechnungen werden die im laufenden Abrechnungsjahr entstanden Kosten überwiegend nach Flächenanteilen auf alle Mieter anteilig verteilt. Dies ist im Regelfall eine praktikable und im Durchschnitt gerechte Lösung.
Problematisch wird es jedoch, wenn Mieter von Gewerbeeinheiten überdurchschnittlich hohe Kosten verursachen und Wohnraummieter bei einer Abrechnung nach Flächenanteilen höher belastet würden. Für diesen Fall hat die Rechtsprechung den so genannten Vorwegabzug entwickelt. Hierbei zieht der Vermieter vor der Umlage der Kosten auf die Wohnraummieter die auf die Gewerbemieter entfallenden Kosten von den Gesamtkosten ab und verteilt diese erst anschließend nach Flächenanteilen auf die jeweiligen Nutzergruppen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) ist der Vermieter hierzu allerdings nur dann verpflichtet, wenn die die Gewerbemieter betreffenden Kosten zu einer erheblichen Mehrbelastung der Wohnraummieter führen würden (Urt. v. 08. März 2006, Az. VIII ZR 78/05). Ob Vermieter einen solchen Vorwegabzug vornehmen müssen und welche Konsequenzen ein nicht erfolgter Vorwegabzug hat, ist regelmäßig Streitgegenstand in Mietprozessen.
Zu dieser Frage hat der BGH in einer nun veröffentlichten Entscheidung ein Machtwort gesprochen und eine Entscheidung zugunsten der Vermieter gefällt (Urt. v. 11.08.2010, Az. VIII ZR 45/10).
Fehler beim Vorwegabzug auch nachträglich korrigierbar
Von essentieller Bedeutung bei Streitigkeiten über Betriebskostenabrechnungen ist immer, ob ein formeller oder ein inhaltlicher Fehler vorliegt.
Liegt ein formeller Fehler vor, kann dieser nur innerhalb der Zwölfmonatsfrist des § 556 Abs. 3 BGB berichtigt werden. Diese Frist ist aber in der Regel bereits abgelaufen, da eine Vielzahl der Nebenkostenabrechnungen erst "kurz vor 12", d.h. im Dezember, erstellt werden. Handelt es sich hingegen um einen inhaltlichen Fehler, kann dieser auch zu einem späteren Zeitpunkt korrigiert werden.
Nach Auffassung des BGH ist die Vornahme eines Vorwegabzugs für Gewerbenutzung keine formelle Voraussetzung für die Wirksamkeit der Nebenkostenabrechnung. Dies gilt ausdrücklich auch dann, wenn durch die gewerbliche Nutzung ein erheblicher Mehrverbrauch verursacht wird. Das führt dazu, dass in Zukunft Fehler beim Vorwegabzug noch nachträglich korrigiert werden können.
Mieter muss Nachweis von Mehrkosten führen
Die Entscheidung enthält zudem eine weitere vermieterfreundliche Klarstellung hinsichtlich der Beweislast. Im Streitfall muss nach Ansicht der Karlsruher Richter der Mieter nachweisen, dass ihm durch die gewerbliche Nutzung erhebliche Mehrkosten entstehen.
Er muss hierzu konkret vortragen und kann sich nicht lediglich auf im Betriebskostenspiegel dargestellte Durchschnittskosten oder erhöhten Publikumsverkehr des Gewerbemieters berufen. Dies gilt auch dann, wenn der überwiegende Teil der Mieter Gewerbemieter sind. Dem Mieter steht dabei das Recht zu, die Abrechnungsunterlagen des Vermieters einzusehen – ein Recht auf Übersendung von Kopien steht ihm nur in Ausnahmefällen zu.
Vermieter müssen bei einem vorgenommenen Vorwegabzug in den Erläuterungen unbedingt die Gesamtkosten nach dem Muster "Gesamtkosten abzüglich Vorwegabzug Gewerbe = Kosten für Wohnraummieter" angeben. Anderenfalls fehlen die von der Rechtsprechung geforderten Mindestangaben und es liegt ein formeller Fehler vor (Urt. v. 14. Februar 2007, Az. VIII ZR 1/06).
Der Autor Dominik Schüller ist Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Wohn- und Gewerbemietrecht sowie Immobilienrecht in einer Berliner Anwaltskanzlei.
Dominik Schüller, Betriebskosten bei gemischter Nutzung: . In: Legal Tribune Online, 16.09.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1479 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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