Die Schwarz-Gelbe-Koalition meint es ernst: Der Kabinettbeschluss zur Regelung des Beschäftigtendatenschutzes sieht das Verbot der heimlichen Videoüberwachung vor. Ein Grund zum Feiern? Ein Kommentar von Christian Oberwetter.
Unbestritten war das systematische heimliche Filmen von Arbeitnehmern im Dunstkreis der Discounter ein rechtswidriger Eingriff in die Arbeitnehmerrechte. Diese Delikte wurden von den Datenschutzbehörden verfolgt und mit hohen Bußgeldern belegt. Sie waren rechtswidrig und sind es auch nach der beabsichtigen Neuregelung. Der Gesetzentwurf geht jedoch weiter: Die verdeckte Videoüberwachung soll jetzt gemäß § 32e Abs.4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gänzlich untersagt werden, obgleich die Legitimität des geltenden Zustandes von kaum jemandem in Frage gestellt wurde.
Erinnern wir uns: Nach ständiger Rechtsprechung des BAG und später per Gesetz ist die Videoüberwachung ohne Kenntnis des Beschäftigten in Ausnahmefällen zulässig. Es muss ein konkreter Verdacht einer strafbaren Handlung bzw. einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers vorliegen und die verdeckte Überwachung muss das einzig verbleibende Mittel zur Überführung des Täters darstellen.
Führt ein Arbeitgeber eine heimliche Videoüberwachung ohne Vorliegen dieser Voraussetzungen durch, so sind die Aufnahmen vor Gericht als Beweis nicht verwertbar. Da kann man auf dem Film noch so schön erkennen, wie der Kollege sich die Taschen füllt – es nützt nichts. Diese Situation hat schon vor manchen Arbeitsgerichten den Arbeitgeber verzweifeln lassen – aber so sind die Regeln.
Auch Eigentum der Belegschaften wird geschädigt
Das ausnahmslose Verbot der verdeckten Videoüberwachung dagegen ist ein Schritt in die falsche Richtung. Die durch Mitarbeiterdiebstähle verursachten Schäden in den Unternehmen gehen in die Milliarden. Nicht nur Unternehmenseigentum, sondern auch das Eigentum der Belegschaften wird durch kriminelle Mitarbeiter geschädigt. Der Videobeweis ist in manchen Fällen die letzte Möglichkeit, den Täter zu überführen. Angesichts der Tatsache, dass von diversen politischen Parteien mittlerweile auch an der sogenannten Verdachtskündigung gerüttelt wird, bewegen wir uns auf Zeiten zu, in denen Arbeitgeber Eigentumsverletzungen im Unternehmen im Zweifel dulden müssen.
Oder gibt es doch noch die Rettung? Nach dem letzten Satz des § 32e Abs.4 BDSG ist der heimliche Einsatz von Fotoapparaten erlaubt. Das Beweisfoto wird es also noch geben und nahezu jede moderne Kamera kann heute Videos aufzeichnen; also alles eine Frage der Technik.
Der Autor Christian Oberwetter, Rechtsanwalt und Maître en droit, ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und IT-Recht in Hamburg.
Aufsätze von Christian Oberwetter zum Thema:
- Überwachung und Ausspähung von Arbeitnehmern am Arbeitsplatz – allles ohne Entschädigung?, NZA 2009, 1120ff
- Arbeitnehmerrechte bei Lidl, Aldi & Co, NZA 2008, 609 ff.
Christian Oberwetter, Arbeitnehmer-Datenschutz: . In: Legal Tribune Online, 26.08.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/1294 (abgerufen am: 22.11.2024 )
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