Auf den Messen in aller Welt glitzern sie um die Wette: die Studien und Concept-Cars. Doch nur wenige schaffen es bis in die Serie. Die meisten Showcars bleiben auf der Strecke und verstauben in irgendeiner Ecke der Werkshallen - sehr zum Frust der Designer. Nicht so der Peugeot RCZ. Der Flitzer aus Frankreich lenkt jetzt auch auf der Straße die Blicke auf sich.
In der Branche geht es immer schnelllebiger zu: Viele schicke Blechkleider dienen nur einem einzigen Zweck - Messebesucher auf den Stand zu locken und die Marke ins Gespräch zu bringen. Längst ist der Bau von publikumswirksamen Einzelstücken ein Geschäft spezieller Betriebe. Sie bieten den Autobauern schnelle Umsetzung trendiger Ideen in 1:1-Modelle. Den Autobossen von Audi über BMW bis Mercedes ist eine Eigenentwicklung inzwischen viel zu aufwändig und zu teuer.
Doch nicht immer wird beim Serienmodell fast alles auf Standardformen zurechtgestutzt. Einer, der vom Leid der Designer verschont blieb, ist Boris Reinmöller. Sein Entwurf schaffte es fast ohne Änderungen vom Reißbrett bis auf die Straße. Peugeot RCZ heißt das Ergebnis. Gut, der Doppelauspuff ist nicht sein Ding, Reinmöller wollte mittig ein trapezförmiges Endrohr. Aber damit kann er leben, genauso wie mit dem Heckspoiler, der automatisch oder per Knopfdruck ausfährt.
Ob der Peugeot-Sportwagen ihn wirklich braucht, ist fraglich. Der Anpressdruck in haarigen Kurven dürfte selbst beim schnellsten RCZ ausreichen. Der 200 PS starke Fronttriebler, der auf dem Golf-Gegner Peugeot 308 basiert, fährt in der Spitze 235 km/h. Erst bei 155 km/h richtet sich der Spoiler voll auf. "Die meisten Fahrer werden die zweite Stufe nie sehen", sagt Marketingdirektor Thomas Schalberger und verweist auf das in fast allen Ländern herrschende Tempolimit von maximal 130 km/h.
Auch das noch: sparsam und zum Einkaufen geeignet
Nicht zu schnell, das passt zur Rolle, die der RCZ spielen soll: Der Zweisitzer aus Frankreich fällt sozialverträglich aus. Er wirkt optisch nicht zu aggressiv und er ist alltagstauglich bis hin zu seinem 321-Liter-Kofferraum. Ohne Basisbenziner ab 26.450 Euro und ohne HDi-Diesel wollen ihn die Franzosen deshalb nicht zu den Händlern bringen. Der Selbstzünder ist ideal für Sparsame, die ihr Auto auch mal mit gut fünf Liter auf hundert Kilometer bewegen wollen.
Aber Herzblut für ihn verschwenden? Dazu vermittelt er zu wenig Fahrspaß. Richtig zur Sache geht es nur mit dem Topmodell, dem Turbobenziner und seinem straffer abgestimmten Fahrwerk. Lässt man die Drehzahl nicht zu weit sinken, jagt der RCZ leichtfüßig um Biegungen jeder Art. Er ist sauber ausbalanciert, die Vorderräder krallen sich in den Asphalt.
Im Juni kommt die Topvariante mit 1,6 Liter Hubraum und 200 PS. Der Preis ist verträglich: 28.950 Euro.
Ein Kunstgriff der Motoringenieure lässt den Vierzylinder viel kerniger und satter klingen. Dank einer vibrierenden Membran im Einlasstrakt röhrt der RCZ wie ein Großer. Der Sound beeindruckt besonders da, wo er gewünscht wird - im Cockpit der 4,30-Meter-Flunder. Über das gesamte Drehzahlband geht der Motor, der aus der Kooperation mit BMW stammt, in die Vollen.
Von Null auf 100 in 7,5 Sekunden
Wie ernst er es meint, zeigt sich im Sprint: In 7,5 Sekunden sind aus dem Stand Tempo 100 erreicht. Das gefühlte Temperament fällt allerdings kräftiger aus als die Messwerte vermitteln. Tatsächlich sind die Turbobenziner Audi TT und VW Scirocco der deutschen Konkurrenz bei Bedarf schneller. Passend hat Peugeot das Sechsganggetriebe abgestuft, die Gänge lassen sich leicht und exakt sortieren.
Serienmäßig besitzt der RCZ ein markantes Dach mit doppelter Wölbung und seitlichen Alu-Bögen. Außen wie innen haben sich die Franzosen bei der Verarbeitung viel Mühe gegeben. Die Sitze sind bequem, könnten aber etwas mehr Oberschenkelauflage haben. Das unten abgeflachte, mehrfach verstellbare Lenkrad des Topmodells liegt besonders gut in der Hand. Im Fond halten es Erwachsene nicht lange aus.
Wenn schon keine Wahl der Ausstattungsstufen, so kann der Kunde wenigstens individualisieren: Gegen 1.500 Euro Aufpreis verpasst Peugeot zum Beispiel dem Dach eine Karbonauflage und spendiert breitere Reifen und besondere Bremssättel dazu. Die Hoffnung vieler Open-Air-Fans, aus dem Coupé einen hübschen Roadster zu zaubern, wird Peugeot allerdings nicht erfüllen.
Ingo Reuss, Peugeot RCZ: . In: Legal Tribune Online, 07.05.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/466 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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