Auch wenn die Nationalelf nicht Weltmeister geworden ist: Schland befindet sich in guter Verfassung. Schließlich hat es sich vor zehn Jahren eine solche gegeben: das Fußballgrundgesetz.
Südafrika 2010. Sie hat Deutschland unter die besten vier Fußballnationen geschossen: „La Mannschaft“, wie die deutsche Nationalelf in Frankreich, der Heimat der Weltmeister von 1998, genannt wird.
Paris 1998. Im Viertelfinale scheidet "La Mannschaft" in Unterzahl mit 0 zu 3 gegen Kroatien aus.
In dieser schweren Stunde für Fußballdeutschland (Schland) tritt der Regensburger Fußballverfassungskonvent in der Person von Udo Steiner zusammen, damaliger Bundesverfassungsrichter am sogenannten Sportsenat. Es ist die Geburtsstunde des Grundgesetzes für Fußballdeutschland (FuGG).
Fußball des Volkes durch das Volk und für das Volk
In Art. 1 Abs. 1 S. 1 FuGG ist das "oberst[e] Konstitutionsprinzip der Fußball-Rechtsordnung" verankert, wie es im maßgeblichen Regensburger Kommentar zum Grundgesetz für Fußballdeutschland heißt (ReKo-FuGG/Strauß, Art. 1, Nr. 2). Die "Ball-Fundamentalnorm" lautet: "Der Ball ist rund und muss rollen."
Grundlegend ist für Schland auch Art. 20 S. 1 FuGG, wonach alle Fußballmacht vom Volke ausgeht. "Aber wo geht sie hin?" Diese Frage stellte sich nicht nur Linksaußen B. Brecht von Dynamo Dresden-Rostock. "Wir sind das Fußballvolk" lautet eine Antwort, mit der das deutsche Fußballvolk bei seiner Wiedervereinigung die Fußballmacht für sich forderte und nach einem Volksfußball rief. Diesen beschrieb bekanntlich der Verteidiger der Union Yankees A. Lincoln als "Fußball des Volkes durch das Volk und für das Volk".
Nicht im Widerspruch dazu steht, dass Schland als Wahlmonarchie konstitutiert ist. Nach Art. 21 FuGG steht ein Kaiser an der Spitze des Fußballvolkes. Gewählt werden kann jeder Deutsche, der das 40. Lebensjahr vollendet hat und dem Präsidium des FC Bayern angehört. Der amtierende Kaiser wurde am 8. Juli 1990 in Rom gekrönt (ReKo-FuGG/Jachmann, Art. 21). Der Fußballkaiser hat vor allem repräsentative Aufgaben, er vertritt nach Art. 21 S. 2 FuGG den deutschen Fußball nach innen und vor allem nach außen.
Die wichtigen Entscheidungen trifft dagegen der Fußballbundestag als Fußballgesetzgeber (Art. 22 S. 3 FuGG). Die Schland-Legislative wird gemäß Art. 22 S. 1 FuGG vom deutschen Fußballvolk in freier und freudiger Wahl gewählt. Die Wahl hat das Fußballvolk auch beim Bundestrainer, nicht aber der gewählte Kandidat: Dieser ist zur Annahme der Wahl verpflichtet (Art. 23 FuGG).
Raus aus dem Fußball-Freund-Feind-Schema
In seinen Außenbeziehungen ist Schland von einem umstrittenen Antagonismus geprägt, der an das Fußball-Freund-Feind-Schema des legendären Rechtsaußen C. Schmitt von San Casciano Plettenberg erinnert. Art. 25 FuGG unterscheidet nämlich zwischen Fußballfreundländern und Fußballfeindländern. So pflegt Deutschland Freundschaft zu allen Fußballvölkern, mit Ausnahme von England, Kroatien und den Niederlanden. Weitere Länder können auf die Liste der Fußballfeindländer gesetzt werden.
Der Forderung, dass jene Länder, "die uns gewinnen lassen, […] zu Fußballfreundvölkern" erklärt werden (ReKo-FuGG/Manssen, Art. 25, Nr. 4), tritt der Vater des Fußballgrundgesetzes entgegen: "Die Fußballfeindklausel knüpft nicht an Niederlagen an, sondern an besonders negative Erfahrungen mit bestimmten Fußballvölkern, etwa Aggressivität (Kroatien), oder politische Aufheizung von Fußballbegegnungen (England, früher Niederlande). Gegen Brasilien haben wir auch schon verloren, deren Fußballmannschaft war aber nie im Visier der deutschen Fans."
Allerdings lehnt Udo Steiner eine Ergänzung der Fußballfeindländerliste ab, damit der Sportgedanke nicht belastet werde. "Die europäische Einigung wäre schon weiter, gäbe es keine Fußballeuropameisterschaften, die die Völker mehr trennt als zusammenführt", so Steiner. Ähnlich sah es schon Arthur Koestler, der ungarische Schriftsteller mit britischem Pass, für den Fußballnationalismus tiefere Gefühle hervorrufe als Nationalismus.
Für Steiner gibt es jedoch in Deutschland "keinen Fußballnationalismus im negativen Sinne." Die Begeisterung der deutschen Fans sei nicht gegen andere gerichtet. "Deutschland ist dankenswerter Weise ein Land, das politisch Fußballsiege nicht benötigt", so Steiner.
Aus diesem Grunde gehört auch die Fußballfeindklausel als Relikt überkommener Antagonismen abgeschafft. Erst dann wird der aufgeklärte Fußballverfassungspatriotismus in seinem Bekenntnis zum Fußballgrundgesetz den Verfassungspatriotismus vollendet haben. Dieser Fußballverfassungspatriotismus wird das alte Fußball-Freund-Feind-Schema überwinden können.
Der Autor Jean-Claude Alexandre Ho ist freier Journalist mit juristischem Fokus und Verfasser u.a. von Publikationen zum Thema Recht und Literatur.
Jean-Claude Alexandre Ho, Fußballgrundgesetz: . In: Legal Tribune Online, 12.07.2010 , https://www.lto.de/persistent/a_id/946 (abgerufen am: 21.11.2024 )
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