"Das Parteibuch sollte stimmen"
Links zu ausgewählten Internetseiten zum Thema Ehrenamt LTO: Wie wichtig ist außeruniversitäres Engagement für Juristen? Schön: Das hängt davon ab, ob es um eine Einstiegsposition oder um einen neuen Job im Laufe des Berufslebens geht. Am Anfang wird man dem Arbeitgeber ja noch nicht so viele weitere Referenzen vorlegen können, da ist das sicherlich wichtiger. Später dann – gerade während der ersten Jahre in einer Großkanzlei – wird dagegen kaum noch Zeit bleiben, sich nebenbei zu engagieren. Wichtig ist außeruniversitäres Engagement, weil es potenziellen Arbeitgebern zeigt, welche Soft Skills ein Bewerber hat. Gerade Großkanzleien legen darauf Wert. LTO: Kann ein Bewerber damit schlechte Noten ausgleichen? Schön: Komplett ausgleichen sicher nicht. Dafür sind die Noten gerade für den ersten Job einfach zu wichtig. Aber ein Bewerber kann seinen Lebenslauf damit sicher ergänzen und einen Fokus setzen. LTO: Was gibt es für Möglichkeiten, sich zu engagieren? Schön: Zunächst sollte man sich fragen, wo man beruflich hin will, in welcher Position man sich sieht und was dort gesucht wird. Muss man teamfähig sein, geht es einem Arbeitgeber um Durchhaltevermögen oder eher um politisches und grenzüberschreitendes Engagement? Das sind alles Sachen, die man bedenken sollte, wenn es einem nicht nur darum geht, etwas aus Lust und Leidenschaft zu machen, sondern auch mit Blick auf den späteren Job.
"Risikosportarten können ein Nachteil sein"
LTO: Was ist für welche spätere Position sinnvoll? Schön: Wer für eine Verbraucherzentrale arbeiten oder politisch tätig sein will, für den sind Organisationen wie Amnesty oder Greenpeace durchaus eine gute Wahl. Wer dagegen in eine konservativ angehauchte Kanzlei gehen möchte, sollte sich eher nach einer wirtschaftlichen oder politischen Verbandstätigkeit umsehen. Und dabei natürlich auch die Wahl der richtigen Partei beachten. LTO: Wer bei einer konservativen Kanzlei anfangen will, sollte also eher der CDU beitreten als Greenpeace? Schön: Ja. Es kann durchaus sein, dass im Bewerbungsgespräch kritisch nachgehakt wird, wenn das politisch nicht stimmig ist. LTO: Gibt es eine Art von Engagement oder Hobby, die hinderlich sein kann? Schön: Extremsportarten wie Fallschirmspringen oder Segelfliegen. Bei solchen riskanten Hobbys wird sich der Arbeitgeber sicher fragen, wie lange wird der Bewerber noch unverletzt bei ihm sein kann. Und bei einem zu zeitintensiven Engagement kann es sein, dass eine Großkanzlei annimmt, die dafür erforderliche Freizeit könne sie dem Bewerber nicht bieten. LTO: Man kann also durchaus auch zu viel machen? Schön: Ja. Zum erforderlichen Aufwand im Studium, aber auch zu einer bereits ausgeübten Berufstätigkeit muss das Engagement in einem ausgewogenen Verhältnis stehen."Politisches Engagement ist gerne gesehen - wenn das Parteibuch stimmt"
LTO: Wie wichtig ist es, ins Ausland zu gehen? Schön: Über die Grenzen geguckt zu haben, ist mittlerweile für fast alle Jobs wichtig. Das ist dann im Bewerbungsgespräch häufig auch eine Nachfrage wert. Es ist eben etwas anderes, ob sich jemand bei einer regionalen Gruppe beteiligt oder ob er für ein paar Monate Hütten in Afrika für eine Schule gebaut hat. Das ist ein Hingucker. LTO: Weil es exotischer ist? Schön: Ja. Außerdem ist der finanzielle und zeitliche Aufwand größer und man zeigt interkulturelle Kompetenz. LTO: Wo findet man interessante Projekte und Gruppen? Schön: Klassisch am schwarzen Brett in den Unis. Elsa bietet viele Möglichkeiten. Gruppen wie Greenpeace suchen immer wieder Leute und vergeben kleine Jobs und Praktika. Außerdem sollte man überlegen, wofür man sich einsetzen möchte. Für Tiere, für Menschen, für Internationalität, für benachteiligte Gruppen? Und dann sollte man einfach mal bei Google diese Suchbegriffe eingeben und gucken, was regional angeboten wird. LTO: Was für Tätigkeiten sind speziell für Juristen sinnvoll? Schön: Politisches Engagement wird immer gerne gesehen, wenn denn das Parteibuch stimmt. Alles, was in Richtung Übernahme von Verantwortung, aber auch Betriebswirtschaft geht, ist sicher auch interessant. Daneben Musik, Theater, Kunst – also die kulturelle Allgemeinbildung auf einem höherem Niveau. Gerade in Großkanzleien wird man es nämlich häufig mit Mandanten zu tun haben, die sich für solche Dinge interessieren. Beim Juristenorchester mitzuspielen wäre zum Beispiel eine Möglichkeit."Wer sich nebenbei nicht engagiert, geht später eher in die Verwaltung"
LTO: Ist außeruniversitäres Engagement für Juristen wichtiger als für andere Berufsgruppen? Schön: Ja, weil Juristen sehr auf ihre Noten und den Inhalt ihres Studiums fixiert sind, später aber gesellschaftlich sehr relevante Dinge bearbeiten und entscheiden sollen. LTO: Was ist Ihre Erfahrung, steht im Lebenslauf der meisten Bewerber mittlerweile ein außergewöhnliches Hobby oder ein Auslandsaufenthalt? Schön: Das ist sehr unterschiedlich. Die, die sich für Großkanzleien interessieren, versuchen eigentlich schon ihren Lebenslauf entsprechend zu pimpen. Es gibt aber auch andere, die darauf weniger Wert legen und mehr auf ihre Noten achten. Die landen später eher in Rechtabteilungen von Unternehmen oder in der Verwaltung. Da ist außeruniversitäres Engagement weniger gefragt als in Großkanzleien. LTO: Frau Schön, vielen Dank für das Gespräch. Carmen Schön berät als Coach Manager, Führungskräfte, Experten und Unternehmensgründer rund um das Thema Karriere. Die gelernte Juristin und Psychologin fokussiert dabei Law Firms. Sie ist Autorin u.a. des Werks "Traumjob Rechtsanwalt in einer (int.) Wirtschaftskanzlei". Das Interview führte Claudia Kornmeier.Auf Jobsuche? Besuche jetzt den Stellenmarkt von LTO-Karriere.
2013 M04 16
Anwaltsberuf
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