Petrisberg Law & Leadership Academy

WG für Exzel­lenz-Stu­denten

von Nina Anika KlotzLesedauer: 8 Minuten
Im Wintersemester 2011 heißt die "Petrisberg Law & Leadership Academy" ihren ersten Jahrgang willkommen. Die 36 Studierenden der Akademie besuchen Vorlesungen an der Universität Trier – aber wenn die "normalen" Studis in der Bibliothek oder der WG-Küche büffeln, werden die Exzellenz-Studenten im "Law House" gefördert. Nina Anika Klotz sprach mit PLLA-Gründer Prof. Dr. Dr. Thomas B. Schmidt.

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LTO: Herr Professor Schmidt, wie erklären Sie es sich, dass so viele Abiturienten den Beschluss fassen, Jura zu studieren, aber nur wenige von ihnen auch wirklich bis zum Schluss durchhalten? Schmidt: Das hat mehrere Gründe. Zum einen entscheiden sich oft diejenigen für ein Jurastudium, die nicht recht wissen, was sie studieren wollen. Die hören nur: "Bei Jura braucht man kein Mathe" und das ist Grund genug, damit anzufangen. Aber bald stellen sie fest, dass Jura – auch wenn man kein Mathe braucht – so einfach nicht ist. Zum anderen studieren viele Jura, weil sie hier noch einmal von Null anfangen können. Man muss nicht immer schon gut in Biologie oder Physik gewesen sein, sondern man kann voraussetzungslos mit allen anderen gemeinsam ein völlig neues Feld betreten. Dazu verlocken die unterschiedlichen Berufsaussichten, die man als Juraabsolvent hat, und die schon beinahe als Garantie zu bezeichnende Erwartung: "Wenn ich es schaffe, ein Prädikatsexamen zu machen, dann habe ich eine sichere Berufsaussicht." Das ist natürlich so, weil nur wenige das Ziel Prädikat tatsächlich erreichen. Viele scheitern vollkommen, indem sie ihr Studium abbrechen. Andere schaffen es bis zur Prüfung aber fallen dann durch. Es bleibt nur ein kleiner Rest an der Spitze, die dann auch leicht gute Jobs finden.
LTO: Warum aber schaffen es nur so wenige an die Spitze? Ist das Studium so schwer oder sind die Studierenden so unbegabt? Schmidt: Jura ist ein Massenstudium. Man geht in Vorlesung, hört zu und geht nach Hause. Mit anderen Worten: Es gehört ein sehr hoher Grad an Selbstorganisation dazu, dieses Studium erfolgreich zu bewältigen. Man muss wissen, wie man richtig lernt und man muss das auch kontinuierlich tun. Viele setzen sich morgens zwei Stunden in die Vorlesung und überlegen dann, was sie am Nachmittag Schönes machen. Erst vor den Klausuren fangen sie an zu lernen. Das kann nicht zum Erfolg führen. Denn Jura, und das merken viele erst zu spät, hat nichts mit Auswendiglernen zu tun. Man muss zwar viel lernen, aber man muss auch verstehen, was man lernt. LTO: Und da, nehme ich an, kommt die Petrisberg Law & Leadership Academy ins Spiel, die Studierende an der Hand nehmen und durch das Studium begleiten will. Schmidt: Ja, ein Element unseres Konzeptes ist die Studienbegleitung. Das heißt, dass wir uns jeden Tag, vom ersten Semester bis zum ersten Staatsexamen nach acht Semestern, um die Studierenden in kleinen Gruppen kümmern. Insgesamt betreuen wir 36 Studierende, die in drei Lerngruppen unterteilt werden. Mit diesen Gruppen erarbeiten wir uns tagtäglich den universitären Pflichtstoff. Diese Erarbeitung – und das unterscheidet uns grundsätzlich von der Universität – findet nicht im Rahmen eines Frontalunterrichtes statt, sondern in Lehrgesprächen, wie sie aus dem angelsächsischen Raum bekannt sind. Wir praktizieren außerdem problembasiertes Lernen, wie es im Rahmen der Juristenausbildung in Europa bisher nur an der Universität Maastricht stattfindet. Unsere Lehrmethoden zeichnen sich alle dadurch aus, dass der Studierende selbst im Mittelpunkt der Wissenserarbeitung steht. Nur so können wir feststellen, ob wirklich jeder alles verstanden hat. LTO: Und wer unterrichtet die Studierenden an der Academy? Schmidt: Das ist zum einen Personal, das wir selbst beschäftigen. Wir haben einen Stab von wissenschaftlichen Mitarbeitern, die als Festangestellte der Academy mit den Studierenden tagtäglich arbeiten. Zum anderen haben wir freie Dozenten aus der Praxis und aus der Wissenschaft, die themenbezogen ausgewählt werden.

"Acht-Stunden-Arbeitstage für Studierende nicht zu vermeiden"

LTO: Ist es aber denn nicht auch gut und wichtig, dass junge Leute während ihres Studiums gewisse Freiräume haben, sich selbst zu finden, bevor sie dann später der Arbeitsalltag ohnehin voll in Anspruch nimmt? Schmidt: Es ist nun mal leider eine nicht zu ändernde Tatsache, dass das Jurastudium von der Stofffülle her einen sehr hohen Arbeitseinsatz erfordert. Und es ist auch so, dass der Lernstoff nicht im Schlaf im Gedächtnis haften bleibt. Ein Acht-Stunden-Arbeitstag ist für einen Studierenden, der ein ambitioniertes Ziel erreichen will, letztlich nicht zu vermeiden. Wir haben aber durchaus im Blick, dass die Studierenden auch Freizeit und Ausgleich brauchen. Dies versuchen wir zu gewährleisten, indem wir unser Programm nicht in zwei Semestern pro Jahr abhalten. Wir sagen stattdessen: Acht Wochen im Jahr sind frei. Im Rest des Jahres findet das Programm der Academy statt. Das heißt, dass wir auch in der vorlesungsfreien Zeit unsere Veranstaltungen durchführen, was dazu führt, dass das Tagespensum etwas abgesenkt werden kann. Aber man darf sich nichts vormachen: Es ist ein ambitioniertes Programm und jeder muss viel Zeit einbringen. Wenn man sich dafür entscheidet, das Studium weniger ambitioniert anzugehen und als Selbstfindungsphase zu betrachten, wird man am Ende nicht zu den 10% an der Spitze gehören, denen die Berufswelt offensteht.
LTO: Die Studierenden der Academy lernen nicht nur, sie leben auch zusammen. Warum? Schmidt: Jeder – auch der, der sein Jurastudium mit der größten Ambition und Motivation aufnimmt –  wird Phasen haben, in denen es nicht so gut läuft, in denen er einen Durchhänger hat, oder wo er merkt, dass er an seine Grenzen stößt. Dann ist es in meinen Augen unverzichtbar, dass man sich in einem Umfeld befindet, in dem man aufgefangen und motiviert wird, wo man vielleicht auch durch andere mitgezogen wird. Das Umfeld, das wir schaffen, soll dazu führen, dass eine Gemeinschaft und auch ein Gemeinschaftsgefühl entstehen: Wir arbeiten alle gemeinsam an dem Projekt "erstes Examen".
LTO: Nun ist die Academy ja ein studienbegleitendes Programm zu einem Studium an der Universität Trier. Haben Sie Bedenken, dass es zu Spannungen zwischen "normalen" Jurastudenten der Uni und den Academy-Studenten kommen könnte, die dort ja dieselben Vorlesungen und Kurse besuchen? Schmidt: Das kann man natürlich weder voraussagen noch gänzlich ausschließen. Ich denke aber, dass die Chancen, dass es ein harmonisches Miteinander geben wird, durchaus gegeben sind. Wir sind zwar wenige, aber doch eine zu große Gruppe, als dass man einen Einzelnen isolieren könnte. Ich denke eher, dass auch andere Studierende sich durch das Programm der Academy motivieren lassen, dass sie mitgezogen werden und sich vielleicht unterstützen lassen, wenn sie merken, dass da kompetente Kommilitonen sind, die weiterhelfen können.

"Experten übernehmen Ausbildungspatenschaften"

LTO: Sie sagten, die Studienbegleitung sei nur ein Element dessen, was die PLLA den Studierenden bietet. Was sind die anderen Elemente? Schmidt: Wir sind sehr darauf aus, einen deutlich tieferen Praxisansatz in die Ausbildung junger Juristen einzubringen. Das universitäre Studium ist nach wie vor auf die Richterausbildung ausgerichtet. Wir müssen aber feststellen, dass 90% der Absolventen nicht Richter werden, sondern in andere juristische Berufe gehen, allen voran in die Anwaltschaft. Deswegen führen wir zu dem Pflichtstoff, der im Examen abgeprüft wird, praxisrelevante Exzellenzseminare durch. Außerdem stellen wir einen Kontakt zwischen Studierendem und Praxis her. Bei uns finden "Kamingespräche" statt, bei denen sich die Studierenden einmal pro Woche mit einem Experten aus der Praxis zusammensetzen, der aus seinem Berufsleben erzählt. Wenn ein Studierender sagt, der Schwerpunkt dieses Praxisexperten interessiert mich, dann übernimmt dieser eine Ausbildungspatenschaft für ihn und fungiert bereits während des Studiums als externer Mentor. Der Studierende kann etwa seine Praktika bei ihm machen. Außerdem haben wir ein spannendes internationales Moot-Court-Programm. Hier kommt uns entgegen, dass die Universität Trier als eine der wenigen Universitäten Deutschlands eine besondere Fremdsprachenausbildung speziell für Juristen anbietet. Wir fördern zudem Schlüsselqualifikationen und Managementqualitäten, weil jeder erfolgreiche Jurist Kompetenzen haben muss, die über das fachliche hinaus gehen. Rhetorik und Verhandlungstechniken etwa. Auch Elemente aus dem Bereich "Business Behaviour" werden unterrichtet. Und schließlich spielt auch der Bereich der Ethik eine große Rolle, Anwaltsethik, Richterethik, aber auch Compliance oder Corporate Government. Abgerundet wird das Ganze durch ein buntes Freizeitangebot. LTO: Wie läuft der der Bewerbungsprozess für den ersten Jahrgang an? Schmidt: Die ersten Bewerbungen gehen ein, obwohl die Abiturprüfungen noch nicht einmal geschrieben sind. Nach dem Abitur erwarte ich noch mal einen großen Schwung. Wir haben jetzt schon eine sehr hohe Anzahl von Interessenten, die die Anzahl der Plätze, die wir zu vergeben haben, übersteigt. Ich bin mit dieser Entwicklung sehr zufrieden. LTO: Worauf werden Sie bei der Auswahl der Kandidaten besonders achten? Schmidt: Erstens muss der Kandidat erkennen lassen, warum er Jura studieren möchte. Wir versuchen, diejenigen auszuwählen, die mit dieser Studienwahl etwas Konkretes verbinden. Es sollen nicht die sein, die nicht wissen, was sie studieren sollen. Mit jedem Bewerber, der diese Hürde überwindet, führen wie ein Auswahlgespräch. Dabei achten wir darauf, ob eine ausreichende Sprachkompetenz sowie eine ausreichende soziale Kompetenz vorhanden sind. Sprache ist das Handwerkszeug des Juristen, deshalb braucht man eine Begabung in diesem Bereich. Soziale Kompetenz ist wichtig, weil wir vier Jahre in einer Gruppe arbeiten möchten.
LTO: Wie viel wird das PLLA-Studium kosten und welche Finanzierungsmodelle gibt es?
Schmidt: Wir sind ein rein privates und somit kostenpflichtiges Angebot. Die Kosten belaufen sich auf 12.500 Euro pro Semester, also rund 2.000 Euro pro Monat, Wohnen und die gesamte Infrastruktur, die wir bieten, inbegriffen. Wir haben die Möglichkeit für diejenigen, die sich das aus ihrem familiären Hintergrund heraus nicht leisten können, alternative Finanzierungsmöglichkeiten anzubieten: Erstens gibt es einen gemeinnützige Stiftung, die "Trierer Stiftung für Law & Leadership", die Stipendien vergibt für besonders begabte und vor dem wirtschaftlichen Hintergrund nicht ausreichend leistungsfähige Studierende. Zweitens haben wir mit Kreditinstituten Vereinbarungen, nach denen mit Studienkrediten das Studium finanziert werden kann. Die Rückzahlung erfolgt erst nach dem Berufseintritt. LTO: Herr Professor Schmidt, wenn es damals, als Sie studiert haben, ein solches Programm gegeben hätte, hätten Sie teilgenommen? Schmidt: Ja, ich habe mir ein solches Programm immer gewünscht und ich habe es sehr bedauert, dass das Studium recht anonym vonstatten ging. Ich habe nicht nur Jura sondern auch Philosophie studiert. Aus dem Philosophiestudium weiß ich, wie schön es sein kann, in einer kleinen Gemeinschaft intensiv an einem Projekt zu arbeiten. Dann nämlich wird der relativ hohe Zeitaufwand, den man für sein Studium investieren muss, nicht zur Last, sondern zum Vergnügen. Arbeit kann Spaß machen. Und wenn ich merke, dass ich gut darin bin und dass ich es wirklich verstanden habe, dann macht auch Jura unheimlich viel Spaß. Mehr auf LTO.de: Moot Court am OLG Köln: Junge Semester dominieren Plädoyer-Duell Recherche im Jurastudium: Bessere Noten mit besseren Suchmaschinen-Strategien Humanisierung des Jurastudiums: Reformen statt Bologna

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