Niedrige Durchfallquoten und gute Noten in Thüringen und Hamburg
Im Jahr 2022 nahmen bundesweit insgesamt 22.872 Studierende und Referendar:innen an den Prüfungen des ersten bzw. zweiten Staatsexamens teil. Das geht aus den aktuellsten Zahlen hervor, die LTO bei den Bundesländern erfragt hat.
Um die juristischen Examen dreht sich für die Prüflinge alles. Entsprechend zahlreich und spannend sind die damit verbundenen Fragen: Wie viele Kandidat:innen bestehen? Wie viele fallen endgültig durch? Und wo schneiden die meisten am besten ab?
Um Fragen wie diese zu beantworten, hat LTO die Notenstatistiken über die erste und zweite juristische Staatsprüfung der Prüfungsämter aller Länder aus dem Jahr 2022 (das sind die aktuellsten Zahlen) ausgewertet. Dabei wurden im ersten Examen nur die Noten der staatlichen Pflichtfachprüfung ohne Schwerpunktbereichsstudium berücksichtigt, denn dieses gehört zum universitären Teil des Jurastudiums.
Die meisten Durchfaller gibt es noch immer in Brandenburg
In den meisten Bundesländer lagen die Durchfallquoten 2022 im ersten Examen zwischen 25 und 30 Prozent. Dabei handelt es sich um ein übliches Ergebnis. Positive Ausreißer waren Hamburg (19,79 Prozent), das Saarland (18,44 Prozent) und Berlin (18,08 Prozent), in denen etwas weniger als ein Fünftel der Kandidat:innen das erste Examen nicht bestanden hat. Spitzenreiter Thüringen hatte 2022 sogar nur eine Durchfallquote von 17,95 Prozent. Besonders viele Durchfaller im ersten Examen gab es in Brandenburg mit 41,79 Prozent. Das Bundesland setzt seinen Negativtrend damit fort: Schon 2021 und 2020 war es das Land mit den meisten Durchfallern.
Die zweite Staatsprüfung bestanden dagegen deutlich mehr Teilnehmer:innen. Mit dem ersten Examen vergleichbare Durchfallquoten gab es nur in Schleswig-Holstein (24,4 Prozent) und Bremen (18,84 Prozent). Die Ergebnisse der meisten Bundesländer bewegten sich dagegen zwischen 13,49 Prozent (Nordrhein-Westfalen) und 16,16 Prozent (Niedersachsen). Berlin (9,95 Prozent), Hamburg (8,61 Prozent), Baden-Württemberg (8,54 Prozent) und Hessen (7,89 Prozent) stehen weiter oben und schafften eine Durchfallquote von weniger als zehn Prozent der geprüften Referendar:innen. An der Spitze war auch im zweiten Examen Thüringen mit nur 6,17 Prozent nicht bestandenen Assessorexamen.
Große Mehrheit der Ergebnisse in der unteren Hälfte der Notenskala
Das Vorurteil, dass Prüfer:innen in der juristischen Ausbildung eher "schlechte" Noten vergeben, bestätigen die Statistiken des Jahres 2022. Auf der Notenskala von null bis 18 Punkten landen die meisten Kandidat:innen des ersten Staatsexamens auf den Notenstufen "ausreichend" (4-6,49 Punkte) und "befriedigend" (6,5-8,99 Punkte). In Niedersachsen erhielten im ersten Examen 47,83 Prozent ein Ergebnis unter neun Punkten, im Saarland waren es sogar 65,92 Prozent. Die Ergebnisse der übrigen Bundesländer bewegten sich 2022 dazwischen.
Im zweiten Examen waren die Anteile der Ergebnisse über vier und unter neun Punkten noch höher. Zwischen 60,17 Prozent (Niedersachsen) und 73,07 Prozent (Hessen) der Ergebnisse waren ein "ausreichend" bzw. "befriedigend". Eine Ausnahme bildete Hamburg: Dort waren es "nur" 52,3 Prozent der Prüflinge, die ein Ergebnis zwischen vier und unter neun Punkten erreichten – damit aber noch immer über die Hälfte.
Dabei handelt es in der juristischen Ausbildung zwar keinesfalls um schlechte Noten. In einigen Bundesländern liegt beispielsweise die Zugangsvoraussetzung für das Richter:innenamt bei Noten zwischen 7 und 8 Punkten. Doch zeigt es, dass Prüfer:innen bei der Bewertung der Examensklausuren oft nur eine Hälfte der Notenskala ausschöpfen.
Diese Bewertungspraxis entspricht dabei einem Trend. Schon nach älteren Zahlen des Bundesamtes für Justiz in Bonn aus dem Jahr 2002 erhielten 57,15 Prozent aller geprüfter Studierenden und 69,79 Prozent der Referendar:innen die Examensnote "befriedigend" oder "ausreichend". Dazu kommt noch der Anteil der durchgefallenen Kandidat:innen mit Ergebnissen zwischen null und unter vier Punkten, der im ersten Examen bereits 2002 im Bundesdurchschnitt 28,02 und im zweiten 14,97 Prozent betrug. Mit anderen Worten: Die obere Hälfte der Notenskala ab neun Punkten erreichen Kandidat:innen seit Jahren deutlich seltener.
Die meisten Prädikate gibt es in Berlin und Hamburg
Das war auch 2022 so: Die obere Hälfte der Notenskala erreichten deutlich weniger Kandidat:innen als die untere. Der Anteil an sogenannter Prädikatsexamen (neun Punkte oder besser) lag 2022 im ersten Examen in den meisten Bundesländern zwischen 11,18 Prozent (Bremen) und 18,89 Prozent (Bayern). Prädikatsanteile von über einem Fünftel erreichten sieben Bundesländer. Besonders viele gute Noten gab es dabei in Thüringen (26,28 Prozent), Sachsen-Anhalt (26,99 Prozent) und Berlin (28,9 Prozent), womit dort jeweils mehr als ein Viertel der Studierenden ein Ergebnis von mindestens neun Punkten erhielt. In Brandenburg hingegen schafften nur 8,71 Prozent der Kandidat:innen ein Prädikatsexamen.
In der zweiten Staatsprüfung zeigen sich ähnliche Ergebnisse. Die meisten Bundesländer haben einen Prädikatsanteil zwischen 12,31 Prozent (Mecklenburg-Vorpommern) und 24,55 Prozent (Berlin). Eine Ausnahme ist auch hier Hamburg, wo ganze 39,08 Prozent der Referendar:innen ihr Examen mit mindestens neun Punkten absolvierten.
Die Notenstufe sehr gut (16-18 Punkte) erreichten in beiden Examina sehr wenige Kandidat:innen. Im ersten Examen wurde die Bestnote überhaupt nur in der Hälfte aller Bundesländer vergeben. Dabei blieb der Anteil der sehr guten Kandidat:innen stets unter einem Prozent. Den höchsten Anteil schaffte Hamburg mit 0,76 Prozent.
Im zweiten Examen gab es sogar bloß in vier Ländern Kandidat:innen mit sehr gutem Ergebnis. Zwar lag der Anteil im Saarland über einem Prozent (1,27 Prozent), doch erreichte auch dort nur eine Person die Bestnote. Dieser "hohe" Anteil war der niedrigen Teilnehmer:innenzahl (79) geschuldet.
Hoher Frauenanteil in beiden Examen
Abgesehen von den Noten zeigen die Statistiken, dass sich deutlich mehr Frauen als Männer in der juristischen Ausbildung befinden. Im ersten Examen ist der Anteil der Kandidatinnen in allen Bundesländern höher als der der Kandidaten. Meist liegt er bei rund 60 Prozent. In Brandenburg sind es sogar 67,16 Prozent und im Saarland 68,16 Prozent.
Im zweiten Staatsexamen ist dagegen der Männeranteil etwas höher. In Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland nehmen sogar mehr Männer als Frauen an den Prüfungen teil. In den übrigen Bundesländern liegt der Frauenanteil allerdings auch in der zweiten Prüfung zwischen 55 und 60 Prozent, in Thüringen (64,2 Prozent) und Baden-Württemberg (61,35 Prozent) sogar darüber.
Zum Abschluss noch eine gute Nachricht: Das Horrorszenario, endgültig durch die erste Staatsprüfung zu fallen und nach jahrelangem Studium ohne Abschluss dazustehen, ereilt nur wenige Kandidat:innen. In den meisten Bundesländern, die dahingehend Daten erhoben (das machen nicht alle), fielen nur etwa drei bis vier Prozent der Prüfungsteilnehmer:innen endgültig durch, darunter etwa Baden-Württemberg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Verhältnismäßig hohe Zahlen gab es nur in Bayern (5,4 Prozent), Brandenburg (6,97 Prozent), Bremen (7,45 Prozent) und Schleswig-Holstein (9,29 Prozent). In Berlin (1,78 Prozent) und Hamburg (1,81 Prozent) fallen im ersten Examen die wenigsten endgültig durch.
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2024 M03 15
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