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Drei Tipps für span­nende Ver­wal­tung­s­prak­tika

Gastbeitrag von Annabell HornLesedauer: 5 Minuten

In vielen Bundesländern sind auch Verwaltungspraktika Pflicht – und bei den Studierenden nicht allzu beliebt. Annabell Horn hat drei Tipps für Praktika in der Verwaltung, die möglicherweise über bestehende Vorurteile hinweghelfen. 

Verwaltungspraktika erfreuen sich klassischerweise keiner allzu großen Beliebtheit. Langweilige Tätigkeiten und einfach nur Dinge abarbeiten, so stellen sich wohl viele den Job in der Verwaltung vor. Dementsprechend gering ist häufig der Ehrgeiz, sich ein interessantes Praktikum in der Verwaltung zu suchen. 

Gerade in der Verwaltung können Studierende aber die Anwendung des Rechts in der Praxis hautnah miterleben und selbst daran mitwirken. Hier kommen drei Tipps für spannende Praktika in der Verwaltung, die man vielleicht noch nicht kennt.

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Tipp eins: eine Staatskanzlei

Eine Staatskanzlei ist die Regierungszentrale eines Landes und der Amtssitz des jeweiligen Ministerpräsidenten bzw. der jeweiligen Ministerpräsidentin des Landes. Sie ist ein Ort, an dem herausragende politische Angelegenheiten besprochen und Entscheidungen von politischer Tragweite getroffen werden.  

Die Aufgabenbereiche der Staatskanzlei sind vielfältig: "Hier werden internationale Beziehungen gepflegt und die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Bund koordiniert", so Tobias Rösmann, hessischer Staatssekretär und Sprecher der hessischen Landesregierung. Die Staatskanzlei ist zudem für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung verantwortlich und hält den Kontakt zwischen Landesregierung und Landtag, erklärt er. Außerdem bearbeitet sie zahlreiche Rechtsfragen für die Landesregierung und den Ministerpräsidenten. Verfassungsstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht und dem Staatsgerichtshof und die Koordination der Landespolitik in Zusammenarbeit mit den anderen Ministerien zählen ebenfalls zu den Aufgaben der Staatskanzlei.

Je nach Dauer des Praktikums dürfen die Praktikantinnen und Praktikanten in einem oder in mehreren Arbeitsbereichen Erfahrungen sammeln. Das kann beispielsweise die Abteilung "Protokoll und Veranstaltungen" sein, die für die Durchführung von Kongressen zuständig ist, oder die Abteilung "Recht und Verfassung", die Verfassungsfragen von grundsätzlicher Bedeutung bearbeitet.

Ein Ausbilder ist jederzeit für die Praktikantinnen und Praktikanten ansprechbar, während sie selbst praktische Aufgaben übernehmen. "Sie helfen dabei, Recherchen anzustellen und Gutachten anzufertigen, vor allem auch im Zusammenhang mit der Gesetz- und Verordnungsgebung des Landes", so Rösmann. Daneben arbeiten sie bei der Formulierung von Antwortentwürfen zu Bürgeranfragen an den Ministerpräsidenten und den Chef der Staatskanzlei mit oder formulieren Schriftsatzentwürfe, erzählt Rösmann.

Tipps für die passende Kleidung hat Rösmann ebenfalls parat. Er rät Praktikantinnen und Praktikanten zu einer "gewissen Förmlichkeit bei der Kleiderauswahl". Der Umgang der Kolleginnen und Kollegen sei dafür deutlich weniger förmlich, verspricht er.

Tipp zwei: Sozialverband VdK Deutschland e. V.

Der "Verband der Kriegsbeschädigten", der seit 2002 "Sozialverband VdK Deutschland e. V." (VdK) genannt wird, ist wohl vielen ein Begriff. Der VdK entstand nach dem Zweiten Weltkrieg aus Selbsthilfegruppen von Kriegsüberlebenden, um die Rechte von Kriegsgeschädigten, Witwen und Waisen zu vertreten. Mittlerweile versteht er sich als sozialpolitische Interessenvertretung für alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland. Als Anlaufstelle für ein Praktikum im Jurastudium dürften den VdK aber wohl die wenigsten in Betracht ziehen.

"Wir sind für die sozialrechtliche Beratung und Vertretung von rund 56.000 Mitgliedern in drei Landkreisen zuständig", fasst Beatrice Klöckner, Geschäftsführerin der Bezirksgeschäftsstelle Gießen, zusammen. Klöckner ist eine von achtzehn hauptamtlichen Mitarbeitenden in Gießen. Fünf davon aktive Juristinnen und Juristen, davon wiederum drei Fachanwältinnen und -anwälte für Sozialrecht. Deutschlandweit verzeichnet der Verband mehr als zwei Millionen Mitglieder.

"Wer Einblicke dazu bekommen will, wie juristische Beratung zu den Themen Pflege, Rente, Behinderung oder Krankenversicherung und die damit verbundene Vertretung in der Praxis aussieht, konkrete Rechtsfälle dazu bearbeiten und Juristen zum Gericht begleiten möchte, ist bei uns richtig. Je nachdem wie lange die Mitarbeit angedacht ist, sind auch Einblicke in die Verbandsarbeit und in die sozialpolitische Tätigkeit des VdK möglich", führt die Geschäftsführerin aus.

Besonders geeignet sei das Praktikum für Studierende mit Interesse an sozialrechtlichen Vorgängen, erklärt Klöckner. Das bestätigt auch Diplomjuristin Adina Will, die sich für ihr Wahlpraktikum im Studium, das es in Hessen gibt, den VdK aussuchte. Interessierte sollten zumindest eine grundsätzliche Bereitschaft mitbringen, sich auf sozialrechtliche Inhalte einzulassen. "Das Sozialrecht ist nicht das am einfachsten zugänglichste Rechtsgebiet. Man muss sich erstmal reinfinden", erzählt die heute 26-Jährige. Umfangreiche Vorkenntnisse in dem Bereich sind dagegen nicht notwendig.

"Das Sozialrecht ist einem näher, als man zunächst meint"

Zu Beginn legen Frau Klöckner und die Praktikantin bzw. der Praktikant gemeinsam den Ablauf des Praktikums und eventuelle Besonderheiten fest. Will etwa schrieb zu der Zeit ihres Praktikums an ihrer Seminararbeit über verschiedene Rentenmodelle: "Das war natürlich sehr praktisch", schmunzelt sie.

Während ihres Praktikums durfte sie die Mitarbeitenden zu vielen Terminen begleiten: "Ich war unter anderem bei Gerichtsterminen, einer Fachtagung zur beruflichen Inklusion von behinderten Menschen oder Schulungen zum neuen Bundesteilhabegesetz dabei", erzählt sie.

Als Resümee der praktischen Studienzeit stellt sie fest: "Sozialrechtliche Angelegenheiten betreffen alle Menschen. Das Sozialrecht ist einem näher, als man zunächst meint. Es ist lebensnah und praxisnah und alles andere als abstrakt." 

Die sozialrechtliche Beratung ist aber auch eine emotionale Belastung, berichtet Will: "Man bekommt nochmal mehr als in einem Anwaltspraktikum Lebensschicksale aufgrund von Krankheit, Arbeitslosigkeit oder Arbeitsunfähigkeit mit, unabhängig vom sozialen Status. Nachhaltig in Erinnerung geblieben ist mir der Kontakt mit einem ehemaligen Soldaten, der von seinem Kriegstrauma berichtete. Man muss erstmal lernen, sich in solchen Gesprächen adäquat zu verhalten", sagt sie.

Tipp drei: die Bundesrechtsanwaltskammer in Berlin

Alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in Deutschland sind Mitglieder in einer der 27 Rechtsanwaltskammern in Deutschland. Dazu kommt die Rechtsanwaltskammer beim Bundesgerichtshof (BGH). Über die Gesamtheit der Kammern wacht die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) in Berlin. Auch bei der BRAK können Studierende ein Verwaltungspraktikum absolvieren.

Jurastudentin Theresa Belke macht im Moment ein Praktikum bei der BRAK – und findet es sehr abwechslungsreich. Sie berichtet von Einblicken in laufende Gesetzgebungsverfahren und Recherchen für künftige Ausschusssitzungen der mehr als 30 Fachausschüsse der BRAK. Hierzu gehören beispielsweise der Ausschuss für Rechtsanwaltsvergütung, Arbeitsrecht oder Juristenausbildung. Zusätzlich können Praktikantinnen und Praktikanten an einigen dieser Ausschusssitzungen teilnehmen.

Auch die regelmäßigen Besuche ausländischer Gäste, etwa der Taiwan Bar Association (TWBA), sind der Praktikantin positiv in Erinnerung geblieben. "In diesem Rahmen haben wir unter anderem die Taipeh-Vertretung in Berlin und den Bundestag besichtigt und die TWBA und die BRAK haben sich zu ihren Arbeitsweisen und ihrer Organisation ausgetauscht", fügt Belke hinzu.

Verwaltung ist also nicht gleich Verwaltung. Spannende Praktikumsplätze gibt es viele, wenn man etwas über den Tellerrand hinausschaut.

Redaktioneller Hinweis: Übrigens kann man bei LTO ebenso ein Praktikum machen. Soll dem Vernehmen nach auch ganz cool sein. Bewerbungen bitte an redaktion@lto.de.

Annabell Horn studiert Jura an der Justus-Liebig-Universität Gießen und absolviert derzeit den Schwerpunkt. 

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