Umfrage unter Jura-Absolventen

Nur jeder Dritte würde das Jura­stu­dium wei­ter­emp­fehlen

von Luisa Berger und Marcel SchneiderLesedauer: 3 Minuten

Regelmäßig fragt der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften, was Jura-Absolventen im Nachhinein am Jurastudium ändern würden. Das Ergebnis dieses Jahr: jede Menge, denn zu empfehlen sei es derzeit nicht.

Zum fünften Mal hat der Bundesverband rechtswissenschaftlicher Fachschaften e.V. (BRF) Absolventinnen und Absolventen des ersten Staatsexamens nach ihrer Meinung zur Attraktivität des Jurastudiums befragt. Die Tendenz ist demnach klar: Nur ein Drittel würde das Jurastudium in seiner derzeitigen Ausgestaltung weiterempfehlen.

Nach eigenen Angaben will der BRF mit der regelmäßig durchgefühten Online-Umfrage zu einer besseren und zeitgemäßeren juristischen Ausbildung beitragen. An der aktuellen Iteration der Umfrage haben über 1.000 Personen teilgenommen, die mindestens den schriftlichen Teil ihrer Ersten juristischen Staatsprüfung abgelegt haben.

In einem Grußwort zu der Befragung, deren Ergebnisse LTO vorab vorlagen, lässt Bundesjustizminister Marco Buschmann verlauten, dass er die Erhebung und Veröffentlichung der Ergebnisse befürwortet: "Denn wer, wenn nicht die Studierenden selbst, kann besser Eindrücke, Erfahrungen und Meinungen bezüglich verschiedenster Aspekte des juristischen Studiums mitteilen?"

Was die Befragten in diesem Jahr mitteilen, fügt sich dabei passend in den Gesamtkontext der anhaltenden Reformdebatte ein.

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Bachelor und Staatsexamen schließen sich nicht aus

Breite Zustimmung erfährt in der BRF-Umfrage beispielsweise die seit langem diskutierte Einführung eines Bachelor-Abschlusses. Rund 88 Prozent der Absolventinnen und Absolventen befürworten eine solche gleich ins Jurastudium integrierte Option. Spannend dabei: Die Teilnehmenden sehen in dem Bachelor eine Absicherung und keine Konkurrenz für die erste juristische Prüfung. So würden sich rund 94 Prozent trotz Erhalt eines integrierten Bachelor-Abschlusses noch immer für die staatliche Pflichtfachprüfung anmelden. Bachelor und Staatsexamen schließen sich offenbar doch nicht aus, was die Kritiker der losgetretenen "Loser-Bachelor"-Debatte hingegen fürchten.

Den Ergebnissen der Umfrage zufolge werden die Absolventinnen und Absolventen auch mit der Idee des E-Examens immer wärmer. Im Vergleich zu der Umfrage aus 2020 halten immerhin 8,64 Prozent mehr (ingesamt 41,04 Prozent) das E-Examen für "absolut sinnvoll". 

Ein sehr deutliche Antwort gab es zudem auf die Frage nach dem aktuellen Pflichtfachkatalog: Mehr als drei Viertel empfinden die Stoffmenge und die Anzahl an Rechtsgebieten im Staatsexamen als zu umfangreich.

"Leaky Pipeline"-Phänomen in der Rechtswissenschaft?

Währenddessen geht den Ergebnissen zufolge das Interesse an einer wissenschaftlichen Karriere im Bereich Jura zurück: Nur etwa 15 Prozent der weiblichen und 27 Prozent der männlichen Befragten streben eine Promotion nach dem ersten Staatsexamen an an. Der BRF sieht in diesen Zahlen eine Bestätigung des "Leaky Pipeline"-Phänomens in der Rechtswissenschaft. Der Begriff beschreibt den in der Wissenschaft absinkenden Frauenanteil auf den verschiedenen Qualifizierungsebenen. Zum Vergleich: Mehr als die Hälfte der Jurastudierenden ist weiblich.

Frederik Janhsen, Vorsitzender des BRF, kommt zu dem Schluss: "Die Absolvent:innenbefragung zeigt erneut die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform der juristischen Ausbildung. Erste Schritte könnten dabei die Einführung eines integrierten Abschlusses sowie die Möglichkeit, die Aufsichtsarbeiten digital anzufertigen, sein."

Emilia De Rosa, stellvertretende Vorsitzende, ergänzt: "Dass mehr als drei Viertel der Befragten den Pflichtfachstoff für zu umfangreich halten, deckt sich mit den Forderungen verschiedenster Akteur:innen. Denn um ein umfassendes juristisches Verständnis zu entwickeln, ist es nicht notwendig, auch den hundertsten Meinungsstreit auswendig zu lernen, der sich in jedem Kommentar findet."

Die detaillierten Ergebnisse veröffentlicht der BRF im Laufe des Dienstags, 12. September 2023 auf seiner Webseite. Wir werden sie an dieser Stelle nachträglich verlinken.

lmb/LTO-Redaktion

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