Ex-Germany's-Next-Topmodel-Kandidatin und Jurastudentin Ashley

"Lei­den­schaften sollten nicht nur Lei­den­schaften bleiben"

Interview von Pauline DietrichLesedauer: 6 Minuten

Ashley Amegan möchte nicht nur in ihrer Modelkarriere, sondern auch als Juristin durchstarten. Mit LTO hat sie über das Leben in diesen gegensätzlichen Welten und ihren Wunsch nach mehr Diversität und Verbesserung im Jurastudium gesprochen.

LTO: Ashley, ab Oktober studierst Du im achten Semester Jura an der LMU München. Modelst du schon seit Beginn deines Studiums?

Ashley: Das Jurastudium habe ich direkt nach dem Abitur im Jahr 2017 begonnen und zu dem Zeitpunkt noch nicht gemodelt. Damit habe ich Anfang 2019 angefangen. Sehr schnell habe ich gemerkt, dass es eine echte Leidenschaft für mich ist und ich mich vor der Kamera wohlfühle. Das war auch der Zeitpunkt, als ich gemerkt habe, dass ich nicht bei jeder Vorlesung dabei sein muss, sondern auch gut von zu Hause aus oder in Pausen bei Shootings lernen kann. Seit Anfang 2021 fokussiere ich mich allerdings nur auf das Modeln. Das Studium werde ich aber jetzt im kommenden Oktober wieder fortführen.

Dass Du seit Anfang 2021 mit dem Modeln durchstartest, hat doch vermutlich mit Deiner Teilnahme bei Germany’s Next Topmodel (GNTM) 2021 zu tun?

Nein das würde ich nicht sagen, meine jetzige Modelagentur ist komplett unabhängig von GNTM. Die Teilnahme dort war zwar eine gute Erfahrung, aber ich habe mich dazu entschieden, meine Modelkarriere ganz eigenständig anzugehen. Bei meiner jetzigen Agentur bin ich seit Mai unter Vertrag.

Jurastudium und Modelleben – da prallen Welten aufeinander, oder?

Es sind ganz klar zwei verschiedene Welten. Aber manchmal glaube ich, dass mich gerade das reizt. So merke ich nach einer längeren Modelphase, dass mir das Kognitive einfach fehlt – etwas, wo ich mein Hirn anstrengen kann. Für mich funktioniert zurzeit beides nicht ohne das andere.

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"Ich werde vermutlich keine klassische Anwaltskarriere einschlagen"

Bist Du denn wegen der Zeit, die das Modeln in Anspruch nimmt, schon einmal durch eine Jura-Prüfung gefallen?

Nein, durch eine Prüfung bin ich wegen des Modelns nie gefallen. Ich gehe das Ganze immer phasenweise an – und wenn ich mich gerade auf mein Studium konzentriere, dann liegt mein voller Fokus auch dort. Aber natürlich kann es sein, dass sich mein Studium dadurch zeitlich etwas zieht und ich auch vermutlich keine klassische Anwaltskarriere einschlagen werde. Das ist es mir aber Wert, weil ich dafür unbezahlbare Erfahrungen außerhalb der Uni machen darf.

Was hast Du nach dem Jurastudium vor?

Nun, das ist jetzt noch schwer einzuschätzen. Ich habe mich noch nicht entschieden, ob ich zum Beispiel überhaupt das zweite Staatsexamen machen möchte. In der Tat bereitet mir mein Völkerrechtsschwerpunkt im Studium am meisten Freude. Deswegen setze ich mich gerade auch mit Start-ups auseinander, die sich für Menschenrechte einsetzen und schaue, wie ich mich da einbringen kann. Durch diese Praxiserfahrung möchte ich sicherstellen, dass ich auch den richtigen Bereich für mich finde. Die Arbeit von NGOs und der UN fasziniert mich auch sehr. Festlegen möchte und kann ich mich da aber noch nicht.

Wie geht denn Dein Einsatz für Menschenrechten mit den Arbeitsbedingungen in der Modebranche zusammen, wo faire und nachhaltige Bedingungen noch nicht der Standard sind?

Ich achte sehr darauf, dass ich nur für Unternehmen arbeite, die ihre Produkte nachhaltig und fair produzieren. Von Unternehmen, die gar nicht wissen, wo ihre Klamotten herkommen, halte ich mich ganz klar fern. Da findet aber ein Wandel statt und es wird weniger auf "Fast Fashion" gesetzt, sondern mehr auf Qualität. Das finde ich toll.

"Ich möchte selbst zur Expertin werden"

Brauchst Du denn überhaupt ein Staatsexamen in Jura, um Dich für Menschenrechte einzusetzen? Eine große Plattform samt Reichweite, wie Du sie als Model hast, sorgt doch für viel mehr Aufmerksamkeit.

Nun, im Jurastudium, so trocken es auch sein mag, lernt man sehr viel Rhetorik. Ich merke, wie ich mir Dank des Studiums die Fähigkeit zu diskutieren angeeignet habe und mir zu einem Thema stets die verschiedenen Blickwinkel anschaue. Außerdem ist es eine Sache, eine Plattform zu haben. Die andere ist es aber, sie mit Inhalt zu füllen. Das ist mir wichtiger, als nur auf einen Missstand hinzuweisen. Ich möchte darüber mit Wissen aufklären können. Ich möchte selbst zur Expertin werden und sagen können "hier können wir was verändern".

Bist Du in deiner juristischen Laufbahn schon mal auf blöde Kommentare von Juristinnen und Juristen wegen deines Modeldaseins gestoßen?

Ich versuche nicht überall zu erwähnen, dass ich auch Model bin. Ganz oft interessiert es die Leute auch nicht. Allerdings musste ich mir schon Kommentare von Kommilitoninnen und Kommilitonen anhören, dass ich doch das Studium in neun Semestern schaffen müsse, sonst sei ich eine Versagerin. Oder eben auch, dass ich es zusammen mit einem Job nie schaffen werde. Am Anfang hat mich das sehr verunsichert. Ich finde das inzwischen aber sehr konservativ und habe mir eine gewisse Selbstakzeptanz zugesprochen und mir gesagt, dass es okay ist, einen Weg abseits der Normen zu gehen. Bisher scheint das auch gut zu funktionieren und das macht natürlich auch selbstbewusst.

"Ich vermisse die Diversität im Jurastudium"

Du würdest es anderen Jurastudierenden also empfehlen, sich auch die Zeit für ihre Leidenschaften zu nehmen?

Ich glaube es ist sehr typisch für unsere Gesellschaft, dass man Sachen so macht, wie sie schon immer gemacht wurden. Ich finde aber, dass Leidenschaften nicht nur Leidenschaften bleiben sollten. Wenn man die Möglichkeit hat, etwas auszuprobieren, dann sollte man auch auf seine innere Stimme hören. Insbesondere die Zwanziger sind dazu da, sich auszuprobieren und auch Fehler zu machen. Auch von fertigen Juristinnen und Juristen höre ich im Nachhinein so manche Stimme, die es bereut, den klassischen Weg der Juristenausbildung gegangen zu sein und diese Personen äußern dann auch nachträglich Respekt vor anderen Entscheidungen. Das Allerwichtigste ist aber, auf sich selbst zu hören. Wenn man den klassischen Weg gehen möchte und sich das gut anfühlt, dann sollte man ihn gehen.

Siehst Du Verbesserungsbedarf im Jurastudium? Wenn ja, wo?

Die Diversität – die vermisse ich beim Jurastudium. Bevor ich zum ersten Mal den Hörsaal betreten habe, habe ich mich gefreut, vielen verschiedenen Menschen zu begegnen. Als ich dann da war, war da außer mir nur eine kleine Handvoll Studentinnen und Studenten mit Migrationshintergrund. Deshalb ist es für mich auch so wichtig, das alles so durchzuziehen. Damit ich ein Vorbild für andere sein kann. Dazu braucht man auch keine große Plattform, das fängt schon damit an, dass man mit einem Gesetzbuch durch die Gegend läuft und Kinder und Jugendliche sehen, dass man als Frau mit Migrationshintergrund Jura studieren kann - und es eben auch funktioniert.

Wie viel verdienst Du als Model? Reicht das, um dein "verlängertes" Jurastudium zu finanzieren?

Tja, um juristisch zu antworten: Es kommt drauf an. Wird man für große Kampagnen gebucht, dann kann man schon im fünfstelligen Bereich verdienen. Im Commercial-Bereich und bei der Arbeit für Online-Shops ist es weniger, aber dafür verdient man da regelmäßiger. Mein Studium, meinen Lebensunterhalt und auch ein paar Extraausgaben kann ich damit sehr gut finanzieren.

Hand aufs Herz bei der letzten Frage: Kanntest Du uns von LTO vor dem Interview überhaupt?

Na klar, ich habe während meines vierten Semesters beim Beck-Verlag gearbeitet im Bereich Steuerrecht und weil ich mich damit leider überhaupt nicht ausgekannt habe, habe ich mir ein paar Sachen zum Einlesen empfehlen lassen. Da war dann eben auch die LTO dabei, die ich bis heute gerne regelmäßig lese.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Ashley.

Die Fragen stellte Pauline Dietrich.

Ashley Amegan ist Model und Jurastudentin. Derzeit bereitet sie sich auf die Paris Fashion Week 2021 vor und möchte im Oktober in ihr achtes Semester an der LMU München starten. Bei Germany´s Next Topmodel 2021 hat sie nach einem freiwilligen Ausstieg den fünften Platz belegt.

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Interviewpartnerin: Ashley Amegan

Thema:

Jurastudium

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