Dresscode im Referendariat

"Die wenigsten haben einen Schrank voller Anzüge oder Kos­tüme"

von Sabine OlschnerLesedauer: 5 Minuten

Im Jurastudium geht es bei der Kleiderwahl noch leger zu. Doch was zieht man nur im Referendariat an? Das richtet sich nach der jeweiligen Station. Im Prinzip ist es nicht schwierig, wenn man sich vorab ein paar Gedanken macht. Hier unsere Tipps. 

Jogginghose, Hoody und Turnschuhe: Was während des Studiums und der Examensklausuren niemanden stört, kann im Referendariat – je nach Ausbildungsstation - unangenehm werden. Sobald das Erste Staatsexamen in der Tasche ist, sollte sich die Kleiderwahl nicht mehr danach richten, was gerade frisch gewachsen im Schrank liegt.  
 
So geht es schon direkt beim ersten Termin in der Regel etwas formeller zu: „Am ersten Tag vor Gericht findet in einem kleinen feierlichen Rahmen die Vereidigung statt, die Aufnahme ins Referendariat“, erklärt Heide Günther, Ausbildungsleiterin für Referendarinnen und Referendare am Landgericht Detmold. „Hier finde ich ein etwas schickeres Outfit, also Anzug für die Herren und Kostüm für die Damen, angemessen. Schließlich zählt der erste Eindruck.“  
 
An anderen Landgerichten scheint es zum Auftakt weniger förmlich zuzugehen, wie man in einigen Jura-Foren lesen kann: T-Shirt und Sneaker hielten viele Referendarinnen und Referendare im Nachhinein bei ihrer Vereidigung für ausreichend, manche trugen zu diesem Termin ein Jackett über der Jeans. „Im Zweifel kann man vorab die Ausbildungsleitung fragen, welcher Dresscode am jeweils zuständigen Gericht erwartet wird“, sagt Günther. 

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Bei Gericht an der Kleiderwahl des Ausbilders orientieren 

Die erste Station des Referendariats ist in den meisten Bundesländern das Zivilgericht. Im Arbeitsalltag halten sich Referendarinnen und Referendare entweder im Büro auf oder sind bei Sitzungen mit am Richtertisch platziert. Zu den Büroterminen erwartet die Detmolder Ausbildungsleiterin gepflegte Kleidung. „Am besten orientiert man sich hier an den Richterinnen oder Richtern, denen man zugeordnet ist“, rät Günther. Manche kommen selber in Jeans ins Büro, andere tragen täglich einen Anzug.  
 
In der Sitzung geht es in der Regel formeller zu als im Büro, was sich auch in der Kleiderwahl widerspiegeln sollte. „Mit Businesskleidung machen sowohl Männer als auch Frauen nichts falsch“, sagt die Ausbildungsleiterin. Herren können Krawatte tragen, müssen es aber nicht. In den Arbeitsgruppen bei Gericht ist der Kleiderstil dann nebensächlich: Hier können die Teilnehmenden wie beim Besuch der Universität auftauchen. 
 
Wenn es dann mit der Ausbildung bei der Staatsanwaltschaft weitergeht, muss manch einer vielleicht einkaufen gehen: Für Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ist es bundesweit vorgeschrieben, dass sie vor Gericht eine weiße Bluse beziehungsweise ein weißes Hemd zusammen mit einer weißen Krawatte tragen. Darüber kommt eine Robe, die man sich allerdings am Gericht ausleihen kann. „Das weiße Oberteil und die Robe sollen Neutralität vermitteln, schließlich repräsentiert die Staatsanwaltschaft den Staat“, erklärt Günther. Dass unter der Robe keine Turnschuhe getragen werden sollten, verstehe sich von selbst.  
 
Wer an einem ordentlichen Gericht in Strafsachen ausgebildet wird, sollte dort vorgehen wie am Zivilgericht: Am besten orientiert man sich an der Kleiderwahl seines zugeordneten Richters bzw. seiner Richterin. 

In der Verwaltungsstation kann es weniger förmlich zugehen 

Zur Verwaltungsstation lassen sich keine allgemein gültigen Aussagen zum Kleiderstil treffen, zu unterschiedlich sind die Einsatzorte im Referendariat. In jedem Amt und jeder Behörde kleiden sich die Mitarbeitenden anders. Das hängt unter anderem davon ab, was der Chef oder die Chefin für angemessen hält und welche Termine wahrgenommen werden müssen. Bei Einsätzen am Verwaltungsgericht gilt das Gleiche, was auch für die Zivil- bzw. Strafgerichte gilt.  
 
Bei Behörden geht man auf Nummer sicher, am ersten Tag etwas formeller zu erscheinen als üblich und sich anzuschauen, wie die Kolleginnen und Kollegen gekleidet sind. Bei Einsätzen im Ausland gelten oft noch einmal ganz eigene Regeln für ein angemessenes Outfit, die man bei Ausbilder bzw. Ausbilderin erfragen sollte, um nicht gleich am ersten Tag einen schwachen Eindruck zu hinterlassen. 

Kanzleikultur für Anwaltsstation entscheidend 

Spannend wird es bei der Anwaltsstation. Hier kommt es darauf an, wo genau die Referendarinnen und Referendare arbeiten. Als Faustregel gilt: In Großkanzleien wird eher Businesskleidung erwartet als in kleineren Kanzleien. Oft hilft ein Blick auf die Website der Kanzlei, um eine Idee davon zu bekommen, wie die vorübergehenden Kolleginnen und Kollegen gekleidet sind.  
 
Auf dem Online-Auftritt der Münchener Wirtschaftskanzlei DMR Legal trägt zum Beispiel keiner der Anwälte eine Krawatte. „Als Start-up-Kanzlei geht es bei uns sicherlich lockerer zu als in einer Großkanzlei“, sagt Partner Dr. Maximilian Degenhart. Im Büro kann dort jeder erscheinen, wie er oder sie sich wohlfühlt.  
 
Bei Terminen vor Gericht, beim Mandanten oder auf offiziellen Veranstaltungen und Netzwerktreffen sind Jeans, Shirt oder Pullover und Jackett für ihn auch bei Nachwuchsjuristinnen und -juristen in Ordnung. Als Degenhart noch für eine Großkanzlei arbeitete, war dies, vor allem für ältere Anwälte, absolut unüblich, „obwohl sich, vielleicht auch im Zuge der Corona-Homeoffices, das Thema Krawatte generell in den Kanzleien gelockert hat“, so sein Eindruck.  

“Gepflegte Kleidung zeigt, dass man die Sache ernst nimmt” 

Seine Kollegin Monessa Weber, Rechtsanwältin für IT-Recht und Digitalisierung in Wiesbaden, sieht bei ihren Referendarinnen und Referendaren sowie bei ihren wissenschaftlichen Mitarbeitenden gern den Stil Smart Casual, also ein legeres Business-Outfit. „Die wenigsten haben während ihres Studiums einen Schrank voller Anzüge oder Kostüme“, weiß die Rechtsanwältin. „Auch ich habe mir erst nach dem Studium mein erstes Kostüm gekauft. Ich wusste aber, dass ich solche Kleidung auch später für die Vorstellungsgespräche und für die Arbeit als Juristin benötigen würde.“  
 
Gepflegte, etwas schickere Kleidung ist für Weber ein Zeichen dafür, dass man auch als Nachwuchsjuristin bzw. -jurist die Sache ernst nimmt. Ein Tipp von ihr aus Zeiten, als sie noch bei einer Großkanzlei gearbeitet hat: „Casual Friday bedeutet bei den meisten Großkanzleien nicht, dass die Mitarbeitenden in Freizeitkleidung zur Arbeit kommen. Auch hier wird eher Smart Casual erwartet.“  
 
Generell gilt damit für alle Stationen des Referendariats: Unbedingt vorab informieren und im Zweifel am ersten Tag lieber zu formell als zu nachlässig erscheinen. Anpassen kann man seinen Kleidungsstil immer noch. 
 
 

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