Generation S
Eigentlich zählen die aktuellen Jurastudenten noch zur zweiten Hälfte der Generation Y, den vorgeblichen Individualisten, Freizeitliebhabern und Selbstbestimmten. Die Ergebnisse einer Befragung unter 1.414 Jurastudenten zwischen Oktober 2014 und Februar 2015 durch das Forschungs- und Beratungsunternehmen Universum lassen jedoch "Generation S" als das treffendere Label erscheinen. S wie Sicherheit, Schotter– oder auch Spießigkeit.
Das Sicherheitsbedürfnis spiegelt sich bei der Arbeitgeberwahl gleich im doppelten Wortsinn wider. Das Bundeskriminalamt, zuständig für die Gefahrenabwehr im Inland, ist der am häufigsten genannte zukünftige Wunscharbeitgeber – der für die äußere Sicherheit zuständige Bundesnachrichtendienst landet auf Platz 3. Das Auswärtige Amt, in früheren Umfragen häufig Spitzenreiter, nimmt den zweiten Platz ein.
Plätze vier und fünf gehen danach an die Vereinten Nationen und die Europäische Kommission, erst auf Platz sechs findet sich mit der BMW Group ein Unternehmen der Privatwirtschaft. Die einzigen Kanzleien oder kanzleiähnlichen Dienstleister unter den Top 20 sind Ernst & Young, Freshfields und PricewaterhouseCoopers, welche in dieser Reihenfolge die Plätze 17, 18 und 19 belegen. Als Ganzes betrachtet liegt jedoch die Privatwirtschaft vorne; etwa zwei Drittel der Befragten könnten sich vorstellen, dort "juristische Dienstleistungen" zu erbringen. Der Sektor "Regierung / öffentlicher Dienst" nimmt mit 45 Prozent der Stimmen den zweiten Platz ein, Unternehmensberatungen mit 16 Prozent den dritten.
Geld und Familie vor Flexibilität und Freizeit
Auffällig ist die Fixierung der jungen Juristen auf ihre finanzielle Perspektive: "Ein attraktives Grundgehalt", "hohes Einkommen in der Zukunft", "eine sichere Anstellung" und "eine gute Referenz für meine zukünftige Karriere" sind - in dieser Reihenfolge - die vier wichtigsten Attribute, die ein Arbeitgeber für sie erfüllen soll. "Bei unseren Befragungen anderer Akademikergruppen, z.B. solchen aus dem technisch-naturwissenschaftlichen Bereich, wurden diese Faktoren vergleichsweise deutlich seltener genannt", sagt Stefan Lake von Universum.
Der Wunsch nach gesicherten Verhältnissen zeigt sich auch in den Karrierezielen: 59 Prozent der Befragten wünschen sich demnach, einem "sicheren und beständigen Job" nachzugehen. Die vor allem in den letzten Jahren oft thematisierte Work-Life-Balance ist 50 Prozent der Studenten wichtig, wobei sie darunter aber vor allem die Vereinbarkeit von Familien- und Karriereplanung verstehen. Demgegenüber gaben nur 22 Prozent der Befragten an, dass "ausreichende Freizeit" für sie ein wichtiges Element von Work-Life-Balance sei, in etwa genauso viele wünschten sich flexible Arbeitszeiten bzw. die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten.
Geschlechterklischees durchweg bestätigt
Bei der Aufschlüsselung nach dem Geschlecht der Antwortenden bestätigen sich klassische Rollenbilder: Frauen gewichten den Aspekt der Sicherheit höher, Männer den der Verdienstmöglichkeiten. Dementsprechend weit liegen die Gehaltsvorstellungen auseinander: Die männlichen Studenten erwarten im ersten Berufsjahr durchschnittlich 54.671 Euro, die Studentinnen würden sich hingegen bereits mit 43.477 Euro zufrieden geben.
Von ihrem Arbeitgeber erhoffen Frauen sich deutlich häufiger als Männer Weiterbildungsmöglichkeiten (46 Prozent vs. 27 Prozent), betriebliche Altersvorsorge (46 Prozent vs. 36 Prozent) oder Gesundheitsförderung (23 Prozent vs. 9 Prozent). Eklatant ist der Unterschied bei der Extravergütung während der Elternzeit: Die wünschen sich (23 Prozent der Frauen, bei den Männern sind es 0 Prozent). Die legen dafür mehr Wert auf einen Firmenwagen (36 Prozent vs. 23 Prozent), auch die Gewährung von Aktienanteilen oder einer Gewinnbeteiligung würden sich je 27 Prozent der männlichen Befragten wünschen – und keine einzige der Frauen.
Bei den Erwartungen an den Führungsstil ihrer Vorgesetzten sehen die Präferenzen beider Geschlechter hingegen ähnlich aus: Sie legen hohen Wert auf ein motivierendes Auftreten (54 Prozent), einen Vorgesetzten mit Vision, Mission und Werten (41 Proeznt), der ihnen bei ihrer persönlichen Entwicklung hilft und sie fördert (40 Prozent). Nur beim Stellenwert von offener Kommunikation und Feedback klaffen die Vorlieben spürbar auseinander: Mit 46 Prozent ist dies für Frauen sogar die wichtigste Eigenschaft einer Führungsperson, für Männer liegt sie mit 30 Prozent lediglich im Mittelfeld.
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2016 M03 1
Jurastudium
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