Fünf Sterne für den Anwalt
Das erste Profil hatte er, bevor er überhaupt davon wusste. Ein Mandant sagte dem Rechtsanwalt Dr. Christian Wolf von der Kanzlei Löffler & Partner Rechtsanwälte Steuerberater, er habe ihn über das Bewertungsportal Qype (heute yelp.de)* gefunden. Ein ehemaliger Mandant des Rechtsanwaltes hatte dort eine erste Bewertung hinterlassen. "Mir war das völlig neu, ich dachte, Bewertungsplattformen gebe es für Frisöre oder für Ärzte, aber nicht für Rechtsanwälte." Wolf entschied sich, diese Plattformen offensiv zu nutzen. Er legte ein Profil an, lud ein Bild von sich hoch und ergänzte Angaben zu seiner Person und seinem beruflichen Schwerpunkt. Für viele Menschen ist es inzwischen ganz selbstverständlich, ihren Anwalt über das Internet zu suchen. Sie orientieren sich dabei auch an Bewertungsportalen. Hier können ehemalige Mandanten über ihre Erfahrungen berichten und Noten vergeben. Etwa für guten Service, Erreichbarkeit, Beratung in der Sache. Anwälte können sich diese Portale für das eigene Marketing zunutze machen.
Mandanten um Bewertungen bitten
Christian Wolf ist nun auch bei anderen Portalen wie Anwaltsvergleich24.de oder KennstDuEinen.de aktiv. "Die Mandatszahlen sind dadurch deutlich gestiegen", sagt er. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht spricht seine Mandanten aktiv darauf an, eine Bewertung abzugeben, wenn sie mit seiner Arbeit zufrieden waren. Für ihn ist es eine gute Werbung, ist doch das Feedback der allermeisten positiv. Eine der größten Plattformen ist Anwalt.de, ein kostenpflichtiges Anwaltsverzeichnis. Monatlich gehen etwa 1.500 Bewertungen bei dem Portal ein. Die Nutzer können dem Anwalt für seine Leistung zwischen einem und fünf Sternen geben. Auch ein schriftlicher Kommentar zur Leistung ist möglich. Für die Bewertung müssen sich die User bei der Plattform registrieren, damit ihr Kommentar freigeschaltet wird. Daraufhin wird der Anwalt informiert. Dabei kann er den vollen Vor- und Zunamen des Nutzers einsehen. Dies geschieht, um zu vermeiden, dass Kommentare von Menschen abgegeben werden, die nicht in einem Mandatsverhältnis zum Rechtsanwalt standen. Auch 123recht.net ist eine Plattform, über die Anwälte gefunden und bewertet werden können. Die Besonderheit liegt darin, dass es möglich ist, den Anwalt gleich über die Webseite mit einem Mandat zu beauftragen. Möglich macht dies ein Rechtsshop, in dem anwaltliche Tätigkeiten zum Festpreis angeboten werden können. Zudem kann auch eine schriftliche Beratung in Einzelfragen erfolgen. Wie in einem herkömmlichen Onlineshop haben die Mandanten daraufhin die Gelegenheit, die Arbeit des Anwalts zu bewerten. Unter anderem können Sterne dafür vergeben werden, wie verständlich der Anwalt war, wie ausführlich die Arbeit und ob man den Anwalt weiterempfehlen würde. Bei Anwaltsvergleich24.de kann es passieren, dass Profile auch ohne das Wissen des Anwalts eingestellt werden. Mandanten können ihren Anwalt und eingeschränkt Informationen über diesen eintragen und ihn daraufhin mit Noten bewerten, etwa für Freundlichkeit, Schnelligkeit oder Zuverlässigkeit. Wenn Rechtsanwälte die Daten selbst verwalten und vielleicht ein Foto oder besondere Qualifikationen hinzufügen möchten, müssen sie hingegen eine kostenpflichtige Mitgliedschaft eingehen.2/2: "Man muss auch negative Kritik akzeptieren"
Bei allen Plattformen müssen die Rechtsanwälte damit leben, wenn schlechte Noten vergeben werden. "Man muss auch negative Kritik akzeptieren, das gehört dazu", meint auch Christian Wolf. Nur wenn ein Kommentar sachlich nicht gerechtfertigt ist, es zum Beispiel zu persönlichen Anfeindungen, politisch oder ethisch nicht korrekten Kommentaren kommt, werden Bewertungen gelöscht. Auch Rechtsanwalt Wolf musste bereits bei Portalen die Löschung einer Bewertung beantragen. So beschwerte sich eine Frau öffentlich über seine Arbeit. Doch es stellte sich heraus, dass sie niemals seine Mandantin war. Das Bewertungsportal entfernte die Bewertung daraufhin unbürokratisch. Bei vielen Portalen haben Rechtsanwälte zudem die Möglichkeit, auf die Bewertung zu reagieren. Dies ist unter Umständen dann sinnvoll, wenn bestimmte Kritikpunkte erklärungsbedürftig sind. Man sollte dabei längst nicht jede Bewertung, die man subjektiv als störend empfindet, kommentieren oder in einen ständigen Rechtfertigungsmodus verfallen. In manchen Fällen aber gibt es - für den Berufsträger oft ganz selbstverständliche, für den Mandaten aber durchaus interessante – einfache und greifbare Fakten oder Umstände, die ein schiefes Bild schnell wieder gerade rücken können. So muss zum Beispiel die lange Bearbeitungsdauer eines Mandats nicht auf den Anwalt oder seine Kanzlei zurückzuführen sein, sondern kann auch am Gericht, dem Gerichtsvollzieher oder der Gegenseite gelegen haben, also dem Einflussbereich des Anwalts entzogen sein.Verwaiste Seiten meiden
Wer sich dafür interessiert, ein Profil auf einem Portal anzulegen, der sollte sich gut ansehen, wie transparent das System dahinter ist. So hat es im Netz für viel Unmut gesorgt, dass nach der Übernahme von Qype durch Yelp plötzlich bestimmte Bewertungen für den Nutzer nicht mehr sichtbar waren. Die Plattform filtert Bewertungen unter anderem, um Manipulationen zu verhindern. Setzt eine Plattform solche Filter ein, sollten sie zumindest transparent sein. Schließlich wird dadurch die Darstellung des Ergebnisses beeinflusst. So kann es sein, dass Personen, die häufig Bewertungen abgeben, gegenüber denjenigen bevorzugt werden, die sich nur einmal zu Wort melden. Wolf rät zu Portalen mit einer hohen Reichweite. Ein gutes Zeichen sei es, wenn schon viele Anwälte dort vertreten seien. Ob dies spezialisierte Plattformen sein müssen, das bezweifelt der Anwalt. "Es muss schon eine Seite sein, auf die auch Otto-Normal-Verbraucher zugreifen." Es nutzt Rechtsanwälten nichts, wenn sie ihr Profil auf einer exklusiven Seite angelegt haben, diese aber niemand im Netz findet oder aufsucht. In jedem Fall ist es sinnvoll, Angebote zu testen. Manche kostenpflichtige Plattformen liegen bei rund 500 Euro im Jahr. Dieser Betrag sollte durch neue Mandate mindestens wieder eingespielt werden. Wenn später einmal viele – hoffentlich gute – Bewertungen zusammengekommen sind, kann dies auf der eigenen Seite auch als Referenz genannt werden. Mit nicht geringem Effekt. Schließlich lebt das Anwaltsgeschäft, auch im Internet, von Empfehlungen. Und um nichts anderes handelt es sich bei den Bewertungen auf den Internetportalen. Darauf sollten Sie achten:- Suchen Sie sich stark frequentierte Bewertungsseiten mit einem guten Suchmaschinenranking, wenn Sie ein Profil anlegen wollen.
- Nicht nur spezialisierte Anwaltsseiten sind eine Überlegung wert, sondern auch die vielen lokalen und überregionalen Bewertungsseiten für Dienstleistungen.
- Keine Angst vor Kritik. Wenn sie über das Ziel hinaus schießt, unsachlich oder persönlich angreifend wird, können sie Bewertungen durch den Betreiber des Portals löschen lassen.
- Sorgen Sie für positive Kritiken: Motivieren Sie zufriedene Mandanten, ihre Zufriedenheit auf dem Portal auch zum Ausdruck zu bringen.
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2014 M11 13
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