Der Rechtsanwalt von Cornelius Gurlitt im Interview: Sein Mandant sei durchaus bereit, mit Erben über die Rückgabe von Bildern zu verhandeln. Außerdem in der Presseschau: Adoptionsrecht für Homo-Paare, Geldstrafe für Methadon-Arzt, ein Neonazi und angebliche Notwehr, ein umstrittener Internetpranger in Schweden und ein spektakulärer Einbruch in Dresden.
Thema des Tages
Gurlitt-Anwalt im Interview: Die SZ (Jörg Häntzschel - Zusammenfassung auf sueddeutsche.de) führt ein Interview mit dem Rechtsanwalt von Cornelius Gurlitt. Hannes Hartung erklärt darin, er vertrete Gurlitt im privatrechtlichen Bereich und verhandele auch mit Erben, die Bilder aus dem Schwabinger Kunstfund zurück verlangen. Gurlitt werde sich dabei nicht stur auf die Verjährung berufen und sagen "Viel Glück, klagt doch mal!". Er sei grundsätzlich bereit, sich mit Eigentümern zu einigen. Bisher gebe es aber nur wenig "konkrete Rückgabeanfragen mit Nachweisen". Auch die FAZ (Julia Voss) berichtet, dass Hartung und Gurlitt an einer Einigung mit den Erben interessiert seien.
Reinhard Müller (FAZ) befindet, nachdem "kaum jemand" Ansprüche angemeldet habe, könne im Gurlitt-Fall "offenbar Entwarnung" gegeben werden. Der "vermeintlich riesige Raubkunst-Fund" sei zusammengeschrumpft, er habe ein "abschreckendes Beispiel für Einzelfall-Aktionismus mit Rückwirkung" gegeben. Müller betont, bei zivilrechtlichen Ansprüchen müssten Verjährungsfristen bestehen bleiben, denn irgendwann müsse "Schluss sein".
Rechtspolitik
Adoptionsrecht für Homo-Paare: Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will ein Gesetz auf den Weg bringen, das homosexuelle Paare beim Adoptionsrecht mit Hetero-Paaren gleichstellt. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine entsprechende Neuregelung bis Ende Juni verlangt. Der Tagesspiegel (Christian Tretbar) berichtet.
Doppelte Staatsangehörigkeit: Auf der Zeitgeschehen-Seite der FAZ befasst sich Reinhard Müller mit der doppelten Staatsangehörigkeit. Die große Koalition sei noch uneins, wie sie das Staatsangehörigkeitsrecht gestalten wolle. Ausländer- und Asylrechtler würden sich - mit Ausnahme des Kostanzer Professors Kay Hailbronner - zu viel mit Armutsmigration, Residenzpflicht und Frontex-Einsätzen befassen und zu wenig mit der Frage, wie Einwanderung "gesteuert und begrenzt" werden könne, insbesondere mit Regeln zur Staatsangehörigkeit. In der EU habe diese Frage zwar keine große Bedeutung mehr, mit der Türkei drohten aber Probleme.
Justiz
BGH zu Schufa: Der IT-Rechtler Gerrit Hornung kritisiert auf lto.de, dass die Wirtschaftsauskunftei Schufa nach dem Urteil des Bundesgerichtshofes keine Einzelheiten zur Berechnung von Scorewerten offen legen muss. So bleibe ein "Gefühl der Ausgeliefertheit". Die zunehmende Bedeutung von Algorithmen erfordere transparente Regeln. Die SZ (Daniela Kuhr) erklärt in Fragen und Antworten, welche Auskunftsrechte Verbraucher dennoch gegenüber der Schufa zustehen.
BGH zu Methadon-Arzt: Ein bayerischer Arzt muss eine Geldstrafe in Höhe von 360.000 Euro zahlen, weil er Suchtkranken regelmäßig erlaubte, eigenverantwortlich die Ersatzdroge Methadon einzunehmen, obwohl es offenbar Hinweise auf Missbrauch gab. Wie die FR (Ursula Knapp) berichtet, kam es zu einem Verfahren, nachdem ein Patient an einer Überdosis Methadon starb. Das Landgericht Deggendorf hatte 2012 die Geldstrafe und ein Berufsverbot verhängt, der Bundesgerichtshof hat das Urteil jetzt bestätigt.
OLG München – NSU-Prozess: Zum dritten Mal ist im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München der ehemalige Verfassungsschützer Andreas T. als Zeuge vernommen worde. Seine Rolle gilt als dubios, weil er offenbar bei dem Mord an Halit Yozgat in einem Kasseler Internetcafé, am Tatort war. spiegel.de (Gisela Friedrichsen) und die SZ (Tanjev Schultz) berichten. Demnach erklärte T. erneut, er habe die Tat nicht wahrgenommen. Ein Telefonprotokoll deute jedoch darauf hin, dass T. möglicherweise mehr wisse.
LG Freiburg – Neonazi überfährt Antifaschisten: Das Landgericht Freiburg wird am Freitag erneut entscheiden, ob der Neonazi Florian S. in Notwehr gehandelt hat, als er im Oktober 2011 mit dem Auto in eine Gruppe Antifaschisten fuhr, die ihn angreifen wollten – oder ob er wegen gefährlicher Körperverletzung bestraft wird. Einen Freispruch vom Juli 2012 hatte der Bundesgerichtshof kassiert, weil das Landgericht die Vorgeschichte nicht ausreichend gewürdigt hatte. S. hatte zuvor angekündigt, er warte auf einen Angriff, um Antifaschisten unter dem Vorwand der Notwehr "die Klinge fressen" zu lassen, so spiegel.de (Benjamin Schulz) in einem Bericht über den Prozess.
Ermittlungen im Kirch-Fall: Wie die FAZ (Joachim Jahn) berichtet, zeigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München, dass Investmentbanker der Deutschen Bank Szenarien entwickelt hatten, um an einer Insolvenz des mittlerweile verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch zu verdienen. Dies habe sich aus beschlagnahmten Unterlagen und Verhören ergeben. Teilweise hätten der damalige Bankchef Rolf-Ernst Breuer und sein Nachfolger Josef Ackermann von den Plänen gewusst. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf versuchten Prozessbetrug im Streit mit den Kirch-Erben.
Recht in der Welt
Schweden – Prangerseite: In Schweden stellt die Internetseite Lexbase Daten von verurteilten Straftätern ins Netz – so soll jeder sehen können, ob in seiner Nachbarschaft Straftäter leben. Nun gibt es scharfen Protest, unter anderem weil Adressen nicht aktualisiert werden und so auch Unschuldige in Verdacht geraten. Wie die SZ (Silke Bigalke) berichtet, erklärt die Datenschutzbehörde, sie könne nichts gegen den Internetpranger tun. Lexbase könne sich nach der schwedischen Verfassung auf die Meinungsfreiheit berufen, die einzige Lösung sei eine Verfassungsänderung.
Italien - Prozess um Meredith Kercher: Für den heutigen Donnerstag wird das inzwischen vierte Urteil im Mordfall um die Studentin Meredith Kercher erwartet. Die Welt (Tobias Beyer) schildert den komplizierten Mordfall und die etwaigen Folgen für die Angeklagten Amanda Knox und Raffaele Sollecito. Sie könnten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts in Florenz aber noch Einspruch beim Kassationsgericht einlegen.
Österreich – Vermummungsverbot: Das österreichische Demonstrationsrecht erläutert Lorenz Dopplinger auf juwiss.de. Anlass sind die Proteste gegen den "Akademikerball" 2014, der von Burschenschaften veranstaltet wird. Wie in den Jahren zuvor kam es dabei zu Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei.
Israel – Prozess um Sperranlagen: Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem will in den nächsten Wochen oder in wenigen Monaten über den Verlauf von zwei Teilstücken der Sperranlagen zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten entscheiden, so zeit.de. Die je rund 500 Meter langen Teilstücke könnten historische Kulturstätten zerstören. Auch die taz (Susanne Knaul) berichtet über den Prozess, in dem eine Entscheidung zunächst schon in dieser Woche erwartet worden war. Der Oberste Gerichtshof habe bereits in mehreren Fällen solche Bauvorhaben gestoppt.
Sonstiges
Auftragskiller: Britische Kriminologen haben erforscht, wie oft und von welchen Tätern Auftragsmorde begangen werden. spiegel.de (Frank Patalong) berichtet über die Studie.
52. Verkehrsgerichtstag: lto.de (Constantin van Lijnden) stellt das Programm des 52. Verkehrsgerichtstages vor, der am Mittwoch in Goslar begonnen hat.
Das Letzte zum Schluss
Spektakulärer Einbruch: Mit dem Auto ins Schaufenster rasen und dann den Laden ausräumen, das hatte offenbar im Berliner Apple-Store noch ganz gut geklappt, in Dresden flog die Bande nun aber wohl mit der gleichen Taktik auf. Sieben Männer wurden von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei festgenommen, meldet spiegel.de.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 30. Januar 2014: Gurlitt-Anwalt im Interview – Neonazi beruft sich auf Notwehr – Internetpranger in Schweden . In: Legal Tribune Online, 30.01.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10826/ (abgerufen am: 21.07.2024 )
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