Spielregeln für die Bankenrettung: Die EU-Finanzminister einigen sich auf einen Abwicklungsplan – ob's hilft? Außerdem in der Presseschau: Der Abmahnwahn soll sich nicht mehr lohnen, bei Zwillingen gibt es auch zweimal Elterngeld, Akten-Schreddern wird nicht geahndet, der Wechselwähler Richter Anthony Kennedy und dicke Eier vor dem LG Düsseldorf.
Bankenrettung: Die EU-Finanzminister haben sich auf einheitliche Regeln zur Bankenrettung geeinigt. Wenn Banken pleite gehen, sollen künftig zuerst die Anteilseigner beteiligt werden und an zweiter Stelle Gläubiger sowie Sparer mit mehr als 100.000 Euro Guthaben. Hilfen aus dem Eurorettungsschirm ESM gibt es nur in Notfällen. Die taz (Eric Bonse) erläutert die Einigung, die kurz vor dem Beginn des EU-Gipfels zustande kam. Die SZ (Andrea Rexer/Markus Zydra) stellt Fragen und Antworten zu den geplanten Regeln zusammen.
Nicola Liebert (taz) begrüßt die Entlastung der Steuerzahler. Die Motive der Bundesregierung, die eine gesamteuropäische Krisenstrategie verweigere, seien zwar "zweifelhaft", das Ergebnis sei jedoch sinnvoll. Christian Rickens (spiegel.de) hält die Haftungsregeln zwar für "gut und richtig", glaubt jedoch, in der Praxis werde es anders kommen: "Je strikter die Vorschrift, desto geringer die Chance, dass sich Politiker daran halten." Auch Cerstin Gammelin (SZ) reagiert verhalten. Es handele sich um einen wichtigen Schritt zu einem "Bankenpleiten-Handbuch", die Regeln kämen aber, mit Geltung von 2018 an, viel zu spät.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Abmahnungen: Der Bundestag hat am Donnerstag ein Gesetzespaket verabschiedet, um Verbraucher vor unseriösen Geschäftspraktiken zu schützen. Das betrifft insbesondere massenhafte Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen. Der Streitwert soll in der Regel auf 1.000 Euro begrenzt werden, so dass die Anwaltsgebühren sinken. Die Welt (Max Zimmermann) erläutert das Gesetz, das den "Abmahnwahn" zwar einschränke, aber noch zu viele Lücken aufweise.
Prostitution und Menschenhandel: Die taz (Heide Oestreich) spricht mit Kriminalhauptkomissar Helmut Sporer über Prostitution und Menschenhandel. Der Bundestag hat am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet, wonach die Strafbarkeit von Menschenhandel ausgedehnt und Prostitution als überwachungsbedürftiges Gewerbe eingestuft wird. Sporer kritisiert das Prostitutionsgesetz von 2002 und hält die Änderungen im Straf- und Gewerberecht für unzureichend.
Energiewende: Um die Rechtsprobleme der Energiewende geht es auf der Staat-und-Recht-Seite der FAZ in einem Beitrag von Erich Künzler, Präsident des Oberverwaltungsgerichts Bautzen. So sei fraglich, ob die Stilllegung von Atomkraftwerken die Eigentumsrechte der Betreiber verletze. Auch der Ausbau erneuerbarer Energien und die Trassenführung bei erweiterten Stromnetzen könnten eigentumsrechtliche Probleme aufwerfen.
Weitere Themen - Justiz
BSG zu Elterngeld: Eltern von Zwillingen bekommen zweimal Elterngeld, wenn sie beide zu Hause bleiben, um die Kinder zu betreuen. Das hat das Bundessozialgericht am Donnerstag entschieden. Wie die SZ (Ulrike Heidenreich) erklärt, argumentierte das Gericht, das Elterngeld sei auf das jeweilige Kind bezogen. Die Eltern konnten deshalb geltend machen, die Mutter bleibe für das eine, der Vater für das andere Kind zu Hause. Zugleich könne jedes Elternteil nur einmal Elterngeld beanspruchen – ein dreifacher oder vierfacher Anspruch bei Mehrlingen sei deshalb ausgeschlossen.
BGH zu kinderpornografischen Texten: lawblog.de (Udo Vetter) erläutert die Entscheidung des Bundesgerichtshofes, wonach es nicht strafbar ist, einen kinderpornografischer Text zu besitzen und an einzelne andere Personen weiterzugeben - auch wenn ein wirklichkeitsnahes Geschehen geschildert wird. Der Austausch in einem größeren Kreis, etwa über Internetforen, bleibe jedoch strafbar.
Streit um Elbphilharmonie: Wie die taz-nord (Sven.Michael Veit) berichtet, überlegt die CDU-Fraktion der Hamburger Bürgerschaft, den Streit um die Elbphilharmonie vor das Hamburgische Verfassungsgericht zu bringen. Derzeit werde geprüft, ob der Vertrag des Senats mit dem Baukonzern Hochtief gegen das Budgetrecht der Bürgerschaft, die Landeshaushaltsordnung und die Landesverfassung verstoße.
Mollaths Reifenstecherei: Die SZ (Olaf Przybilla/Uwe Ritzer) berichtet über Details aus dem Entwurf des Regensburger Oberstaatsanwaltes Wolfhard Meindl zum Wiederaufnahmeantrag im Fall Gustl Mollath. Meindl habe in dem Entwurf insbesondere die Behauptung scharf angegriffen, dass Mollath in besonders gefährlicher Weise Autoreifen zerstochen haben soll. In dem endgültigen Wiederaufnahmeantrag sei diese Argumentation Meindls jedoch nicht mehr enthalten.
Keine Ermittlungen nach Aktenskandal: Das Bundesamt für Verfassungsschutz muss keine strafrechtlichen Konsequenzen wegen geschredderter Akten fürchten, die offenbar Informationen zum Umfeld des NSU enthielten. Die Staatsanwaltschaft Köln hat gegenüber der SZ (Tanjev Schultz) mitgeteilt, sie sehe keinen Anfangsverdacht für strafrechtlich relevantes Handeln.
Gutachten des ISGH: Darf der Internationale Seegerichtshof Gutachten erstellen? Dieser Frage geht Sebastian Tho Pesch auf dem JuWissBlog nach. Hintergrund ist eine Anfrage von sieben westafrikanischen Staaten an den Gerichtshof. Während umstritten ist, ob das ISGH-Statut eine solche Kompetenz umfasst, hat der Gerichtshof die Erstellung von Gutachten in seiner Geschäftsordnung ausdrücklich geregelt.
Weitere Themen – Recht in der Welt
USA – Richter Anthony Kennedy: spiegel.de (Sebastian Fischer) stellt den "Wechselwähler" am US-Supreme Court, Richter Anthony Kennedy, vor, der an den beiden aktuellen Entscheidungen des Gerichts zur Homo-Ehe und zum Wahlrecht ausschlaggebend beteiligt war.
Tunesien – Bewährung für Femen: Ein Berufungsgericht in Tunis hat die viermonatige Haftstrafe für drei Femen-Aktivistinnen zur Bewährung ausgesetzt, nachdem die Frauen sich für ihre Aktion entschuldigt hatten. Die taz (Reiner Wandler) berichtet.
Edward Snowden: Der US-Anwalt Michael Ratner, der Julian Assange und die Gruppe Wikileaks vertritt, befürchtet, PRISM-Enthüller Edward Snowden würde "sein Leben im Gefängnis verbringen", wenn er in die USA zurückginge. Im Interview mit der taz (Dorothea Hahn) spricht Ratner außerdem über ein mögliches Asyl in Ecuador, das Überwachungsprogramm der US-Regierung, die Haltung der US-Medien und die Lage von Julian Assange. Der Strafverteidiger Kai Peters erklärt im Interview mit lto.de (Claudia Kornmeier) die internationalen Regelungen zur Auslieferung.
Sonstiges
Asylrecht: Angesichts des Hungerstreiks von Asylsuchenden in München erläutert die SZ (Alex Rühle) das bestehende Asylrecht. Zwar sei es juristisch nicht möglich, den streikenden Flüchtlingen sofort Asyl zu gewähren. Die Aussage des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, jeder Asylsuchende erhalte ein ordentliches rechtsstaatliches Verfahren, sei jedoch "zumindest hinterfragbar". So würden etwa die Asylanträge von serbischen und mazedonischen Roma derzeit in Eilverfahren durchgeführt - und in der Regel abgelehnt -, während andere Asylsuchende teils jahrelang auf eine Entscheidung warteten.
Rechtsanwalt gegen GCHQ: lto.de (Constantin Baron von Lijnden) führt ein Interview mit dem Rechtsanwalt und Politiker Markus Kompa, der angibt, den britischen Geheimdienst GCHQ wegen der Verletzung von Urheberrechten abgemahnt zu haben. Er habe eine E-Mail mit einer von ihm im Jahr 1984 erstellten Mäuse-Zeichnung an einen Freund geschickt und gehe davon aus, dass diese Nachricht mitsamt dem "Kunstwerk" abgefangen und gespeichert wurde.
Das Letzte zum Schluss
Dicke Eier: Der Süßwaren-Hersteller Storck darf weiterhin "Dicke Eier" verkaufen. Seine Schokoküsse mit diesem Namen seien nämlich noch etwas gedrungener als die ähnlichen Exemplare einer Münsteraner Werbeagentur und wichen deshalb ausreichend vom geschützen Design ab, so das Landgericht Düsseldorf. süddeutsche.de berichtet über den Eier-Streit.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 28. Juni 2013: Einigung bei Bankenrettung – Schutz vor Abmahnungen – Doppeltes Elterngeld . In: Legal Tribune Online, 28.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9033/ (abgerufen am: 20.07.2024 )
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