Die juristische Presseschau vom 28. April 2017: Anwalt Sommer siegt in Straßburg / Eine Mil­lion für Helmut Kohl / Nack­t­reiter stellt sich

28.04.2017

Justiz

LG Köln zu Helmut Kohl: Bundeskanzler a.D. Helmut Kohl hat Anspruch auf eine Million Euro Schmerzensgeld. Zahlen soll sein ehemaliger Memoiren-Ghostwriter Heribert Schwan und dessen Verlag, weil Schwan in dem Buch "Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle" unter Bruch der Vertraulichkeit über hundert Zitate Helmut Kohls verwendete. Die Betroffenen haben Rechtsmittel angekündigt. Es berichten unter anderem der Tsp (Jost Müller-Neuhof) und die SZ (Detlef Esslinger).

Reinhard Müller (FAZ) begrüßt das Urteil: "Außer im Fall überragenden öffentlichen Interesses muss Vertrauliches vertraulich bleiben."

BGH zu Vergleichsportalen: Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, müssen Vergleichsportale offenlegen, wenn sie nur die Angebote von Unternehmen darstellen, die ihnen für Neukunden Provisionen zahlen. Konkret ging es um das Portal bestattungsvergleich.de. Die SZ (Benedikt Müller/Jan Schmidbauer) berichtet.

BGH zur Panoramafreiheit: Kunstwerke, die auf Kreuzfahrtschiffen angebracht sind, dürfen frei fotografiert werden. Wie der Bundesgerichtshof entschied, fallen auch sie unter die Panoramafreiheit, wonach urheberrechtlich geschützte Werke im öffentlichen Raum ohne Erlaubnis abgebildet werden dürfen, erläutert netzpolitik.org (Leonhard Dobusch).

BGH zu Saatgut: Eine Genossenschaft zur Aufbereitung von Saatgut muss die Namen der beteiligten Landwirte und Saatgutsorten an die Saatgut-Treuhandverwaltung (STV) melden, damit diese ggf. Lizenzgebühren eintreiben kann. Das entschied laut SZ (Jan Heidtmann) der Bundesgerichtshof, der damit die Position der Pflanzenzüchter gegenüber Bauern stärkte, die einen Teil der Ernte zur Neuaussaat verwenden, sogenannter Nachbau, und sich dabei auf alte Traditionen berufen.

EuGH zu Tarifklauseln im Arbeitsvertrag: Im Arbeitsvertrag enthaltene dynamische Verweise auf einen bestimmten Tarifvertrag gelten auch nach einem Betriebsübergang weiter. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verstößt nicht gegen EU-Recht, solange solche arbeitsvertraglichen Klauseln vom neuen Arbeitgeber einvernehmlich oder einseitig später geändert werden können, was in Deutschland der Fall ist. Dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall Asklepeios referiert spiegel.de. Der EuGH urteilte dabei arbeitnehmerfreundlicher als erwartet.

EuGH zum Streaming: Der Anwalt Christian Solmecke erläutert auf focus.de, was nach dem Streaming-Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom Mittwoch zu beachten ist. "Dass ein Angebot illegal sein kann, ist auch dann wahrscheinlich, wenn über den Anbieter aktuelle Kinofilme und Serien kostenlos abgerufen werden können."

LG München I zu sexueller Nötigung: Die FAZ (Patrick Bahners) schildert im Feuilleton ausführlich die zweitinstanzliche Entscheidung des Landgerichts München I, mit der Siegfried Mauser, der frühere Präsident der Münchner Musikhochschule, wegen sexueller Nötigung einer Professorenkollegin zu einer Bewährungsstrafe von zehn Monaten verurteilt wurde. Dabei weist die FAZ Kritik aus der Kulturszene zurück, wonach eine Verurteilung nicht möglich sei, wenn Aussage gegen Aussage stehe. Tatsächlich habe das Gericht die Aussage der Frau für glaubwürdiger gehalten.

AG Bremervörde zu renitentem Gaffer: Im sogenannten Gaffer-Prozess hat das Amtsgericht Bremervörde einen 27-Jährigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung zu einer viermonatigen Freiheitsstrafe verurteilt, so die SZ (Peter Burghardt). Der Angeklagte soll am Ort eines Verkehrsunfalls mit dem Handy gefilmt haben, was zu Rangeleien mit der Polizei und Rettungskräften führte. Die Strafe fiel mild aus, weil das Filmen nicht bewiesen werden konnte.

StA Görlitz – Bedrohung: Vor dem Prozess am Amtsgericht Kamenz, bei dem vier Männer angeklagt waren, weil sie einen psychisch gestörten Asylbewerber an einen Baum gefesselt hatten, erhielt der Staatsanwalt, der später der Einstellung des Verfahrens zustimmte, Todesdrohungen, meldet lto.de.

OLG München – NSU/Gutachter: Ein von der Verteidigung beauftragter Gutachter kritisierte den vom Gericht bestellten Zschäpe-Gutachter Henning Saß, seine Arbeit sei teilweise unwissenschaftlich, berichten spiegel.de (Julia Jüttner) und die FAZ (Katrin Truscheit).

LG Stuttgart – Daimler-Diesel: Die SZ (Max Hägler) berichtet über den Prozess der Deutschen Umwelthilfe gegen die Daimler AG vor dem Landgericht Stuttgart. Daimler solle die Werbeaussage "Bluetec reduziert die Emissionswerte unserer hochmodernen Dieselmotoren auf ein Minimum" unterlassen, weil dies bei niedrigen Temperaturen nicht stimme.

EuGH – Ryan Air: Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof hat im Verfahren um die gerichtliche Zuständigkeit von Ryan-Air-Beschäftigten seine Schlussanträge vorgelegt, berichtet lto.de (Tanja Podolski). Anhand der aufgelisteten Kriterien spreche einiges dafür, dass die Piloten in Belgien klagen können, wo ihr Arbeitstag beginnt und endet, und nicht in Irland, wo Ryan Air sitzt.

Thomas Fischer: Anlässlich des bevorstehenden vorgezogenen Ruhestands wird Bundesrichter Thomas Fischer von der taz (Benno Stieber) portraitiert. Unter dem Titel "Recht rücksichtslos" wird Fischers derbe Sprache und mangelnde Mäßigung dargestellt. Stieber hält es für möglich, dass Fischer "in eigener Sache ein ziemlich hemmungsloser Streithansel ist". Dabei schildert er ausführlich den Streit um eine von Fischer einst gekaufte Villa.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 28. April 2017: Anwalt Sommer siegt in Straßburg / Eine Million für Helmut Kohl / Nacktreiter stellt sich . In: Legal Tribune Online, 28.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22773/ (abgerufen am: 04.07.2024 )

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