Eine Milliarde Dollar soll Samsung an Apple zahlen. Doch schlimmer ist der Vorwurf des Plagiats. Außerdem in der Presseschau: Deutschland will einen neuen EU-Vertrag, die Beschneidungsdebatte tobt weiter, auch das Stechen von Ohrlöchern könnte strafbar sein und warum der Stift einer Lehrerin nicht ins Dekolleté einer Schülerin gehört.
Samsung verurteilt: Samsung muss wegen Patentverletzungen bei Mobilfunkgeräten rund eine Milliarde Dollar Schadensersatz an Apple zahlen. Samsung habe vor allem beim Design und bei der Benutzeroberfläche abgekupfert. Das entschied jetzt ein US-Bundesgericht. Samsung will aber Berufung einlegen. Und Apple will beantragen, dass Marktführer Samsung in den USA bis auf weiteres keine Smartphones mehr verkaufen darf. Das berichtet u.a. spiegel.de.
Thomas Kröter (FR) begrüßt das Urteil. Wenn die Firmen zu eigenständigen Innovationen gezwungen werden, nütze das dem Verbraucher. Dagegen kritisiert Axel Postinett (Handelsblatt): "Überbordende Schutzrechte behindern Innovation, statt sie zu fördern." Er fragt deshalb: "Wie viel Patentrecht verträgt eine Gesellschaft überhaupt?"
Zeit.de glaubt, dass der Prozess Samsung am Ende sogar nützen könnte, weil die Koreaner Apples Klagen besser wegstecken können als andere Mitanbieter.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Zukunft der EU: Deutschland drängt auf die Einberufung eines Konvents, der den Vertrag für eine politische Union Europas erarbeiten soll. Das meldet spiegel.de. Unter anderem geht es um eine direkte Kontrolle der nationalen Haushalte durch EU-Gremien. Die Ex-Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, Jutta Limbach, warnt in einem Beitrag für das Feuilleton der Montags-FAZ vor Illusionen. Die Vereinigten Staaten von Europa hätten "weder kurz- noch mittelfristig den Hauch einer Chance". Weder die Bürger noch die Eliten seien dazu bereit.
Beschneidungs-Debatte: Heribert Prantl (Montags-SZ) fordert in einem Leitartikel Mäßigung: "Für die Veränderung einer alten Kultur wirbt man nicht mit den Mitteln des Strafrechts. Es wäre pervers, wenn sich - weltweit als Einzige - ausgerechnet die Deutschen anheischig machten, Juden mit Geld- und Haftstrafen zu erziehen." Im Feuilleton der Samstags-SZ erklärt Rechtsprofessor Reinhard Merkel, eine Verletzungserlaubnis der Eltern lasse sich nicht aus Freiheitsrechten ableiten, das Sorgerecht sei ein "treuhänderisches Mandat", das seine "zwingenden Grenzen" beim Kindeswohl finde. Wegen der "weltweit singulären Pflicht zur besonderen Sensibilität gegenüber allen jüdischen Belangen" bestehe jedoch so etwas wie ein "rechtspolitischer Notstand".
Über die Beratung des Deutschen Ethikrates zur religiösen Beschneidung berichtet nun auch lto.de (Thorsten Deppner). Die Verbände der Muslime warnen vor allzu hohen Auflagen für Beschneidungen, so die SZ (Silke Bigalke). Weitere kritische, aber auch positive Stellungnahmen hat fr-online.de (Markus Decker) zusammengestellt.
Anlegerrechte: Anwalt Markus Wollenhaupt analysiert auf dem Handelsblatt-Rechtsboard detailliert den Entwurf eines Kapitalanlagegesetzbuchs, den das Bundesfinanzministerium vorgelegt hat. Der Entwurf gehe teilweise über EU-Vorgaben hinaus. Dies könne dazu führen, dass betroffene Fondsmodelle künftig im Ausland realisiert würden.
Gleichstellung Ehe/Lebenspartnerschaft: Der Notar Herbert Grziwotz kritisiert auf lto.de den Referentenentwurf des Bundesjustizministerium zur Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe. Er beanstandet Regelungstechnik sowie -inhalte und befindet, die redaktionellen Änderungen zur sprachlichen Angleichung in unterschiedlichsten Gesetzen ließen "die weiterbestehende Ungleichbehandlung in finanzieller Hinsicht fast noch eklatanter erscheinen".
Weitere Themen – Justiz
OLG Dresden zu Bankgebühren: lawblog.de (Udo Vetter) berichtet über ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden. Danach dürfen Banken bei Krediten neben den Zinsen keine Bearbeitungsgebühren verlangen. Die von der Bank eingelegte Revision zum Bundegerichtshof sei aus taktischen Gründen inzwischen zurückgezogen worden.
ArbG FFM zu Mobbing: Über eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Frankfurt a.M. zu Mobbing am Arbeitsplatz informiert knapp spiegel.de. Bloße "Unhöflichkeiten" oder ein "harscher Tonfall" stellten kein Mobbing dar, so das Gericht im Fall einer Versicherungsangestellten.
Diplomatische Immunität im Arbeitsrecht: Die Anwälte Klaus Bertelsmann und Jürgen Kühling vertreten den Fall einer indonesischen Hausangestellten, die von einem saudischen Diplomaten in Deutschland misshandelt und um ihren Lohn betrogen worden war. Im Interview mit lto.de (Claudia Kornmeier) erläutern die Anwälte die Rechtslage, ihre Prozessziele, warum das Bundesarbeitgsgericht keine Grudsatzentscheidung treffen konnte und wie der Prozess weitergeführt werden soll.
Kindeswohl und Ohrlöcher: Im Rahmen eines Schmerzensgeld-Prozesses, den Eltern einer Dreijährigen wegen traumatischer Reaktionen nach dem Ohrlochstechen gegen ein Tattoo-Studie führen, will das Amtsgericht Berlin-Lichtenberg prüfen lassen, ob die Eltern sich "strafbar gemacht haben", so die Samstags-taz (Elisabeth Gamperl). Fraglich sei, ob eine "wirksame Einwilligung" der Eltern zum Ohrlochstechen vorliege oder das Kindeswohl entgegenstehe. Christian Rath (Samstags-taz) benennt in einem ironischen Kommentar weitere Strafbarkeitslücken beim Schutz des Kindeswohls.
Holger Härter vor Gericht: Am 5. September beginnt vor dem Landgericht Stuttgart der Prozess wegen Kreditbetrugs gegen den ehemaligen Finanzvorstand bei Porsche, Holger Härter. Der Spiegel (Frank Dohmen/Dietmar Hawranek) erläutert, in welchem Zusammenhang der Vorwurf mit dem "Übernahme-Krimi" von Porsche und VW steht und porträtiert die Karriere des "introvertierten" Ex-Vorstands.
Max Mosley gegen Google: "Was nützt ein Urteil aus der analogen Welt in der digitalen?" fragt der Spiegel (Isabell Hülsen) zum Prozess Max Mosleys, ehemaliger Präsident des Motorsportverbands FIA, gegen Google, der im September vor dem Landgericht Hamburg beginnt. Es gehe um persönlichkeitsrechtsverletzende Bilder einer Sex-Party, die immer wieder illegal auf Webseiten auftauchten. Mosley wolle nun, dass Google die Vorschaubilder komplett herausfiltere und die Seiten im Suchindex gar nicht anzeige.
NSU-Anklage: fr-online.de (Andreas Förster) weist darauf hin, dass die Bundesanwaltschaft nach eigener Darstellung noch nicht entschieden habe, ob sie Beate Zschäpe auch wegen Beteiligung an den NSU-Morden anklage. Die Ankläger traten damit der Darstellung mehrerer Medien entgegen.
NRW-Steuerermittlungen: Die Montags-SZ (Hans Leyendecker) meldet, dass die Steuerfahndung in NRW derzeit drei neue CDs und eine Papierliste mit den Daten von Steuerhinterziehern in der Schweiz auswerte. Konkret gehe es um Kunden der UBS, der Privatbanken Coutts und Julius Bär sowie der Schweizer Niederlassung von Merrill Lynch.
Altersgrenzen: Die Montags-SZ (Wolfgang Janisch) gibt einen Überblick über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie deutscher Gerichte zur Zulässigkeit fester Altersgrenzen im Arbeits- und Beamtenrecht.
Weitere Themen – Recht im Ausland
Norwegen – Breivik-Verurteilung: Die Samstags-SZ (Gunnar Herrmann) und spiegel.de (Gerald Trauvetter) berichten über das Urteil gegen Anders Breivik, der am Freitag wegen Terrorismus und mehrfachen Mordes zu 21 Jahre Gefängnis und Sicherungsverwahrung verurteilt worden ist. Auf eine Berufung wolle Breivik verzichten. Die Staatsanwaltschaft, welche die Zwangseinweisung in die Psychiatrie gefordert habe, habe nun zwei Wochen Bedenkzeit.
Das Strafmaß erläutert die taz (Reinhard Wolff): "Lebenslängliche Haft" gebe es im norwegischen Strafrecht nicht. Die Höchststrafe dürfe 21 Jahre nicht übersteigen; anschließend könne das "Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft" eine höchstens fünfjährige Verlängerung beschließen – dies könne ohne Obergrenze wiederholt werden.
Mit dem Urteil sei das liberale Norwegen in der Realität angekommen, kommentiert Gisela Friedrichsen (Spiegel). Die bisherige Praxis, Straftäter "im Zweifel" in die Psychiatrie einzuweisen, gehöre wohl der Vergangenheit an. Einen Neuanfang bedeute das Urteil im Hinblick auf die versäumte Debatte über Sicherheit, Fremdenangst, Zuwanderung und Ausländerkriminalität.
Sonstiges
AGB - Too long, didn't read: Die FAS (Jonas Jansen) berichtet über den Pariser Jura-Studenten Hugo Roy, der das Internet-Projekt "ToS;dr" - Terms of Service; didn't read - aufgebaut hat: "Ein Jurastudent liest für uns alle AGB". Nutzungsbedingungen von Diensten wie Google, Facebook oder Skype werden dort studiert und bewertet.
Pussy Riot in deutschen Kirchen?: In einem Kurz-Interview mit dem Spiegel spricht der Professor für Rechtsgeschichte und Kirchenrecht René Pahud de Mortanges darüber, was man "in einer deutschen Kirche tun muss, um im Gefängnis zu laden". Eine Zigarette zu rauchen sei wohl noch keine Störung der Religionsausübung. Strafrechtsprofessor Klaus Volk kommt in einem Beitrag für die Montags-SZ zum Schluss, das das Verhalten von Pussy Riot in einer deutschen Kirche als "beschimpfender Unfug" strafbar gewesen wäre, allerdings mit einer letztlich wohl geringeren Strafe.
Das Letzte zum Schluss
Geldbuße wegen Dekolleté-Pädagogik: Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft hatte einer örtlichen Lehrerin die Beleidigung einer Schülerin vorgeworfen, weil die Lehrerin dem 15-jährigen Mädchen einen Stift in den Ausschnitt gesteckt hatte. Jetzt wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 400 Euro eingestellt, berichtet spiegel.de. Die Lehrerin wollte die Schülerin auf ihre in der Schule vermeintlich unangemessene Kleidung hinweisen.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in den heutigen Printausgaben oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dc/chr
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. bis 27. August 2012: Samsung in USA verurteilt - Breivik in Norwegen verurteilt - Pussy Riot in deutschen Kirchen . In: Legal Tribune Online, 27.08.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6927/ (abgerufen am: 19.07.2024 )
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