Die juristische Presseschau vom 26. Juni 2013: EuGH sieht Vorratsdatenspeicherung skeptisch – Kein Recht auf Vergessenwerden- "Schluss mit Prozesstricks"

26.06.2013

Weitere Themen – Justiz

EuGH-Generalanwalt zum Recht auf Vergessenwerden: Niilo Jääskinen, Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof, hat sich in einem Gutachten u.a. gegen ein sogenanntes "Recht auf Vergessenwerden" für das Internet abgeleitet aus den EU-Datenschutzregelungen ausgesprochen. Der Konzern Google dürfe nicht zur "Löschung zutreffender Angaben über einzelne Personen gezwungen werden", erläutert die FAZ (Joachim Jahn); lediglich bei unvollständigen oder falschen Daten bestehe für die Betroffenen ein Recht zur Sperrung. Google sei nicht der datenschutzrechtlich Verantwortliche, da es keine Kontrolle über die Inhalte von Anbietern anderer Websites habe, so der Generalanwalt laut FAZ. Die Anwendbarkeit nationaler Datenschutzgesetze aber müssten Unternehmen hinnehmen, wenn sie in einem Land eine Niederlassung für die Vermarktung von Werbung einrichteten. Hintergrund sei eine Klage von Google gegen die spanische Datenschutzbehörde; den Streit habe die spanische Justiz dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Den konkreten Fall schildert zeit.de (Kai Biermann).

Thomas Stadler (internet-law.de) erläutert das Gutachten ebenfalls. Dazu auch spiegel.de (Felix Knoke).

Reinhard Müller (FAZ) kommentiert: Die Einschätzung Jääskinens sei "Wasser auf die Mühlen derjenigen, die eine Verschärfung des europäischen Datenschutzes fordern".

NSU-Prozess/ Wohnung des "Terror-Trios": Über den "nächsten Schritt in Richtung Widerlegung der These", Beate Zschäpe habe vom "tödlichen Treiben der beiden Uwes nicht zwangsläufig wissen müssen" am 15. Tag des NSU-Prozesses berichtet Gisela Friedrichsen (spiegel.de). Bis ins letzte "Wohn-Detail" sei die Zwickauer Wohnung des NSU-Trios in Bildern unter die Lupe genommen worden. Über die "virtuelle Ortsbegehung" mit Zschäpe berichtet auch die SZ (Tanjev Schultz) sowie zeit.de (Tom Sundermann).

NSU-Prozess – Richter Götzl: "Entgegen vieler Befürchtungen" gelinge dem Vorsitzenden Richter Manfred Götzl die Führung des NSU-Prozess gut, wenn er auch manchmal ruppig ist, so Tanjev Schultz (SZ). Jedoch: Eine Frage des Respektes wäre es, wenn Götzl "wenigstens den Versuch unternähme", die türkischen Namen der NSU-Opfer richtig auszusprechen.

BAG zu Angabe des Kündigungstermins: Christian Rolfs informiert auf dem BeckBlog über eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes, wonach in einer ordentlichen Kündigung der Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen genüge. Der Arbeitgeber müsse den Kündigungstermin nicht angeben.

BVerwG zu Auskunftsrecht für Journalisten: Der WDR ist nach dem Informationsfreiheitsgesetz und dem WDR-Gesetz zur Auskunft gegenüber Journalisten verpflichtet, die –wie im konkreten Fall Marvin Oppong - wissen möchten, ob es geschäftliche Beziehungen zwischen dem WDR und Firmen gibt, die "in Verbindung zu Mitgliedern des WDR-Rundfunkrates stehen". So entschied bereits das Oberverwaltungsgericht Münster, wie die FAZ (Michael Hanfeld) im Medien-Teil berichtet: Mit einer Nichtzulassungsbeschwerde des WDR war der Fall bis zum Bundesverwaltungsgericht gegangen.

OVG Lüneburg zu Identitätsfeststellung von Polizei-Filmern: Mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Lüneburg, dass die Polizei die Identität von Personen feststellen darf, die Polizeibeamte im Einsatz filmen bzw. fotografieren, befasst sich der Versammlungsrechtsexperte Klaus Weber für lto.de. Die Polizisten hätten von der "Gefahr" ausgehen können, dass die Aufnahmen von ihnen veröffentlicht würden. Weber sieht in der Identitätsfeststellung als Maßnahme der Gefahrerforschung keinen gravierenden Eingriff.

Anders sieht es Udo Vetter (lawblog.de): Der kalte Hauch der "Einschüchterung durch Kontrolle" wehe durch den Beschluss. Völlig harmlos komme es beim Bürger eben nicht an, wenn er sich für grundsätzlich rechtmäßiges Verhalten erfassen lassen müsse. Auch könne eine Bild-Veröffentlichung in bestimmten Fällen zulässig sein.

LG Bremen zu Kopftuchverbot in Fitnessstudio: Das Landgericht Bremen hat in zweiter Instanz das Kopftuchverbot eines Sportstudios bestätigt, so spiegel.de. Das Fitnessstudio habe die Kopfbedeckung untersagt, um Verletzungen an Trainingsgeräten vorzubeugen. Eine diesbezügliche Diskriminierungsklage bleibt damit erfolglos, eine Revision ist nicht zugelassen.

GBA/ StA Stuttgart – Ermittlungen zu Terrorvorbereitungen: Über die jüngsten Terror-Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart sowie der Bundesanwaltschaft in Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen berichtet u.a. der SWR-TerrorismusBlog (Holger Schmidt). Die Stuttgarter ermittelten gegen Männer, die "durch Geldüberweisungen aufgefallen" seien. Der Generalbundesanwalt ermittle gegen die zwei festgenommen Studenten, die unter dem Verdacht stehen einen Anschlag mittels ferngesteuerter Modellflugzeuge geplant zu haben. Separat erläutert Schmidt die wechselnden Ermittlungszuständigkeiten im Fall des GBA.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 26. Juni 2013: EuGH sieht Vorratsdatenspeicherung skeptisch – Kein Recht auf Vergessenwerden- "Schluss mit Prozesstricks" . In: Legal Tribune Online, 26.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9009/ (abgerufen am: 20.07.2024 )

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