Die juristische Presseschau vom 25. Juni 2013: Berlusconi verurteilt - Kettenbefristungen - positive Diskriminierung

25.06.2013

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EuGH zu Verbotsirrtum im Kartellrecht: Rechtsanwalt Maxim Kleine informiert im handelsblatt-rechtsboard über ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Nach diesem können sich Unternehmen einer Kartellbuße nicht mit dem Vortrag entziehen, aufgrund einer fehlerhaften anwaltlichen Beratung irrtümlich von der Rechtmäßigkeit des eigenen Handelns ausgegangen zu sein. Auf Vertrauensschutz könne sich nur berufen, wem die zuständige Behörde eine präzise Zusicherung gegeben habe.

OLG München – NSU-Prozess: Als eine "Dia-Schau des Schreckens" beschreibt die SZ (Tanjev Schultz) den gestrigen Verhandlungstag im Verfahren gegen Beate Zschäpe und andere vor dem Oberlandesgericht München. Zu Beginn der Beweisaufnahme erläuterte ein Kriminalbeamter anhand von Tatortfotos die Umstände der Ermordung eines türkischen Kleinunternehmers. Die mehrfach wiederholte Betonung der in dem Räumen des Opfers herrschenden Unordnung durch den Beamten habe "wenig Taktgefühl" bewiesen.

OLG Nürnberg zu Mollath: Das Oberlandesgericht Nürnberg hat einem Bericht der SZ (Olaf Przybilla/Uwe Ritzer) zufolge eine von Gustl Mollaths Anwalt Gerhard Strate eingelegte Untätigkeitsbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Der Rechtsbehelf, welcher sich gegen das mit dem Wiederaufnahmeantrag beschäftigte Landgericht Regensburg richte, sei gesetzlich nicht vorgesehen. Zudem stelle sich die bislang noch nicht erfolgte Entscheidung nicht als "endgültige Rechtsverweigerung" dar. Strate habe eine Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss angekündigt. Gegen den Anwalt ermittelt derweil die Hamburger Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Veröffentlichung amtlicher Schriftstücke eines Strafverfahrens.

Kettenbefristung: Anlässlich der bevorstehenden Sommerferien erinnert Rechtsanwältin Sandra Urban-Crell auf lto.de an das arbeitsrechtliche Phänomen der sogenannten Kettenbefristungen im öffentlichen Dienst. Viele nicht verbeamtete Lehrer seien aufgrund dieser Einstellungspraxis während der Sommermonate auf ALG I oder II angewiesen. Ein Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom März entsprach der Entfristungsklage einer Lehrerin, die mehr als zehn Jahre auf Grundlage von vierzehn befristeten Arbeitsverträgen tätig gewesen war. Nach Einschätzung der Autorin dürfte der Richterspruch auch in den höheren Instanzen Bestand haben. Denn zwei Grundsatzurteile des Bundesarbeitsgerichts setzten der Zulässigkeit von Kettenbefristungen enge Grenzen.

LAG Düsseldorf zu Kettenbefristung: Rechtsprofessor Christian Rolfs berichtet auf blog.beck.de über ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, nach dem eine tarifvertraglich gestattete Kettenbefristung nicht gegen höherrangiges Recht verstößt. Die Tarifparteien hätten von der Möglichkeit des § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG Gebrauch gemacht, das streitige Arbeitsverhältnis sei nicht durch institutionellen Rechtsmissbrauch zustande gekommen.

OVG Lüneburg zu Aufnahmen von Polizeibeamten: Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hat in der vergangenen Woche entschieden, dass die Polizei die Identität derjenigen Personen feststellen darf, die Polizeibeamte im Einsatz filmen oder fotografieren. Voraussetzung ist, dass Anhaltspunkte für die beabsichtigte Verbreitung der Aufnahmen bestehen. Thomas Stadler (internet-law.de) unterzieht den Beschluss einer kritischen Würdigung.

VG Berlin zu Jüdischer Gemeinde: Wie die FAZ (Mechthild Küpper) berichtet, hat das Verwaltungsgericht Berlin in einer Eilentscheidung festgestellt, dass das Land Berlin der Jüdischen Gemeinde zu Berlin auch weiterhin den in einem Staatsvertrag vereinbarten Zuschuss in voller Höhe zahlen muss. Der Berliner Senat hatte die Zuwendungen wegen Unklarheiten im Wirtschaftsplan der Gemeinde gekürzt. Nach Feststellung des Gerichts sieht der Staatsvertrag jedoch keine derartigen Einschränkungen vor. Das Land besitze lediglich ein nachträgliches Prüfrecht.

LG Frankfurt zu E-Zigaretten: Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. verstößt der Vertrieb von nikotinhaltigen Flüssigkeiten für E-Zigaretten, sogenannten "Liquids", gegen das Tabakgesetz. Ein Händler wurde daher zu einer Geldstrafe verurteilt, schreibt die taz (Arno Frank). Die Anklage hatte dem Verurteilten ursprünglich einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz vorgeworfen. Der Prozess gelte als Pilotverfahren, weil bislang nur widersprüchliche Urteile von Verwaltungsgerichten und Einschätzungen von Gesundheitsbehörden zur Frage der rechtlichen Einordnung als Tabakerzeugnis bzw. Arzneimittel vorlägen.

LG Essen - Arcandor-Untreue: Wie die FAZ (Joachim Jahn) berichtet, hat die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte in Bochum beim zuständigen Landgericht Essen Anklage gegen Thomas Middelhoff wegen Untreue erhoben. Dem früheren Chef des Kaufhauskonzerns Arcandor werde vorgeworfen, private Charterflüge über das Unternehmen abgerechnet und hierbei einen "hohen sechsstelligen" Betrag veruntreut zu haben. Vor einer Zivilkammer des gleichen Gerichts wird zur Zeit eine millionenschwere Schadensersatzklage des Insolvenzverwalters des Unternehmens gegen Middelhoff verhandelt. Auch die SZ (Klaus Ott) berichtet.

Steuerschlupfloch Aktienhandel: Die SZ (Klaus Ott) schreibt in ihrem Wirtschafts-Teil über das mühsame Stopfen eines Steuerschlupfloches. Bereits 2002 hätte der Bundesverband deutscher Banken das Bundesfinanzministerium darauf aufmerksam gemacht, dass bei sogenannten Leerverkäufen von Aktien der Fiskus nachträglich mehr erstatten würde, als er vorher eingenommen habe. Zögerliches Einschreiten von drei Finanzministern habe dazu geführt, dass dieses Schlupfloch erst seit 2012 nicht mehr vorhanden sein. In "sehr mühsamen" und vermeidbaren Verfahren gegen teils renommierte Geldhäuser würde nun versucht, Geld zurückzubekommen. Allein in Hessen seien rund 40 Steuerverfahren anhängig.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 25. Juni 2013: Berlusconi verurteilt - Kettenbefristungen - positive Diskriminierung . In: Legal Tribune Online, 25.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9003/ (abgerufen am: 20.07.2024 )

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