Ein Inventar der Bundesrepublik mit Kois im Garten: Die SZ besucht den Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim. Außerdem in der Presseschau: Kroatien will Änderungen am Europäischen Haftbefehl, das Verfassungsgericht verlangt Auskunft im Mollath-Fall, Rechtswissenschaftler diskutieren über Menschenwürde und Bremer Bürger freuen sich über verärgerte Polizisten.
Hans Herbert von Arnim: Die SZ (Detlef Esslinger) porträtiert den Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim in einer Reportage auf der "Seite Drei". Arnim ist emeritierter Professor für Öffentliches Recht an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer und gilt als scharfer Parteienkritiker. Er hat zahlreiche populäre Sachbücher veröffentlicht, zuletzt "Die Selbstbediener - Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen." Mit teilweise überzogenen Formulierungen und einer einseitigen Sichtweise sei Arnim jedoch auch oft auf Kritik gestoßen.
Der Spiegel meldet knapp, dass Arnim in dem Buch der bayerischen Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) vorwirft, zwei Entscheidungen des Bundesfinanzhofes und des Bundesverfassungsgerichts in der Öffentlichkeit falsch wiederzugeben. Beide Gerichte hätten die bayerische Praxis, Aufwendungen von Abgeordneten pauschal zu erstatten, nicht für zulässig erklärt, sondern die Frage offen gelassen.
Weitere Themen – Rechtspolitik
Europäischer Haftbefehl: Kurz vor dem EU-Beitritt Kroatiens am 1. Juli, will das Land den Europäischen Haftbefehl für kroatische Staatsbürger auf Verbrechen beschränken, die nach 2002 begangen wurden. Das berichtet die Samstags-FAZ (Karl-Peter Schwarz). Das Gesetz werde von kroatischen Medien als "Lex Perković" kritisiert, es solle offenbar verhindern, dass der ehemalige Geheimdienstoffizier Josip Perković nach Deutschland ausgeliefert werden muss. Perković wird von der Bundesanwaltschaft vorgeworfen, gemeinsam mit anderen Agenten 1983 im bayerischen Wolfratshausen einen Exil-Kroaten ermordet zu haben, der das Tito-Regime kritisiert hatte.
Google-Reaktion auf Leistungsschutzrecht: Google News reagiert auf das Leistungsschutzrecht für Presseerzeugnisse, das zum 1. August in Kraft tritt. Wie internet-law.de (Thomas Stadler) berichtet, will Google nur noch Inhalte von Verlagen veröffentlichen, die zuvor eine ausdrückliche Freigabe erteilt haben. Damit wolle Google Rechtsunsicherheit vermeiden – derzeit ist umstritten, inwiefern das Leistungsschutzrecht über die bisherigen urheberrechtlichen Regelungen hinaus geht.
Weitere Themen - Justiz
BVerfG verlangt Auskunft zu Mollath: Das Bundesverfassungsgericht hat das bayerische Justizministerium und die Bundesanwaltschaft gebeten, bis zum 23. Juli Stellungnahmen zum Fall Mollath abzugeben. Das berichtet die Samstags- SZ (Olaf Przybilla/Uwe Ritzer). Bereits im Januar 2012 hatte der Freiburger Rechtsanwalt Michael Kleine-Cosack Verfassungsbeschwerde eingereicht. Heribert Prantl (Montags-SZ) begrüßt den "Katastropheneinsatz" aus Karlsruhe. Die kurze Frist deute darauf hin, dass das Verfassungsgericht Zweifel daran habe, ob Mollath rechtmäßig in der Psychiatrie untergebracht ist.
Mollaths Verteidiger: Wie kanzlei-hoenig.de (Carsten R. Hoenig) berichtet, hat die Staatsanwaltschaft Hamburg ein Ermittlungsverfahren gegen den Verteidiger Gustl Mollaths, Gerhard Strate, eingeleitet. Strate wird vorgeworfen, mit seiner Dokumentation des Mollath-Falles verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen veröffentlicht zu haben. internet-law.de (Thomas Stadler) weist auf einen Schriftsatz von Strate an das Landgericht Regensburg hin. Demnach habe Mollaths Ex-Frau offenbar versucht, Mollath einzuschüchtern, indem sie ihm schon vor ihrer Strafanzeige einen falschen ärztlichen Attest faxte.
Kommentar zu Justizirrtümern: Hans Holzhaider (Samstags-SZ) erinnert im Leitartikel an weitere Justizirrtümer neben dem Fall Mollath und sinniert über die Schwierigkeit, Fehler einzugestehen.
BVerwG zu Sportwettenmonopol: Der Rechtsanwalt Oliver Brock erläutert auf lto.de ein Urteil des Bundesverwaltungsgericht vom Donnerstag, wonach das Sportwettenmonopol in Nordrhein-Westfalen jedenfalls bis 2012 gegen Unionsrecht verstoßen hatte. Mittlerweile ist ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft.
OLG Schleswig-Holstein zu Helmpflicht: Die Montags-taz (Julia Lauter) führt ein Interview mit dem Rechtsreferenten des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), Roland Huhn. Er kritisiert das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein, wonach eine Radfahrerin ohne Helm Mitschuld an einem Unfall trug. Entgegen der Ansicht des Gerichts sei es keine allgemeine Überzeugung unter Radfahrern, im Alltag einen Helm zu tragen: "Jede Wette: Der Bundesgerichtshof wird das Urteil aufheben", so Huhn.
LG München zu Abfindung für HRE-Aktionäre: Das Landgericht München hat am Freitag eine Klage von rund 270 ehmaligen Anlegern der Hypo Real Estate abgewiesen, die nach der Zwangsverstaatlichung der Immobilienbank eine höhere Abfindung verlangt hatten. 1,30 Euro pro Aktie sei jedoch sachgerecht. Die Samstags-Welt bringt einen Agenturbericht zu dem Prozess. Auch das Handelsblatt (Julian Mertens) berichtet.
AG Hamburg zu A.C.A.B.: Das Amtsgericht Hamburg hat einen 23-Jährigen zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro verurteilt, weil er eine Mütze mit dem Schriftzug "A.C.A.B." trug, was nach Ansicht des Gerichts für "All Cops Are Bastards" stehe. Damit sei der Mann gezielt auf eine Gruppe Polizisten zugegangen und habe sie herabwürdigen wollen. Die Samstags-taz (Andrej Reisin) schildert den Fall im Nord-Teil und geht auch auf die Auffassung des Karlsruher Anwalts Benedikt Klas ein, der darin eine Verletzung der Meinungs- und Bewegungsfreiheit sieht.
Weitere Themen – Recht in der Welt
England – Mathelehrer verurteilt: Ein englisches Gericht hat einen Mathelehrer zu fünfeinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen Kindesentführung verurteilt. Der Mann war im September 2012 mit einer damals 15-jährigen Schülerin nach Frankreich durchgebrannt, mit der er ein Verhältnis hatte. Das meldet spiegel.de.
Ungarn - Verfassungsreformen: Jan Werner Müller setzt auf verfassungsblog.de die Schwerpunktreihe "Ungarn – was tun" mit dem Beitrag "The Idea of Democracy Protection in the EU Revisited" fort. Müller lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der US-Universität Princeton.
USA/Kuba – Guantanamo-Prozess: Der Spiegel (Mathieu von Rohr) und der Focus (Peter Gruber) berichten von dem Prozess am US-Militärstützpunkt Guantanamo. Angeklagt sind fünf mutmaßliche Terroristen, die die Anschläge vom 11. September 2001 organisiert haben sollen, darunter der angebliche Chefplaner Chalid Scheich Mohammed.
Sonstiges
Menschenwürde: Verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) berichtet aus einer Konferenz des Wissenschaftskollegs "Recht im Kontext" zu Fragen der Menschenwürde. Was mit der Menschenwürde eigentlich gemeint sei, könne man zwar immer noch nicht beantworten, dafür kenne man "die Frage und ihre Verworrenheiten und Implikationen" um so genauer.
Überwachungsprogramme: Christian Rath (Montags-taz) vergleicht das Überwachungsprogramm des britischen Geheimdienstes GCHQ mit der Vorratsdatenspeicherung. Der CCHQ speichere nicht nur die Verkehrsdaten, sondern auch die Inhalte der Kommunikation und werte diese aus – was der Geheimdienst dann mit den Daten anfange, sei allerdings unklar.
Urheberrechte an Happy Birthday: Der Rechtsanwalt Sebastian Dosch schreibt auf lto.de über die Urheberrechte an "Happy Birthday". Während in den USA zur Zeit eine Gruppe Filmemacher den Musikverlag Warner/Chappell verklagt, der die Rechte hält, gelte in Deutschland noch bis 2016 die 70-jährige Schutzfrist für amerikanische Musiktitel.
"55 Gründe Rechtsanwalt zuwerden": Die Samstags-FAZ (Corinna Budras) stellt im Beruf-und-Chance-Teil das Buch "55 Gründe, Rechtsanwalt zu werden" des Rechtsanwalts Georg M. Oswald vor.
Das Letzte zum Schluss
Polizisten Proteste: Die Bremer Polizisten sind unzufrieden, die Besoldung ist ihnen zu niedrig – nun hat die Gewerkschaft der Polizei Protestaktionen angekündigt: Statt immer gleich Strafzettel auszustellen, wolle man mit den Bürgern erstmal freundlich reden. Das spült natülich auch kein Geld in die Kassen der klammen Stadt, erklärt die SZ (Charlotte Frank).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels. Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ak
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 22. bis 24. Juni: Hans Herbert von Arnim – BVerfG will Auskunft zu Mollath – Fragen zur Menschenwürde . In: Legal Tribune Online, 24.06.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8992/ (abgerufen am: 20.07.2024 )
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