Die juristische Presseschau vom 21. - 23. Dezember 2013: BVerfG schützt soziale Väter – Voßhoff für Vorratsdatenspeicherung – Abmahnwelle schwappt zurück

23.12.2013

Justiz

Redtube-Abmahnwelle: Im Zusammenhang mit der Abmahnwelle gegen Nutzer der Porno-Streaming-Website Redtube gab es Ende letzter Woche neue Entwicklungen, über die internet-law.de (Thomas Stadler) einen Überblick gibt. So hatte die FR (zys) berichtet, dass der Anbieter von Redtube beim Landgericht Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen The Archive erwirkt hatte, die es dem Unternehmen untersagt, Redtube-Nutzer abzumahnen. Zudem sei das Landgericht Köln inzwischen öffentlich "zurückgerudert" und habe verlauten lassen, hinsichtlich der Herausgabe der Nutzerdaten wohl einen Fehler gemacht zu haben. Daneben stünde eine mögliche computerstrafrechtliche Vergehen und gewerbsmäßiger Betrug im Raum. Die Samstag-SZ (Johannes Boie) widmet dem Thema ihre "Seite 3" und vermutet "Abzocke" hinter der Abmahnwelle. Die Samstags-taz (Falk Steiner) geht der Frage nach, ob Videostreaming in Deutschland eigentlich verboten ist.

Der Spiegel (Markus Brauck/Martin U. Müller) stellt den "Abmahnanwalt" Thomas Urmann und Christian Solmecke, einen seiner auf die Abwehr von Abmahnungen spezialisierten Gegenspieler, vor.

OLG Köln zu Tagesschau-App: Das Oberlandesgericht Köln hat am Freitag in zweiter Instanz entschieden, dass die "Tagesschau-App", ein Nachrichten-Programm der ARD für Smartphones, nicht gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstößt. Wie lto.de berichtet, hoben die Richter damit die erstinstanzliche Entscheidung des Kölner Landgerichts auf. Die klagenden Zeitungsverleger wollten Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.

LG Bielefeld – Organtransplantation: Das Landgericht Bielefeld musste nun doch nicht entscheiden, ob eine Klinik einem Patienten wegen nicht ausreichender Deutschkenntnisse eine Aufnahme in die Transplantationsliste verweigern darf. Wie lto.de berichtet, kamen die Parteien am Freitag in einem Vergleich überein. In den Augen des Medizinrechtlers Gunnar Duttke hätte die Klinik einen Dolmetscher hinzuziehen müssen, insoweit sei eine Klarstellung der Transplantations-Richtlinien der Bundesärztekammer wünschenswert.

LSG Stuttgart zu Treppensturz vor Kantine: Wer auf dem Weg zu Kantine stürzt und sich dabei verletzt, steht nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dieser gelte erst nach dem Durchschreiten der Kantinentüre, hat laut zeit.de das Landessozialgericht Stuttgart entschieden.

BVerwG zu Bundeswehr-Haarerlass: In der Tagesspiegel-Kolumne "Ein Spruch" äußert Jost-Müller Neuhof Unverständnis zur jüngsten Bestätigung des Haar- und Barterlasses der Bundeswehr durch das Bundesverwaltungsgericht. Dieser sei "der letzte große Witz der alten Bundeswehr" – zumal Frauen ihr Haar lang tragen dürften.

Kirch-Prozess: Die Samstags-FAZ (Joachim Jahn) berichtet über die sich zuspitzenden Falschaussagen-Ermittlungen gegen Vorstände der Deutschen Bank im Zusammenhang mit dem Kirch-Prozess. Das Handelsblatt (S. Afhüppe/F.-M. Drost/A. Höpner/H.-J. Jakobs/P Köhler/R. Landgraf/L. de la Motte) widmet dem "Informationskrieg" zwischen Deutscher Bank und Kirch-Erben sein Titelthema und gibt einen Überblick über die Auseinandersetzung und die jüngsten Entwicklungen. Derzeit hoffe die Deutsche Bank, dass der Bundesgerichtshof im ersten Quartal 2014 die Revision gegen das Schadensersatzurteil des Münchner Oberlandesgerichts zulässt.

Joachim Jahn (Samstags-FAZ) fragt in diesem Zusammenhang, ob der vielzitierte "rauchende Colt", eine E-Mail, die Überlegungen der Deutschen Bank zur Aufspaltung der Kirch-Gruppe belege, nicht "eher eine Schreckschusspistole, wenn nicht eine Nebelkerze" sei. Immerhin gehe es zunächst nur um "reine Gedankenspiele" von Investmentbankern, die noch keine Falschaussage belegten. Rüdiger Jungbluth (zeit.de) hält es für legitim, dass die Kirch-Erben von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft profitieren – anders hätten sie ihre "berechtigten" Ansprüche gegen die Bank nie durchsetzen können.

LG München – Ritter Sport: Samstags-SZ (Ekkehard Müller-Jentsch) und Samstags-FAZ (Corinna Budras) berichten über den Prozess zwischen dem Schokoladenhersteller Ritter Sport und der Stiftung Warentest vor dem Landgericht München. Es gehe um die Frage, ob der Aromastoff Piperonal "natürlich" sei. Einen Vergleichsvorschlag des Gerichts, sich auf einen gemeinsamen Gutachter zu einigen, hätten beide Parteien abgelehnt. Auch die Samstags-Welt berichtet ausführlich.

BAG zu HIV-Infektion: Der Arbeitsrechtler Michael Fuhlrott analysiert auf lto.de das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Entlassung von HIV-infizierten Arbeitnehmern. Mit dem Urteil vollziehe das Gericht eine Rechtsprechungsänderung, setze dabei aber "lediglich" europäische Vorgaben um. Das Urteil werde deswegen wohl auch auf andere chronische Krankheiten anwendbar sein.

EuGH zu Versicherungsrecht: Die Montags-Welt (Kathrin Gotthold) beschäftigt sich mit den möglicherweise desaströsen Auswirkungen auf die Versicherungswirtschaft, die das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Widerspruchsrecht bei Lebensversicherungsverträgen haben könnte. Allerdings hänge vieles von der noch ausstehenden Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab.

Auschwitz-Prozesse: Vor dem Hintergrund des Strafverfahrens gegen einen 92-jährigen ehemaligen SS-Mannes wegen Mordes an einem niederländischen Widerstandskämpfer fragt Joachim Käppner (Samstags-SZ) welchen Sinn es noch habe, "Greise zur Höchststrafe zu verurteilen". In seinen Augen gehe es dabei paradoxerweise weniger um die Männer selbst. Sondern um das Zeichen, das der Rechtsstaat mit einer Verurteilung setze.

OLG München – NSU Prozess: Die Samstags-SZ (Annette Ramelsberger) berichtet von der "quälenden" Videovernehmung der 91-jährigen ehemaligen Nachbarin der Hauptangeklagten Beate Zschäpe im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Die Vernehmung sei nach dem Versuch, die Zeugin zu ihrer Person zu vernehmen, abgebrochen worden, weil die Frau von der Situation überfordert gewesen sei. Nebenklagevertreter hätten darauf die Ladung der Zeugin kritisiert. Auch spiegel.de (Gisela Friederichsen) fragt, wie das passieren konnte.

LG Hannover – Wulff-Prozess: Ulrich Exner (Welt am Sonntag) hält es für "konsequent", dass im Korruptionsprozess gegen Christian Wulff vor dem Landgericht Hannover weder Staatsanwaltschaft noch Verteidigung auf das Einstellungsangebot des Richters eingegangen sind. Der Prozess habe bislang das ergeben, was auch die polizeilichen Ermittlungen ergeben hätten – auf dieser Grundlage sei der Prozess eröffnet worden, jetzt sei es für eine "pragmatische Lösung" eben zu spät.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 21. - 23. Dezember 2013: BVerfG schützt soziale Väter – Voßhoff für Vorratsdatenspeicherung – Abmahnwelle schwappt zurück . In: Legal Tribune Online, 23.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10454/ (abgerufen am: 02.07.2024 )

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