Intime Fotos müssen nach dem Beziehungsende gelöscht werden, entschied der BGH. Außerdem in der Presseschau: Fifa-Ethikkommission verhängt Sperren gegen Blatter und Platini, und Fußballvereine dürfen Verbandsstrafen nicht an Fans weitergeben.
Thema des Tages
BGH zu Intimfotos: Wenn während einer Beziehung intime Bildaufnahmen entstanden sind, hat der Ex-Partner nach dem Beziehungsende einen Anspruch darauf, dass die Bilder gelöscht oder zurückgegeben werden, entschied der Bundesgerichtshof in einem jetzt veröffentlichten Beschluss aus dem Oktober. Dies gelte auch, wenn der Besitzer der Bilder diese nicht verbreiten, sondern nur zu Erinnerungszwecken behalten wolle – das Recht der fotografierten Person auf Achtung ihrer Privat- und Intimsphäre sowie ihr Recht am eigenen Bild überwögen gegenüber diesem Wunsch. Die Bilder, die während einer Liebesbeziehung entstanden seien, seien als Teil des Sexuallebens innerhalb dieser Beziehung anzusehen, weshalb auch die Einwilligung der Fotografierten konkludent auf die Dauer der Beziehung beschränkt sei. Mit dem Beziehungsende bestehe aufgrund der Persönlichkeitsrechte ein Löschungsanspruch, weil insbesondere aufgrund des technischen Fortschritts ansonsten eine Kontrolle der betroffenen Person über den Zugriff auf die Bilder nicht möglich sei. Und derart intime Bilder seien geeignet, das Ansehen der Fotografierten gegenüber anderen zu beeinträchtigen. Für Bilder in Alltagssituationen gelte die allerdings nicht; diese dürften zur Erinnerung behalten werden. Dies berichtet lto.de (Anne-Christine Herr).
Rechtspolitik
Parteifinanzierung: Auf verfassungsblog.de beschäftigt sich die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna von Notz mit der Neuregelung des Parteiengesetzes, wonach der Parteienstatus aberkannt werden kann, wenn eine Partei sechs Jahre lang keinen Rechenschaftsbericht über ihre Finanzen abgegeben hat. Betroffen seien auch Parteien, die keine staatliche Teilfinanzierung erhalten. Bislang wurde diesen Parteien nur dann der Status entzogen, wenn sie sechs Jahre lang an keiner Bundes- oder Landtagswahl teilgenommen hat. Diese Teilnahme als konstitutives Element im Sinne des verfassungsrechtlichen Parteienbegriffs anzusehen, hält die Autorin für vertretbar, wogegen sie die Rechtfertigung der neuen Rechenschaftsablegung für zweifelhaft hält.
Kopftuchverbot in Berlin: In der Diskussion um das Kopftuchverbot für Lehrpersonal hatte die Berliner SPD-Fraktion ein Rechtsgutachten zum "Neutralitätsgesetz" beim Wissenschaftlichen Parlamentsdienst in Auftrag gegeben – und dieses Gutachten dann mit einem Sperrvermerk versehen lassen, so dass es nicht öffentlich zugänglich ist. Das berichtet der Tsp (Jost Müller-Neuhof). Das Gutachten, aus dem die SPD einzelne Auszüge selbst veröffentlicht hat, komme zum Schluss, dass das Neutralitätsgesetz verfassungswidrig sei.
Arbeitsmarktpolitik: In einem Gastkommentar in der FAZ kritisiert Johannes Vogel, FDP-Generalsekretär in Nordrhein-Westfalen, das geplante Gesetz zu Zeitarbeit und Werkverträgen. Dieses drücke ein Misstrauen gegenüber der arbeitsteiligen Wirtschaft und den Unternehmen aus, das den Interessen der Beschäftigten schade, die etwa von der Zeitarbeit durchaus profitierten. Neben anderen jüngeren Gesetzesänderungen vollziehe sich damit eine "wirtschaftspolitische Gegenreformation", die die Zukunftsfähigkeit Deutschlands gefährde.
TTIP-Gericht: Auf JuWiss.de beschäftigt sich der Kanzlei-Mitarbeiter Sebastian Wuschka mit dem von EU-Kommissarin Malmström vorgeschlagenen Modell eines Investitionsschutzgerichts mit zwei Instanzen. Er erläutert die Anforderungen an die Qualifikation und Neutralität der Entscheidungsträger und setzt sich mit der Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen auseinander. Im Ergebnis hält er die Vorschläge für nicht geeignet, grundsätzlichen Bedenken beizukommen, und spricht sich für eine multilaterale Lösung aus.
Rechtsextremistische Straftaten: Aufgrund des sprunghaften Anstiegs von Straftaten, die sich direkt oder indirekt gegen Flüchtlinge richten, soll ab dem kommenden Jahr eine neue Statistik eingeführt werden. In dieser sollen rechtsextremistisch motivierte Straftaten, etwa gegen Asylsuchende, Journalisten, Politiker oder Ehrenamtliche erfasst werden. Das meldet spiegel.de.
Datenschutz: Das Handelsblatt (Anja Stehle) befasst sich mit der Aufwertung der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zur obersten Bundesbehörde. Diese ermögliche eine unabhängige Arbeit anstelle der bisherigen Angliederung ans Bundesinnenministerium. Aufgabe der Beauftragten ist die Kontrolle der Bundesministerien, der Bundesbehörden, der Geheim- und Sicherheitsdienste sowie sämtlicher Telekommunikationsunternehmen und Postdienstleister. In einem ergänzenden Interview äußert sich die derzeitige Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Andrea Voßhoff zum verfassungsrechtlichen Auftrag ihrer Behörde und dem Safe-Habor-Urteil des EuGH.
BND-Affäre: Jost Müller-Neuhof (Tsp) argumentiert in einem Kommentar, dass nicht eine Gesetzesnovellierung die Missstände beim BND beheben werde – stattdessen bedürfe es gebildeter, kritischer Nachwuchsmitarbeiter, die Recht von Unrecht unterscheiden könnten.
Justiz
OLG Hamm zu Fußballfan-Strafe: Wenn gegen einen Fußballverein durch den Deutschen Fußballbund eine Verbandsstrafe verhängt wird, kann der Verein sich diese nicht von einem Zuschauer erstatten lassen – auch nicht, wenn dessen Fehlverhalten die Strafe begründet hat. Im konkreten Fall musste der 1. FC Köln unter anderem deshalb eine Strafe von 50.000 Euro zahlen, weil ein Fan im Stadion einen Böller geworfen hatte. Da jedoch die Strafregelungen des DFB zu komplex für das Verständnis der durchschnittlichen Zuschauer seien, fehle es am notwendigen Zurechnungszusammenhang zwischen dem Böllerwurf und der Strafe, wie lto.de berichtet.
OLG Hamm zu Internetverbot als Bewährungsauflage: Die Bewährungsauflage, keinen Internetanschluss vorzuhalten oder zu nutzen, kann rechtmäßig sein, entschied nun das OLG Hamm nach einem Bericht von lto.de. Im Falle eines wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften Verurteilten sei der Ausschluss vom Internet auch unter Beachtung der Grundrechte verhältnismäßig, weil dadurch erneuter Straffälligkeit vorgebeugt und Informationen aus anderen Quellen bezogen werden könnten. Lediglich zu bestimmten Schulungszwecken müsse die Nutzung gestattet werden.
LG Kiel zu Frauenmorden: Wegen der Ermordung einer 57-jährigen Hofbesitzerin und deren Mutter hat das Landgericht Kiel einen 29-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt, berichtet spiegel.de. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Verurteilte die Frauen nach einem Streit um Geld für einen Pkw tötete und die Leichen verbrannte, weshalb er zur Verdeckung einer Straftat und heimtückisch gehandelt habe. Die Verteidigung kündigte Revision an.
SG Chemnitz – Schwerbehinderung bei Pfarrern: Schwerbehinderte Beschäftige haben Ansprüche auf bestimmte sozialrechtliche Sonderregelungen, mit denen ihnen Nachteilsausgleiche aufgrund der Behinderung gewährt werden. Pfarrer, deren Beschäftigung als Geistliche nicht unter den Begriff des "Arbeitsplatzes" im SGB IV fällt, haben hingegen erst ab einem Grad der Behinderung von 50 Prozent einen Anspruch auf besonderen Schutz. Ein betroffener Pfarrer klagt nun beim Sozialgericht Chemnitz gegen einen Bescheid der Agentur für Arbeit, mit dem Gleichstellungsmaßnahmen abgelehnt wurden, wie lto.de (Tanja Podolski) berichtet.
AG Augsburg zu Katzennetz am Mietshaus: Ohne Zustimmung des Vermieters ist ein Mieter nicht berechtigt, ein Netz am Balkon anzubringen, um seine Katze vor Abstürzen zu schützen. Denn dies störe das Gesamtbild der Hausfassade erheblich und müsse nicht hingenommen werden, meldet lto.de.
Wahlprüfungsgericht Bremen zu AfD-Mandaten: In Bremen hat das Wahlprüfungsgericht entschieden, dass die Alternative für Deutschland einen weiteren Sitz in der Bürgerschaft erhalten muss, den die SPD abzugeben hat. Die AfD hatte das Ergebnis der Wahl im Mai angefochten und dann vor dem Verwaltungsgericht das Recht erkämpft, die Stimmzettel zu prüfen. Aufgrund von verschiedenen Unregelmäßigkeiten in Bremerhaven wurde das Wahlergebnis nun geändert, wie die taz (Benno Schirrmeister) berichtet.
Recht in der Welt
Fifa-Ethikkommission zu Blatter/Platini: Die Ethikkommission des Fußball-Weltverbands Fifa hat den derzeitigen Fifa-Chef Joseph Blatter und Uefa-Präsident Michel Platini wegen des Skandals um ihren Zwei-Millionen-Deal im Jahre 2011 für acht Jahre gesperrt und Geldstrafen verhängt, berichtet unter anderem die FAZ (Michael Ashelm). Zwar sei der Bestechungsvorwurf nicht belegt, die Annahme und Gewährung von Geschenken und Vorteilen jedoch unrechtmäßig und ein Treuepflichtverstoß gewesen. Blatter kündigte an, die Entscheidung nicht hinzunehmen und das Fifa-Berufungskomitee, den Internationalen Sportgerichtshof und gegebenenfalls die Schweizer Gerichte zu bemühen.
In einem Kommentar vermutet Claudio Catuogno (SZ), dass Blatter noch mehr zu befürchten hat als die Fifa-Sanktionen, weil auch von staatlicher Seite Ermittlungen zu den vielen Ungereimtheiten laufen. Christian Bommarius (BerlZ) sieht im Fall Blatter Ähnlichkeiten zur Verurteilung des Chigagoer Unterwelt-Bosses Al Capone in den 20er Jahren – insbesondere hätten beide geglaubt, sie würden gewissermaßen über dem Recht stehen.
Ruanda-Tribunal: Zum Ende des Ruanda-Tribunals zeichnet Richter Eike Fesefeldt auf lto.de die Geschichte des Gerichts nach und beschreibt die wichtigsten Verurteilungen. Auch wenn am 14. Dezember der letzte Fall abgeschlossen wurde, sei die Aufarbeitung des Völkermords noch lange nicht beendet.
Burkina-Faso – Internationaler Haftbefehl gegen Ex-Präsidenten: Weil er unter dem Verdacht steht, an der Ermordung seines Amtsvorgängers beteiligt gewesen zu sein, wurde gegen den früheren Präsidenten Burkina-Fasos Blaise Compaoré von einem Militärgericht ein internationaler Haftbefehl erlassen. Compaoré lebt im Exil in der Elfenbeinküste, seit er 2014 nach Protesten als Präsident zurückgetreten ist. Mehrere Mitglieder der früheren Präsidentengarde sind bereits verhaftet worden, meldet zeit.de.
Indien – Vergewaltigung: Der oberste Gerichtshof Indiens hat eine Petition abgelehnt, mit der die Haftentlassung eines jungen Mannes verhindert werden sollte. Weil er an der Gruppenvergewaltigung einer jungen Frau beteiligt gewesen war, war der inzwischen 20-Jährige zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt worden. Da dies die Höchststrafe für Minderjährige sei, gebe es keinen Grund für eine längere Inhaftierung, entschied das Gericht nun. Dies berichtet spiegel.de.
Großbritannien – Strafreduzierung für Banker: Ein Berufungsgericht in London hat die Strafe des Bankers Tom Hayes von 14 auf elf Jahre Gefängnis gesenkt. Er war im August wegen achtfachen Betruges im Zusammenhang mit manipulierten Zinsen verurteilt worden. Wegen mildernder Umstände, unter anderem einem diagnostizierten leichten Asperber-Syndrom, wurde die Strafe nun reduziert, meldet ntv.de.
Slowenien – geschlechtsneutrale Ehe: Ausführlich berichtet nun auch die SZ (Nadja Pantel) über das Referendum, mit dem die slowenischen Wähler am Sonntag gegen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare gestimmt haben. In einem Kommentar meint Cathrin Kahlweit (SZ) dazu, dass dies einen grundsätzlichen Rückschritt in der Liberalität Sloweniens bedeute.
Sonstiges
Kaleck-Buch: In der FAZ bespricht Rechtsprofessor Christian Hillgruber das neue Buch des Rechtsanwalts Wolfgang Kaleck "Mit Recht gegen die Macht. Unser weltweiter Kampf für die Menschenrechte". Er bezeichnet den Autor in diesem Zusammenhang als "Kämpfer für die gute Sache", bei dem "Person, politische Position und Beruf zu einer Einheit verschmolzen" seien. Dabei kritisiert er, Kalecks Gerechtigkeitsbegriff sei zu sehr davon abhängig, wessen Sache er diene.
Das Letzte zum Schluss
Keine guten Vorbilder: Als eine Mutter ihre 12-jährige Tochter in Essen von der Polizeiwache abholen sollte, weil diese beim Diebstahl erwischt worden war, stellte sich heraus: Die Mutter war selbst wegen Diebstahls zur Festnahme ausgeschrieben. Da sie in die Justizvollzugsanstalt verbracht werden musste und als Abhol-Person ausfiel, wurde die Großmutter benachrichtigt. Doch bei der Prüfung ihrer Personalien kam heraus, dass auch diese von drei verschiedenen Staatsanwaltschaften zur Aufenthaltsfahndung wegen Diebstahlsermittlungen ausgeschrieben war. Da in diesem Fall die Sache mit der Angabe der Wohnadresse erledigt war, durften Großmutter und Enkelin die Wache jedoch zusammen verlassen. Dies berichtet justillon.de (Andreas Stephan).
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/lil
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 22. Dezember 2015: BGH zu Sexfotos / Internetverbot als Bewährungsauflage / Sperre für Blatter und Platini . In: Legal Tribune Online, 22.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17942/ (abgerufen am: 03.07.2024 )
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