Eine UN-Resolution verpflichtet Staaten zu Maßnahmen gegen Terroristen. Der Justizminister macht sich ans Werk. Außerdem in der Presseschau: Kritik am Bestellerprinzip, salomonisches Urteil am VG Berlin, Arbeitskampf auf belgisch vor dem AG Köln, Bewährungsstrafe für nötigenden Arbeitsvermittler, Untersuchungshäftlinge in Den Haag und Ermittlungs-Hilfe von Facebook.
Thema des Tages
Terrorismus-Gesetzgebung: Vor einem Monat verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine Anti-Terrorismus-Resolution. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat nun Eckpunkte der hierdurch auch in Deutschland in Angriff zu nehmenden Rechtsänderungen vorgestellt. So solle künftig bereits der Versuch einer Ausreise mit terroristischer Absicht strafbar sein. Zudem solle die in der Resolution ebenfalls erwähnte Terrorfinanzierung einen eigenständigen Straftatbestand darstellen. Weitergehenden Forderungen, etwa nach einer Strafbarkeit der sogenannten Sympathiewerbung für Terror-Organisationen, erteilte der Minister eine Absage. Es berichten SZ (Robert Roßmann), FAZ (E. Lohse/R. Burger/K. Iskandar), Welt (Manuel Bewarder) und taz (Christian Rath). Letzterer Beitrag macht allerdings darauf aufmerksam, dass der Streit über die Strafbarkeit sogenannter Sympathiewerbung zumindest bezüglich der Terrormiliz IS "faktisch irrelevant" sei. Denn dem vom Innenminister Thomas de Maiiére (CDU) verfügten vereinsrechtlichen Betätigungsverbot unterfalle auch die Werbung für die Gruppierung.
Reinhard Müller (FAZ) kommentiert, dass die verbreiteten Losungen - "null Toleranz" seitens des Innenministers und Warnungen vor Aktionismus aus dem Justizministerium – durchaus dem üblichen Gang der Dinge entsprächen. Gleichwohl sei "nicht nur in Kurdistan" die Kriegführung asymmetrisch und forderten "Hunderte Reise-Dschihadisten und Krawalle in den Städten" die Politik zum Handeln auf.
Rechtspolitik
Bestellerprinzip: Im Gespräch mit lto.de (Anne-Christine Herr) erläutert Rechtsprofessor Friedhelm Hufen, warum er den Gesetzentwurf zu einer Mietrechtsreform für verfassungswidrig hält, soweit er über das Bestellerprinzip hinausgeht.* Der Staatsrechtler ist Autor eines entsprechenden Gutachtens des Immobilienverbandes Deutschland und hält eine etwaige Verfassungsbeschwerde für aussichtsreich.
Tarifeinheit: Nach Bericht der SZ (Detlef Esslinger/Jens Flottau) hat die Bundeskanzlerin verlauten lassen, dass es "viele gute Gründe" für ein Gesetz zur betrieblichen Tarifeinheit gebe. Nach ausgiebigen Prüfungen mehrerer Ministerien solle sich das Kabinett im Dezember mit einem entsprechenden Entwurf beschäftigen.
* Diese Passage wurde am 21.10.2014 um 9.45 Uhr geändert. Zuvor stand hier "in welchem Maß er das im Rahmen des Gesetzentwurfs zu einer Mietrechtsreform eingeführte Bestellerprinzip für verfassungswidrig hält." Diese Formulierung hätte man so missverstehen können, dass Hufen das Bestellerprinzip kritisiert und nicht den konkreten Entwurf.
Justiz
LG Köln zu Helmut Kohl: Die Entscheidungsgründe des vor zwei Wochen vom Landgericht Köln abgewiesen Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Verfahren zwischen Altkanzler Helmut Kohl sowie den Journalisten Heribert Schwan und Tilman Jens veröffentlicht kanzlei.biz.
LG Wuppertal – Salafisten: Wegen Ausschreitungen während einer Demonstration müssen sich seit dem gestrigen Montag drei Salafisten in einer Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Wuppertal verantworten. Rechtsanwalt Philip von der Meden hält auf lto.de insbesondere die erstinstanzliche Verurteilung eines der Angeklagten für rechtlich fragwürdig und äußert die Vermutung, dass dessen Glaube als strafbegründendes Merkmal herhalten musste. Auch angesichts von "diffusen Bedrohungsszenarien" dürfe sich "eine freiheitliche Gesellschaft nicht mit den Mitteln des Strafrechts gegen Intoleranz und Dummheit" zur Wehr setzen.
LG München – Jürgen Fitschen: Nach einer Meldung des Handelsblatts gibt das Landgericht München den wegen versuchter Prozessfälschung Beschuldigten Topmanagern der Deutschen Bank, unter ihnen Jürgen Fitschen, bis zum 31. Dezember Zeit, zur Anklage Stellung zu nehmen. Hieraus sei zu schließen, dass eine Entscheidung über die Zulassung der Anklage erst im kommenden Jahr falle.
VG Berlin zu Jüdischer Gemeinde: Nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin steht der Jüdischen Gemeinde Berlins die nach den Vereinbarungen eines Staatsvertrages von der Stadt zu leistende Grundfinanzierung in voller Höhe zu. Darüber hinausgehende Forderungen der Gemeinde, etwa nach Zuschüssen für einen Pensionsfonds, müssten dagegen konkret nachgewiesen werden. Über das "salomonische Urteil" schreibt die SZ (M. Drobinski/J. Schneider). Die taz-Berlin (Alke Wierth) berichtet ebenfalls.
AG Köln zu Arbeitskampf: Nach einem Einspruch gegen einen Strafbefehl muss sich ein belgischer Ford-Mitarbeiter vor dem Amtsgericht Köln u.a. wegen Landfriedensbruch verantworten. Gemeinsam mit Landsleuten hatte der Arbeiter vor zwei Jahren an der Kölner Europa-Zentrale des Autobauers gegen die mittlerweile beschlossene Schließung seines Werkes protestiert. Über den Prozessauftakt berichtet die taz (Anja Krüger).
AG Stuttgart zu Nötigung: Wegen Nötigung in einem besonders schweren Fall und Bestechlichkeit ist ein ehemaliger Arbeitsvermittler vom Amtsgericht Stuttgart zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Der Mann hatte in seiner Amtseigenschaft die Vermittlung von Arbeitsstellen an die Gewährung sexueller Dienstleistungen geknüpft, schreibt die SZ (Josef Kelnberger).
Wirtschaftsstrafrecht: Rechtsanwalt Mirko Laudon (strafakte.de) geht der Frage nach, warum es gerade in Wirtschaftsstrafverfahren so selten zu Verurteilungen kommt.
Recht in der Welt
Kriegsverbrecher: Die SZ (Ronen Steinke) stattet dem Hafthaus der internationalen Strafjustiz in Den Haag/Niederlande im Rahmen einer Seite Drei-Reportage einen Besuch ab. Unter der Aufsicht der Vereinten Nationen werden dort Untersuchungshäftlinge des Internationalen Strafgerichtshofs und verschiedener UN-Tribunale festgehalten. Augenfällig seien Ordnung und Ausstattung der Anstalt, die zum ersten Mal einem Journalisten ihre Pforten geöffnet habe.
China – Rechtsstaat: Anlässlich einer Jahressitzung der Kommunistischen Partei Chinas befasst sich die SZ (Kai Strittmatter) in zwei Beiträgen mit Bemühungen der Regierungspartei, durch Justizreformen ihr Ansehen beim Volk zu verbessern. Hierzu gehöre etwa ein offener Umgang mit Korruptionsfällen, die aber nach wie vor zu einem nicht geringen Teil durch die "parteieigene Paralleljustiz" abgeurteilt würden.
Sonstiges
Google: Über seine Erfahrungen mit dem von Google infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshof eingeführten Löschverfahrens schreibt Thomas Stadler (internet-law.de) am Beispiel eines von ihm vertretenen Falles.
Verkehrsrecht: Die FR (Claudia Lüder) erklärt, unter welchen Voraussetzungen sich der Einspruch gegen einen verkehrsrechtlichen Bußgeldbescheid, etwa wegen einer Geschwindigkeitsübertretung, lohnt.
Steuerbescheid: Focus.de (Martina Simon) erläutert, welche Rechtsschutzmöglichkeiten gegen fehlerhafte Steuerbescheide existieren.
Das Letzte zum Schluss
Polygamie: Das soziale Netzwerk Facebook gilt Datenschützern nicht erst seit kurzem als zweifelhafter Segen. In Österreich half es jetzt allerdings dabei, einen vierfach verheirateten Polygamisten, der zudem in mindestens weiteren zwölf Beziehungen lebte, dingfest zu machen. Wie welt.de schreibt, geriet eines der Opfer des Mannes beim Surfen auf der Plattform an ein Profilfoto, dass ihren Gatten in den Armen einer anderen Ehefrau zeigte.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/mpi
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
* Diese Passage wurde am 21.10.2014 um 9.45 Uhr geändert. Zuvor stand hier "in welchem Maß er das im Rahmen des Gesetzentwurfs zu einer Mietrechtsreform eingeführte Bestellerprinzip für verfassungswidrig hält." Diese Formulierung hätte man so missverstehen können, dass Hufen das Bestellerprinzip kritisiert und nicht den konkreten Entwurf.
Die juristische Presseschau vom 21. Oktober 2014: Terrorismus-Gesetzgebung – VG Berlin zu Jüdischer Gemeinde – Besuch in Den Haag . In: Legal Tribune Online, 21.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13537/ (abgerufen am: 03.07.2024 )
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