Das BVerfG verhandelte über den 2. Nachtragshaushalt 2021. Tochter des im Iran inhaftierten Jamshid Sharmahd erstattet Strafanzeige beim Generalbundesanwalt. Das BVerwG beanstandete ein generelles Versammlungsverbot aus der Corona-Zeit.
Thema des Tages
BVerfG – Nachtragshaushalt und Schuldenbremse: Das Bundesverfassungsgericht verhandelte über einen Antrag auf abstrakte Normenkontrolle von 197 Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen den 2. Nachtragshaushalt 2021. Die Unionsfraktion wirft der Ampelregierung vor, gegen die Schuldenbremse gem. Art. 115 GG verstoßen zu haben, indem sie 60 Milliarden Euro nicht benötigter Corona-Kreditermächtigungen in den "Energie- und Klimafonds" verlagert hat – ein Sondervermögen, das mittlerweile den Namen "Klima- und Transformationsfonds" trägt. Die Bundesregierung argumentierte, dass mit den klimapolitischen Investitionen ein Konjunkturimpuls gesetzt wird, um der Corona-geschwächten Wirtschaft zu helfen. Die Gelder für den Klimafonds seien deshalb von der Notlagenklausel des Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG gedeckt, mit der der Bundestag in Notsituationen die Schuldenbremse aussetzen kann. Die Unionsabgeordneten machen geltend, dass die Notlagenklausel hier zu weit ausgelegt werde. Außerdem dürften auch nicht alle Kreditermächtigungen im Jahr 2022 verbucht werden, wenn von ihnen erst in den Folgejahren Gebrauch gemacht wird. Einen Eilantrag der Unionsfraktion, mit dem die Verwendung der 60 Milliarden Euro vorläufig eingeschränkt werden sollte, hat das BVerfG Ende 2022 abgewiesen. Das Urteil in der Hauptsache soll in einigen Monaten verkündet werden. SZ (Wolfgang Janisch), FAZ (Katja Gelinsky), taz (Christian Rath), zdf.de (Jan Henrich) und tagesschau.de (Claudia Kornmeier/Max Bauer) berichten.
Rechtspolitik
Asyl: Im Interview mit LTO (Hasso Suliak) spricht die Vizepräsidentin des Europaparlaments Katarina Barley (SPD) über die geplante EU-Asylrechtsreform. Die Zustimmung Deutschlands, die unter anderem von Menschenrechtsorganisationen sowie Anwaltsverbänden als "beschämend" bezeichnet wurde, sei Folge der für Deutschland schwierigen Verhandlungsposition innerhalb eines zunehmend von konservativen bis hin zu rechten Regierungen dominierten Rats. Vor diesem Hintergrund habe Barley "Respekt davor, was Nancy Faeser erreicht hat". Die Verhandlungen zwischen Kommission, Rat und Parlament stünden im Übrigen noch bevor.
Kinderrechte ins Grundgesetz: Kerstin Bund (SZ) plädiert im Leitartikel für die Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz. "Was das konkret heißt? Die Bekämpfung von Kinderarmut, der Ausbau der Kinderbetreuung, eine bessere Ausstattung der Schulen, eine Ausweitung der kinderärztlichen Versorgung – all das wäre dann nicht mehr bloß wohlwollende Absicht, es wäre ein gesetzlicher Appell."
Ersatzfreiheitsstrafe: An diesem Donnerstag wird der Bundestag im Rahmen eines Pakets zum Sanktionenrecht auch den Umrechnungsschlüssel bei der Ersatzfreiheitsstrafe ändern. Für einen Tagessatz nicht bezahlter Geldstrafe muss künftig nur noch ein halber Tag Ersatzfreiheitsstrafe verbüßt werden. Im Interview mit der BadZ (Christian Rath) erklärt die ba.-wü. Justizministerin Marion Gentges (CDU), warum sie die Reform der Ampel-Koalition mitträgt, aber eine Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe ablehnt. Außerdem erläutert sie, wie das Land mit zwei Programmen aufsuchender Sozialarbeit die Zahl der Ersatzfreiheitstrafen reduziert.
Schwarzfahren: Die Juristinnen Hannah Vos und Vivian Kube begrüßen auf dem Verfassungsblog den Gesetzentwurf der Linksfraktion, der vorsieht, im Straftatbestand der Leistungserschleichung die Worte "die Beförderung durch ein Verkehrsmittel" ersatzlos zu streichen. Die Entkriminalisierung des Fahrens ohne gültigen Fahrschein sei die einzig gerechte, wirtschaftlich sinnvolle und vernünftige Lösung, denn die Sanktionierung des Schwarzfahrens sei ein Systembruch im deutschen Recht; daran würde auch eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit nichts ändern.
Klimaschutz: Die Bundesregierung hat den umstrittenen Gesetzentwurf zur Reform des Klimaschutzgesetzes beschlossen, wonach an die Stelle der bislang rechtsverbindlichen sektorenspezifischen Klimaziele "eine sektorenübergreifende und mehrjährige Gesamtrechnung" treten soll. Die Streichung der Sektorziele stößt vor allem bei Umweltverbänden auf massive Kritik. Die taz (Susanne Schwarz) berichtet.
In einem separaten Kommentar kritisiert Susanne Schwarz (taz), dass Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit Abschaffung der Sektorziele nun "seine unzureichende Klimapolitik nicht einmal mehr selbst vorstellen muss". Eine erfolgsversprechende Reform hätte mehr statt weniger Verbindlichkeit schaffen müssen, "zum Beispiel durch finanzielle Folgen für unwillige Ministerien". Diese Chance habe die Regierung verfehlt. Corinna Budras (FAZ) meint, die Regierung habe beim Streit um die Wärmepumpe gelernt, wie gut Veränderungen von solcher Tragweite vorbereitet werden müssen. Dass dieser Umbau im Verkehrsbereich länger dauere als in anderen Sektoren, dürfe niemanden überraschen.
Straßenverkehr: Das Bundeskabinett hat einen Gesetzentwurf zur Reform des Straßenverkehrsrechts beschlossen, der in erster Linie eine Neufassung der Verordnungsermächtigung von § 6 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) vorsieht. Künftig sollen neben der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs auch andere Ziele wie Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie die städtebauliche Entwicklung Berücksichtigung finden. Die Neufassung von § 6 StVG ändert die behördlichen Befugnisse nicht unmittelbar, sondern ist vielmehr als Auftrag an das Bundesverkehrsministerium zu sehen, die Straßenverkehrsordnung so abzuändern, dass für neue Tempolimits, Zebrastreifen und Radwege beispielsweise keine durch Statistiken belegbaren Gefahren mehr erforderlich sind. Ländern und Kommunen sollen dadurch neue Entscheidungsspielräume eröffnet werden. SZ (Markus Balser), FAZ (Corinna Budras/Carlota Brandis/Ole Kaiser) und LTO (Max Kolter) berichten.
Geschlechtliche Selbstbestimmung: Im Interview mit der Welt (Sabine Menkens) erklärt Frank Gommert, geschäftsführender Vereinsvorstand der Vereinigung transsexueller Menschen, warum er – obwohl er selbst transsexuell ist – das geplante Selbstbestimmungsgesetz problematisch finde. Unter anderem befürchtet er, dass Frauen dadurch keinen Zugang mehr zu Schutzräumen hätten und Frauenrechte obsolet werden würden.
Justiz
GBA – Iran: Gazelle Sharmahd, Tochter des im Iran inhaftierten deutschen Staatsbürgers Jamshid Sharmahd, hat zusammen mit der Menschenrechtsorganisation "European Center for Constitutional and Human Rights e. V." (ECCHR) bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen acht Mitglieder des iranischen Justizsystems eingereicht. Sie möchte damit erreichen, dass in Deutschland Ermittlungen wegen der Entführung und Misshandlung Sharmads und damit wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit aufgenommen werden. Sharmad wurde Ende Februar 2023 wegen "Verdorbenheit auf Erden" zum Tode verurteilt. Das Urteil könnte jederzeit vollstreckt werden. Es gibt Hinweise auf Folter und phsyische Misshandlungen in der Einzelhaft. ECCHR-Chef Kaleck zufolge sind die an Sharmahd begangenen Straftaten Ausdruck völkerstrafrechtlicher Kernverbrechen. taz (Jannis Hagmann) und spiegel.de berichten.
BVerwG zu Corona-Versammlungsverbot: Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass das generelle Versammlungsverbot, das das Land Sachsen zu Beginn der Coronapandemie am 17. April 2020 verhängt hatte, rechtswidrig war. Die Einschränkungen seien mit dem Grundsatz der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar. Dass Ausnahmen durch Sondergenehmigungen möglich gewesen seien, habe die Schwere des Grundrechtseingriffs nur unwesentlich gemindert, zumal der sächsische Verordnungsgeber die Ausnahme selbst hätte regeln müssen. spiegel.de berichtet.
BAG zu Kündigung von ungeimpfter Arzthelferin: Im Expertenforum Arbeitsrecht stellt Rechtsanwältin Ramona Segler eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts von März vor, wonach die Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten rechtmäßig war. Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB lag nicht vor, da wesentliches Motiv für die Kündigung nicht die Impfverweigerung gewesen sei, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal.
BAG zu Teilzeit-Betriebsrente: Wie die Rechtsanwälte Tobias Neufeld und Anja Mehrtens auf LTO schreiben, hat das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, wonach nur eine anteilige Betriebsrente gezahlt werden muss, wenn der Arbeitnehmer in den letzten zehn Jahren vor der Rente Teilzeit gearbeitet hat. Die Kürzung von Betriebsrentenleistungen aufgrund von Teilzeitarbeit stelle keine unzulässige Diskriminierung dar, auch nicht wegen des Geschlechts der in diesem Fall klagenden Frau.
OLG Koblenz zu IS-Rückkehrerin Nadine K.: Die 37-jährige IS-Rückkehrerin Nadine K., die ihrem Ehemann 2014 nach Syrien und in den Irak gefolgt war und sich dort der Terrormiliz "Islamischer Staat" angeschlossen hatte, wurde vom Oberlandesgericht Koblenz unter anderem wegen Beihilfe zum Völkermord und sexueller Versklavung einer Jesidin zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und drei Monaten verurteilt. Die Welt (Hannelore Crolly) berichtet.
LG München I – "Badewannenmord": In einer Seite 3-Reportage berichtet die SZ (Hans Holzhaider) ausführlich über den zwölften Verhandlungstag im Verfahren vor dem Landgericht München I, in dem der so genannte Badewannenmordfall wiederaufgerollt wird. Die Zeugin Diana U., damals Kriminalhauptkommissarin in Miesbach, habe gut vorbereitet über die damaligen Ermittlungen ausgesagt, warum sie von einem Verbrechen durch den Hausmeister Manfred Genditzki ausging. In der neuen Verhandlung konnten jedochviele Verdachtsmomente wiederlegt werden. Das Urteil soll am 3. Juli verkündet werden.
LG Oldenburg – Steinhoff Möbel: Bloomberg News (Karin Matussek/Janice Kew) schreibt (in englischer Sprache) über den Haftbefehl, den das Landgericht Oldenburg gegen Markus Jooste, den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden des Einzelhändlers Steinhoff International Holdings NV, erlassen hat, nachdem dieser nicht zum Prozess wegen des Vorwurfs der Bilanzmanipulation erschienen war.
LG München II – Ex-Audi-Chef Stadler: Die Zeit (Max Hägler) portraitiert den wegen des Diesel-Skandals angeklagten Ex-Audi-Chef Rupert Stadler und schildert dabei die Ermittlungen wegen des Diesel-Skandals und die Hauptverhandlung vor dem Landgericht München II, in der am nächstem Dienstag das Urteil fallen soll.
LG Traunstein – Missbrauch durch Priester: Die Zeit (Katja Bernardy u.a.) gibt anlässlich des Schadensersatzverfahrens des Missbrauchsopfers Andreas Perr vor dem Landgericht Traunstein einen Überblick über den finanziellen Umgang der katholischen Kirche mit Missbrauchsopfern. Der Zeit liegt das Protokoll eines Gremiums der Bischofskonferenz vor, in dem "erhebliche haushaltsrelevante Zahlungen (teilweise in Millionenhöhe)" erwartet werden.
GenStA Düsseldorf – Islamistischer Terroranschlag: Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat Anklage gegen einen 26-Jährigen erhoben, dem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat sowie Terrorismusfinanzierung vorgeworfen wird. Zuvor war gegen seinen 32-jährigen Bruder ermittelt worden; dieses Verfahren wurde jedoch wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt. Der 26-jährige Tatverdächtigte nutzte offenbar eine alte SIM-Karte seines Bruders in seinem Handy und textete damit unter anderem über Telegram mit einem Unbekannten über einen möglichen Anschlag mit Rizin oder Cyanid in der Silvesternacht 2022, so spiegel.de.
Effizienz der Justiz: Als Reaktion auf Forderungen nach Effizienzsteigerungen in der Justiz schlägt Amtsrichter Christian Häntschel auf LTO vor, den Vorsitzenden der Spezialkammern eine höhere Besoldung zukommen zu lassen. Dadurch könnte Personal langfristig gebunden werden, zudem würde der Justizverwaltung ein Anreiz gegeben, Richter und Staatsanwälte gezielt fortzubilden und auf diese Stellen zu befördern.
Vermummter Staatsanwalt: Bei der Demonstration nach der Verurteilung der militanten Antifaschistin Lina E. in Leipzig, die wegen befürchteter Ausschreitungen untersagt worden war und zu einer elfstündigen Einkesselung von gut 1.000 Demonstrierenden führte, war auch ein Leipziger Staatsanwalt und eine ihn unterstützende Kriminalbeamtin anwesend; beide seien vermummt gewesen. Laut eines Polizeisprechers hätten die Beamten sich an den Ort des Geschehens begeben, um über Maßnahmen für festgesetzte Versammlungsteilnehmer zu entscheiden. Die Vermummung sei dabei zum Eigenschutz gewählt worden. Die Linke fordert nun Aufklärung. Die taz (Konrad Litschko) berichtet.
Recht in der Welt
Polen – Kriegsentschädigung: Nachfahren von Polen, die im Zweiten Weltkrieg unter der deutschen Besatzung litten, haben bei einem Gericht in Krakau Klage gegen die Unternehmen Henschel GmbH und Bayer AG eingereicht. Die Vorwürfe reichen von Verdienstausfällen und einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte bis hin zu Zwangsarbeit. Polens Regierung hatte im vorigen Herbst einen Bericht über die gesamten Schäden des Landes durch Weltkrieg und deutsche Besatzung vorgelegt und diese auf umgerechnet 1,3 Billionen Euro beziffert. Das Gericht in Krakau hat nun zu entscheiden, ob es sich der Klagen annimmt. Die FAZ (Gerhard Gnauck) berichtet.
USA – Hunter Biden: Hunter Biden, Sohn des US-Präsidenten Joe Biden, bekannte sich wegen Steuervergehens für schuldig. Das Schuldbekenntnis ist Teil eines Deals mit der Staatsanwaltschaft in Delaware. Biden soll in den Jahren 2017 und 2018 jeweils mehr als 100.000 US-Dollar Steuern hinterzogen haben. Auch über einen weiteren Strafvorwurf, den des unerlaubten Waffenbesitzes, konnten sich Biden und sein Anwaltsteam mit den Behörden einigen. Hunter Biden geriet spätestens 2019 in den Fokus der breiteren Öffentlichkeit, als der ehemalige US-Präsident Donald Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski telefonisch dazu aufforderte, negative Informationen über Joe Biden und dessen Sohn Hunter ans Tageslicht zu bringen. SZ (Peter Burghardt) und taz (Hansjürgen Mai) berichten.
Peter Burghardt (SZ) weist darauf hin, dass Joe Bidens politische Gegner die Verständigung nun als abgekartetes Spiel des Justizministeriums darstellen werden. Dies sei jedoch "reiner Unsinn", weil der für den Deal zuständige Staatsanwalt in Delaware noch von Trump eingesetzt worden war. Bernd Pickert (taz) konstatiert, dass der Deal mit Hunter Biden eine Steilvorlage für Trumps Anhänger ist, dessen Rechtsbrüche zu relativieren. Auch er sieht in der Verständigung zwar ein "Messen mit zweierlei Maß"; allerdings nicht im Vergleich zu Trump, sondern "im Vergleich zu den tausenden sozial schlechter gestellten Schwarzen Angeklagten, die sich keine teuren Anwälte leisten können und wegen viel kleinerer Vergehen mitunter Jahre hinter Gittern sitzen".
USA – Supreme Court: Die SZ (Fabian Fellmann) berichtet über in den kommenden Wochen anstehende Entscheidungen des Supreme Courts, die geeignet seien, weitreichende Folgen insbesondere für marginalisierte Gruppen zu haben. Noch diese Woche könnten die Richter die als "Affirmative Action" bekannten Programme an Hochschulen kippen. Eine Studentenorganisation asiatischstämmiger Amerikaner:innen kritisiert, dass Afroamerikaner:innen und Latinos durch die Programme bessere Chancen auf einen Studienplatz hätten. Darüber hinaus wird bald über die Klage einer Webdesignerin entschieden, die behauptet, ein Gesetz, das die Diskriminierung von Kunden aufgrund der sexuellen Ausrichtung oder Konfession verbietet, verletze ihr Recht auf Meinungsfreiheit.
USA – Ausspionieren von Angestellten: Mit dem Ziel, an Informationen über Fehlverhalten seiner Mitarbeiter zu gelangen, hat der Chef einer Restaurantkette im US-Bundesstaat Kalifornien einen falschen Geistlichen damit beauftragt, Angestellten Geständnisse zu Sünden am Arbeitsplatz zu entlocken, so spiegel.de. In einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsministerium wurde der Betreiber der Restaurants wegen dieses Vorgehens zu einer Zahlung von 140.000 Dollar Schadensersatz an die 35 Angestellten verurteilt.
Estland – Ehe für alle: Wie die taz (Barbara Ortel) schreibt, nahm das estnische Parlament am Dienstag einen Gesetzesentwurf an, der gleichgeschlechtlichen Paaren ab 2024 erlaubt, zu heiraten und Kinder zu adoptieren. Estland ist damit der erste postsowjetische Staat, der homosexuelle Paare explizit ins Eherecht einbezieht.
Sonstiges
Raubkunst: Die Rechtsanwälte Peter Raue und Felix Stang befassen sich im SZ-Feuilleton mit der Frage, wie mit Kunstwerken zu verfahren ist, die einst Juden von den Nationalsozialisten geraubt wurden und sich heute in Privatbesitz befinden. Das verfassungsrechtliche Verbot der "echten Rückwirkung" stehe einer Lösung qua Gesetzesänderung im Weg. Stattdessen müsse die Bundesregierung einen Fonds – ähnlich dem Fonds zur "Entschädigung" der Zwangsarbeiter – schaffen, durch den die Rückgabe von im privaten Besitz befindlichen Werken erleichtert und ermöglicht werde. Denn der aufgrund der deutschen Gesetzeslage rechtmäßige Eigentümer eines Kunstwerks werde eher zur Rückgabe bereit sein, wenn der Kaufpreis, den er einst gezahlt hat, aus diesem Fonds erstattet werde.
Kanzleifusion: Rechtsanwalt Viktor Winkler kommentiert auf LTO die Fusion der Großkanzleien Allen & Overy und Shearman & Sterling. Die Fusion sei sinnvoll. Dennoch beginne "das Ende der Ära der Großkanzleien", die vor allem auf die atemberaubenden Stundensätze der tendenziell überflüssigen M&A-Beratung ausgerichtet seien. Im "regulatorischen Zeitalter" werde das lokale Recht immer wichtiger. Die Unternehmen bräuchten hier eine neue Art der Beratung: "schmaler, günstiger, lokaler und ohne Qualitätsverluste."
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LTO/bo/chr
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Die juristische Presseschau vom 22. Juni 2023: . In: Legal Tribune Online, 22.06.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52053 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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