In New York wird heute die Anklage gegen den Ex-US-Präsidenten verlesen. Die NRW-Opposition erhob eine Verfassungsklage gegen die Landesregierung. Thomas Fischer und Felix W. Zimmermann streiten über die Entscheidung des LG Heilbronn.
Thema des Tages
USA – Trump/Stormy Daniels: An diesem Dienstag wird die Anklage gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump wegen Vertuschung von Schweigegeldzahlungen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels verlesen. Dies könnte gegen Regeln der Wahlkampffinanzierung verstoßen haben. Im Vorfeld hat Trump den Staatsanwalt Alvin Bragg provoziert und geäußert, er wolle ihn politisch "aufmischen". Es werden enorme Proteste der Anhängerschaft Trumps erwartet, sodass der Stadtbezirk Manhattan erhöhte Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Rund 36.000 Polizist:innen sind in Alarmbereitschaft. Ein Sturm wie auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 soll sich nicht wiederholen. Während Trump die Anklage im Wettstreit mit seinen Rivalen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur für 2024 nutzt, könnte sie für ihn im Rahmen der eigentlichen Präsidentschaftswahlen gegen den Amtsinhaber Joe Biden von Nachteil sein. Es berichten FAZ (Sofia Dreisbach/Majid Sattar), LTO und spiegel.de.
Die SZ (Fabian Fellmann) porträtiert den Richter Juan Merchan, der im Verfahren gegen Trump zuständig ist. Er sei ein Jurist, der keinen "Zirkus" dulde und sich mit konsequentem Durchgreifen gegen Trumps Anwälte in der Vergangenheit den Ruf eines "seriösen, gescheiten und ausgeglichenen Mannes" erarbeitet habe - eines "No nonsense"-Richters. Zum Richter berief ihn 2002 Bürgermeister Michael Bloomberg, damals ein Republikaner.
Marc Pitzke (spiegel.de) bezeichnet den Prozess als "nächste Episode der horrenden Realityshow" Trumps. Zwar handele es sich bei der Anklage um eine Konsequenz, dennoch werde Trump auch diese wieder zu "seinen Gunsten" verdrehen. Die Anklage sei "beispiellos", so wie alles was Trump betreffe "beispiellos" sei.
Rechtspolitik
Cyberabwehr: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will das Grundgesetz ändern, um dem Bundeskriminalamt (BKA) und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mehr Kompetenzen bei der Abwehr von Cyberkriminalität einzuräumen. Die Verfassungsänderung wäre erforderlich, da grundsätzlich die Länder für die Gefahrenabwehr zuständig sind. Vorgesehen ist die Aufwertung des BSI zur "Zentralstelle". Das BKA soll die Befugnis zur Gefahrenabwehr gegen Cyberangriffe erhalten. Faeser habe angedeutet, dass das BKA damit auch die Befugnis zum "Hackback" (Cyber-Gegenangriff) erhalten soll. Im Koalitionsvertrag der Ampel heißt es jedoch: "Hackbacks lehnen wir als Mittel der Cyberabwehr grundsätzlich ab." Die taz (Christian Rath) berichtet.
Cannabis: Nun berichtet auch die SZ (Angelika Slavik) über die Verzögerungen und Probleme im Zusammenhang mit der Vorlage eines Gesetzentwurfs zur Cannabis-Legalisierung.
Kartellrecht: Die Bundesregierung hat sich auf eine Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) geeinigt und wird den 54-seitigen Gesetzentwurf eventuell bereits an diesem Mittwoch im Kabinett beschließen. § 34 GWB als Herzstück des Gesetzentwurfs sieht vor, dass die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils von Unternehmen, die gegen das Kartellrecht verstoßen haben, vereinfacht wird. Hierzu wird eine Vermutung statt eines Nachweises eingeführt. Zusätzlich soll die Sektoruntersuchung reformiert werden, um einen Überblick über die Wettbewerbsverhältnisse in einem bestimmten Wirtschaftssektor zu erhalten. Es schreibt die SZ (Henrike Roßbach).
Geldwäsche: Die FAZ (Corinna Budras) fasst ein Gutachten der Rechtsprofessoren Ralf Schenke und Christoph Teichmann für die Stiftung Familienunternehmen und Politik zusammen. Danach müsse das Geldwäschegesetz "zwingend" reformiert werden. Das Transparenzregister solle nur für Bürger mit berechtigtem Interesse zugänglich sein, die ihre Anfrage mit einer eidesstattlichen Versicherung belegen können, um Missbrauch von privaten Daten von Familienunternehmern zu begrenzen.
Justiz
VerfGH NRW – Schuldenbremse: Wie die SZ (Christian Wernicke) berichtet, hat Nordrhein-Westfalens Opposition aus SPD und FDP Klage gegen die schwarz-grüne Landesregierung vor dem Verfassungsgerichtshof in Münster eingereicht. Der Landesregierung wird vorgeworfen, gegen die Rechte des Landtags und die Schuldenbremse des Grundgesetzes verstoßen zu haben. Zentral wird es um die Frage gehen, unter welchen Bedingungen ein Bundesland trotz Schuldenbremse neue Milliardenschulden aufnehmen darf. Die erforderliche "außergewöhnliche Notsituation" sei nicht ausreichend begründet worden. Die Regierung wolle mit den Neuschulden auch Wahlkampfversprechen wie eine bessere Besoldung von Grundschullehrer:innen finanzieren.
LG Heilbronn zu Beschimpfung von Sawsan Chebli: Auf LTO verteidigt Ex-Bundesrichter Thomas Fischer ein Urteil des Landgerichts Heilbronn von Ende Februar, in dem die Äußerungen eines Facebook-Nutzers gegen die frühere Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD), sie sei ein "dämliches Stück Hirn-Vakuum", das "abtauchen und die Sozialschulden ihrer Familie begleichen" soll, nicht untersagt wurden. Fischer hält das Urteil für "vertretbar". Die Aussagen seien von der Meinungsfreiheit gedeckt. Zudem dürfe nicht außer Acht gelassen werden, das Chebli den "Ton der Unterhaltung selbst gesetzt" habe, indem sie in einem vorangegangenen Social-Media-Beitrag den Kabarettisten Dieter Nuhr als "so ignorant, dumm und uninformiert" bezeichnet habe. Das Bundesverfassungsgericht habe in der Vergangenheit betont, dass ein "Recht auf Gegenschlag" bestehe.
Felix W. Zimmermann (LTO) hält die Entscheidung hingegen für falsch. Der Angriff auf Chebli verletze deren Menschenwürde und schließe sie als Einwandererkind aus jedem öffentlichen Diskurs aus. Er betont, dass es nichts an den Äußerungen des Facebook-Nutzers gebe, was auch nur im Ansatz zu einer sachlichen Auseinandersetzung beitragen könnte. Die Entscheidung des Landgerichts sei "begründungsarm" und könne nicht überzeugen.
BVerfG zu Kinderehen: Auf dem Verfassungsblog analysiert und kritisiert Rechtsprofessor Ralf Michaels die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen. Er weist darauf hin, dass Gerichtspräsident Stephan Harbarth an dem Beschluss mitwirken durfte, obwohl er das Gesetz als CDU-Abgeordneter mitbeschlossen hat. Der Autor verweist darauf, dass das Gesetz von der deutschen Kollissionswissenschaft fast einhellig abgelehnt worden sei. Das Gericht habe aus der Rechtsvergleichung mit anderen Staaten immerhin den Schluss gezogen, dass die Eheleute die Möglichkeit haben müssen, ihre unwirksame Ehe bestätigen zu können, wenn sie volljährig sind. Rechtspolitisch schlägt der Autor vor, wieder zur Einzelfallprüfung zurückzukehren.
LSG Berlin-Brandenburg zu Firmenlauf: Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass der Sturz einer Arbeitnehmerin bei einem Firmenlauf kein Arbeitsunfall i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII ist. Der Firmenlauf sei keine Betriebsveranstaltung. Es fehle an einem inneren Zusammenhang, sodass eine Zurechnung zur Beschäftigung nicht möglich sei. Auch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung liege nicht vor, da der Lauf nur für eine kleine sportlich engagierte Gruppe von Beschäftigten interessant gewesen sei. Die Veranstaltung hätte noch etlichen anderen Unternehmen, Organisationen und Freizeit- bzw. Nachbarschaftsteams zur Verfügung gestanden, so das Gericht laut LTO.
OLG Frankfurt/M. zu Heckenschnitt: Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass kein Zwangsgeld verhängt werden kann, wenn ein Nachbar sich in einem Nachbarschaftsstreit verpflichtet hat, seine Hecke zurückzuschneiden, aber dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Stattdessen könne nur eine Ermächtigung zur Selbstausführung beantragt werden. Es berichtet LTO.
LG Hanau - Mord an Vermieter: Das Landgericht Hanau kann im Mordprozess ohne Leiche weiter verhandeln, da ein Befangenheitsantrag der Verteidigung gegen die drei Berufsrichter abgelehnt wurde. Dem 59-jährigen Ralf H. wird vorgeworfen, den 79-jährigen Vermieter seiner Autowerkstatt im Januar 2021 ermordet zu haben. Der Prozess hatte bereits im November 2021 begonnen, platzte jedoch im Februar 2023 wegen Krankheit eines Schöffen. Im März 2023 begann ein neuer Prozess mit geänderter Richterbank. Die FAZ (Jan Schiefenhövel) berichtet.
LG Erfurt – Rechtsbeugung wegen Maskenurteil: Vor dem Landgericht Erfurt wird voraussichtlich ab dem 18. April der Prozess gegen den Weimarer Familienrichter Christian Dettmar wegen politisch motivierter Rechtsbeugung verhandelt. Dettmar wird vor allem vorgeworfen, dass er die Klage einer Mutter, die zu seinem familienrechtlich begründeten Verbot von Masken an zwei Weimarer Schulen führte, selbst mitorganisiert haben soll. Die taz (Joachim Wagner) berichtet und referiert ausführlich aus der Entscheidung des Richterdienstgerichts Meiningen, mit dem Dettmar vorläufig von seinem Amt suspendiert worden war.
LG Hannover – Unfall durch Rasen: Vor dem Landgericht Hannover wird am Donnerstag das Urteil gegen Ewa P. und Marco S. erwartet, denen der Vorwurf gemacht wird, sie hätten durch ein illegales Autorennen einen Unfall mit einem weiteren Fahrzeug verursacht, bei dem zwei Kinder getötet und deren Eltern verletzt worden waren. Ewa P. sagt, sie wollte den ihr nicht bekannten Marco S. nur überholen. Die FAZ (Eva Schäfer) berichtet.
AG Berlin-Tiergarten – rassistischer Angriff auf Dilan Sözeri: Vor dem Amtsgericht Tiergarten hat das Opfer Dilan Sözeri als erste Zeugin gegen die sechs Angeklagten im Prozess rund um den Angriff auf die damals 17-Jährige ausgesagt. S. soll am 5. Februar letzten Jahres in der Straßenbahn von den Angeklagten rassistisch beleidigt und nach dem Ausstieg gemeinschaftlich bedroht und verprügelt worden sein. Sie sei "die ganze Zeit ausländerfeindlich beschimpft" worden. Bis heute leide sie unter "psychischen Folgen" und habe Angst sowie Albträume. Die Angeklagten beharrten darauf, dass die Aggressionen von Sözeri ausgingen, weil die Gruppe keine Masken trug. taz-Berlin (Gareth Joswig) und spiegel.de berichten.
Personalmangel in der Justiz: Wie LTO berichtet, befürchten die Richtervereine in Sachsen und Brandenburg erhebliche Nachwuchsprobleme aufgrund der ungünstigen Altersstruktur. Fast die Hälfte der Richter:innen und Staatsanwält:innen in Sachsen wird bis 2030 in den Ruhestand gehen. Dies könnte dazu führen, dass viele Strafkammern handlungsunfähig werden. In Brandenburg steht ein Viertel des richterlichen Personals vor dem Ruhestand. Ursache für den drohenden Personalmangel ist die Einstellungswelle nach der Wiedervereinigung 1990. Die Justizministerien in Sachsen und Brandenburg haben Maßnahmen ergriffen, um dem entgegenzuwirken, etwa die Einstellung von Proberichter:innen.
Recht in der Welt
Kosovo-Tribunal – Hashim Thaci: Nun berichten auch SZ (Florian Hassel) und spiegel.de über den Prozess, der vor einem Sondertribunal im niederländischen Den Haag gegen den früheren kosovarischen Präsidenten Hashim Thaci begonnen hat.
Großbritannien – Neunjährige zufällig erschossen: In Liverpool hat der Manchester Crown Court Thomas C. wegen Mordes, versuchten Mordes und vorsätzlicher schwerer Körperverletzung zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Der 34-Jährige hatte im vergangenen August in die offene Tür eines Wohnhauses geschossen, dabei ein neunjähriges Mädchen getötet und dessen Mutter am Handgelenk verletzt. Ein Bandenkrieg im Drogenmilieu soll Anlass für die Tat gewesen sein. C. soll einem Flüchtenden hinterhergeschossen haben, als sich dieser zufällig in die offene Tür gedrängt hatte. spiegel.de berichtet.
Israel – Räumung palästinensischer Familie: In Israel hat das Oberste Gericht entschieden, dass 18 Mitglieder der Familie Sumarin in ihrem Haus im Jerusalemer Stadtteil Silwan bleiben dürfen. Gleichzeitig erhielt die Familie einen Entschädigungsanspruch in Höhe von rund 5000 Euro. Die Entscheidung beendete einen 30 Jahre andauernden Rechtsstreit, in dem 1991 der Jüdische Nationalfonds (JNF) die Räumung des Hauses beantragt hatte. Es berichtet die FAZ (Christian Meier).
Italien – ChatGPT: Wie spiegel.de berichtet, hat die italienische Datenschutzbehörde die KI-Anwendung ChatGPT in Italien gesperrt. Daten würden in unzulässiger Weise verarbeitet und es fehle ein Jugendschutzfilter, der verhindere, dass Jugendliche unter 13 Jahren sich zu dem Dienst anmelden und auf nicht jugendfreie Informationen zugreifen, so die Behörde. Das Datensammeln solle nicht verboten, aber wesentlich eingeschränkt werden.
Frankreich – aktive Sterbehilfe: Ein von Präsident Emmanuel Macron initiierter Bürgerkonvent aus 184 ausgelosten Bürger:innen hat mit 75-prozentiger Mehrheit für die Lockerung des Verbots der aktiven Sterbehilfe votiert. Ein Teil davon will die aktive Sterbehilfe als absolute Ausnahme verstanden wissen. Ein anderer Teil plädierte für eine Wahlfreiheit zwischen aktiver Sterbehilfe und Beihilfe zum Suizid. Außerdem setzte sich der Bürgerkonvent für eine Verbesserung der Palliativmedizin ein. Die Ergebnisse sollen im Parlament diskutiert werden.
Sonstiges
Polizeistudie: Der Zwischenbericht der "Megavo"-Studie der Deutschen Hochschule der Polizei hat ergeben, dass sich die große Mehrheit der Polizist:innen klar zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennt. Dennoch gebe es auch einen Anteil, der nicht-demokratische Ansichten vertritt. 15 % der 50.000 befragten Polizist:innen ist der Meinung, dass "zu viele Ausländer" in Deutschland leben, während 21 % glauben, dass Asylsuchende nur kommen, um "das Sozialsystem des Landes auszunutzen". Ein geschlossenes, menschenfeindliches Weltbild sei jedoch nur bei einer kleinen Gruppe von unter 1 % zu erkennen gewesen. Endgültige Ergebnisse will die Studie bis Ende August 2024 vorlegen. Es berichten FAZ (Helene Bubrowski), spiegel.de (Wolf Wiedmann-Schmidt) und taz (Konrad Litschko).
Lena Kampf (SZ) kritisiert, dass die Studie nichts über das tatsächliche Verhalten von Polizist:innen aussage. Es müsse dorthin geschaut werden, wo von ihnen Gewalt ausgeübt wird und gegen wen sich diese richtet. "Diese Taten werden zu oft gedeckt, Anzeigende mit Gegenanzeigen zum Schweigen gebracht."
Das Letzte zum Schluss
Stilles Örtchen: Wie die SZ meldet, hat ein betrunkener amerikanischer Tourist den Gleisbereich im S-Bahntunnel am Münchener Isartor genutzt, um dort auf die Gleise zu pinkeln. Er wurde nur knapp von der Bahn verfehlt, weil diese eine Schnellbremsung einleitete. Gegen den 40-Jährigen wurde ein Strafverfahren wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr eingeleitet.
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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
LTO/ok/chr
(Hinweis für Journalist:innen)
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Die juristische Presseschau vom 4. April 2023: . In: Legal Tribune Online, 04.04.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/51475 (abgerufen am: 23.11.2024 )
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