Extra-Gebühren für Inhaber von Girokonten beschäftigen die Gerichte. Außerdem in der Presseschau: Die Grünen wollen die Pressefreiheit stärken und ein polnisches Museum klagt gegen die Regierung.
Thema des Tages
Kontogebühren: Immer mehr Banken reagieren auf die niedrigen Zinsen, indem sie für bestimmte Leistungen Sondergebühren von den Inhabern von Girokonten verlangen. Gebühren für die Überziehung des Kontos beschäftigen jetzt den Bundesgerichtshof (BGH). Die Deutsche Bank verlangte 6,90 Euro, die Targobank 2,95 Euro für den Fall, dass das Konto überzogen wird, aber die Überziehungszinsen unter diesen Beträgen bleiben. Verbraucherschützer sehen darin eine unangemessene Benachteiligung der Kunden, so die Welt.
Die SZ (Felicitas Wilke) beschreibt die verschiedenen Gebühren, die von den Kreditinstituten erhoben werden und weist auf Änderungen im Zahlungskontengesetz hin, die ab kommendem Jahr mehr Transparenz bei den Gebühren vorschreiben. In einem weiteren Beitrag gibt die SZ (Harald Freiberger) einen Überblick über die Rechtsprechung zu Kontogebühren.
Rechtspolitik
Pressefreiheit: Die Grünen wollen mit mehreren Änderungen des Strafgesetzbuchs und der Strafprozessordnung den Schutz von Journalisten vor Strafverfolgung stärken. Einen entsprechenden Antrag hat die Fraktion in den Bundestag eingebracht, so ein Beitrag der taz (Christian Rath). Den Hintergrund bilden die Ermittlungen wegen Landesverrats gegen Redakteure von "netzpolitik" im vergangenen Jahr. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem eine Präzisierung des Begriffes "Staatsgeheimnis" vor. Außerdem sollen Journalisten sich nicht mehr durch Veröffentlichungen wegen Teilnahme an den Taten anderer strafbar machen, Ermittlungen gegen Journalisten erschwert und Gelegenheitsblogger geschützt werden.
In einem gesonderten Kommentar begrüßt Christian Rath (taz) den Vorstoß. Die Landesverrat-Affäre und deren Folgen zeigten, dass das "Eis, auf dem wir uns bewegen", dünn sei. Zwar sei zu bedenken, dass das Gesetz auch "Freunde von Verschwörungstheorien und rechte Hetzer" stärke, dies könne jedoch kein Argument gegen verbesserten Medienschutz sein.
Immobilienkredite: Die Bundesregierung plant strengere Regeln für die Vergabe von Immobilienkrediten. Der Gesetzentwurf aus dem Finanzministerium, über den die SZ (Cerstin Gammelin) berichtet, sieht vier Einschränkungen vor, die im Krisenfall greifen sollen. Damit soll u.a. die Entstehung einer neuen Immobilienblase verhindert werden.
Leistungsschutzrecht: Europapolitiker verschiedener Parteien wenden sich mit einer Kampagne gegen das von EU-Digitalkommissar Günther Oettinger geplante europäische Leistungsschutzrecht. Unter dem Slogan "Save The Link" werben sie für freies Verlinken und Einbinden fremder Inhalte. netzpolitik.org (Tomas Rudl) stellt die Initiative vor.
Insolvenzanfechtung: Seit über einem Jahr wird über die geplante Reform der Insolvenzanfechtung beraten. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass nur noch Geschäfte angefochten werden können, die maximal vier Jahre vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getätigt wurden. Bisher liegt die Frist bei zehn Jahren. Uneinigkeit besteht jedoch noch zwischen Rechts- und Finanzpolitikern der Union, ob es Privilegien für den Fiskus geben soll. Der Wirtschaftsrat der Union drängt auf eine Einigung, schreibt das Hbl (Heike Anger).
Erbschaftsteuerrefom: Für das Hbl kommentiert die Steuerjuristin Johanna Hey die jüngst beschlossene Reform der Erbschaftsteuer. Dass die vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Frist versäumt worden ist, sei ein Armutszeugnis. Die neue Regelung erzeuge wiederum Rechtsunsicherheit, die verfassungsrechtlichen Angriffsflächen seien groß. Insgesamt sei die "Erbschaftsteuergesetzmurkserei" ein "offenes Ärgernis".
Justiz
AG Ibbenbüren zu Zugunglück: Das Amtsgericht Ibbenbüren hat einen Landwirt wegen fahrlässiger Tötung zu zehn Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann ein Zugunglück fahrlässig verursacht hat. Wegen fehlender Sicherung habe sich der Gülleanhänger von seinem Traktor gelöst und sei auf den Schienen stehen geblieben. Eine Regionalbahn stieß wenig später mit dem Anhänger zusammen, wobei der Fahrer und eine Frau starben. Die FAZ (Reiner Burger) und spiegel.de berichten.
AG Düsseldorf zu Hetze auf Facebook: Das Amtsgericht Düsseldorf hat einen 20-Jährigen nach einer Meldung von spiegel.de wegen Volksverhetzung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann im Januar dazu aufgerufen hat, Polizeiwachen anzuzünden und Flüchtlinge "in einem Container langsam ersticken zu lassen" oder "in einem Boot zu versenken".
StA Hamburg zu Gruppenvergewaltigung: Die Hamburger Staatsanwaltschaft will gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg im Verfahren um eine Gruppenvergewaltigung Revision einlegen. Das Landgericht hatte die fünf mutmaßlichen Täter am vergangenen Donnerstag zu Haftstrafen verurteilt, die fast alle zur Bewährung ausgesetzt wurden. In einer Petition kritisieren viele Bürger das Urteil als zu milde, wie die SZ (Peter Burghardt) und spiegel.de schreiben.
Strafanzeige im Fall al-Bakr: Die Familie des toten Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr will Anzeige gegen Bedienstete der sächsischen Justiz erstatten. Das meldet lto.de. Es müsse geprüft werden, ob die Verantwortlichen sich wegen fahrlässiger Tötung strafbar gemacht haben, indem sie den mutmaßlichen Terroristen zu lange unbeaufsichtigt in einer Einzelzelle ließen.
OLG Düsseldorf zu Herbeiführung von "Gefahr im Verzug": Rechtsanwalt Detlef Burhoff (blog.burhoff.de) befasst sich mit einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf, die die Verwertbarkeit von Beweisen aus einer Wohnungsdurchsuchung zum Gegenstand hat. Die Polizeibeamten hatten Marihuana gerochen. Statt auf einen Durchsuchungsbeschluss zu warten, klopften sie an der Wohnungstür des später Angeklagten. Als dieser die Tür verriegelte, nahmen sie "Gefahr im Verzug" an und führten die Durchsuchung durch. Die Herbeiführung der Gefahr im Verzug sei ein schwerwiegender Verstoß, der zu einem Beweisverwertungsverbot führe, urteilten die Richter im Juni.
Arbeitsgerichte zu Kommunikation am Arbeitsplatz: Der Rechtsanwalt Philipp Wiesenecker gibt auf lto.de einen Überblick über die Rechtsprechung zu Äußerungsrechten am Arbeitsplatz. Während die Arbeitsgerichte bei Meinungsäußerungen grundsätzlich großzügig seien, sollten Arbeitnehmer bei DDR- und NS-Vergleichen und öffentlichen Äußerungen vorsichtig sein. Die Konkretisierung der Verhaltenspflichten könnte vertraglich oder durch Compliance-Richtlinien erfolgen.
Recht in der Welt
Polen – Weltkriegsmuseum: Noch vor seiner Eröffnung muss das Danziger Weltkriegsmuseum vor Gericht um seine Existenz kämpfen. Der polnische Kulturminister will das Museum mit einem anderen, eigens gegründeten Museum zusammenlegen, da es bisher zu wenig "polnisch" sei. Das Museum beruft sich auf das polnische Museumsgesetz, das für Zusammenlegungen die Zustimmung des "Rats für Museumsfragen" vorsieht. Zudem will der Leiter des Museums sein Urheberrecht geltend machen, das auch durch EU-Recht geschützt sei. Die SZ (Florian Hassel) berichtet.
Polen/Ungarn – Rechtsstaatsverfahren: In einem englischsprachigen Beitrag auf verfassungsblog.de plädiert Kim Lane Scheppele, Professorin für Soziologie und International Affairs (Princeton), dafür, nicht nur gegen Polen, sondern auch gegen Ungarn ein Rechtsstaatsverfahren nach Art. 7 EUV einzuleiten. So könne dem Problem begegnet werden, dass Ungarn die Sanktionen gegen Polen blockiert.
Belgien – Ceta: Die Wallonie hält am Nein zur vorläufigen Anwendung von Ceta fest. Eine bis Montagabend gesetzte Frist verstrich. Damit wird das Abkommen vorerst nicht unterzeichnet. Über das Nein der Wallonen und die Frage, wie es jetzt weitergeht, schreiben die FAZ (Hendrik Kafsack) und spiegel.de (Markus Becker).
Ulrich Ladurner (blog.zeit.de) sieht die Schuld am Scheitern nicht bei Wallonen, sondern bei Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der eingeknickt sei und den Vertrag als gemischtes Abkommen einstufte, statt es "rechtlich einwandfrei" als EU-only-Vertrag zu behandeln. Der Juniorprofessor Matthias Goldmann zeigt sich auf verfassungsblog.de hingegen irritiert von Forderungen, das Abkommen jetzt doch ohne direkte Beteiligung der Mitgliedstaaten zu verabschieden. Der Abschluss leide nicht an zu viel, sondern an zu wenig demokratischer Mitbestimmung. Sinnvoll sei es, in Zukunft auch die belgischen Regionalparlamente in Verhandlungen einzubinden.
Griechenland – Fernsehlizenzen: Das oberste Verwaltungsgericht Griechenlands soll in Kürze über die Lizenzen von fünf griechischen Fernsehsendern entscheiden. Sie sind bei der Vergabe durch den Staatssekretär Nikos Pappas aus dem Amt des Ministerpräsidenten leer ausgegangen, berichtet die FAZ (Tobias Piller). Die Kläger berufen sich auf die Verfassung, die einen Rundfunkrat vorsieht, über dessen Besetzung sich Regierung und Opposition jedoch nicht einigen können. Brisanz erhält das Verfahren dadurch, dass die Zeitung der Regierungspartei Syriza private E-Mails des Vizepräsidenten des Gerichts veröffentlicht hat.
USA – Klage gegen Deutsche Bank: Der Superior Court im kalifornischen Orange County hat nach einem Bericht des Hbl (Michael Maisch) eine Klage des US-Fondsriesen Blackrock und anderer Investoren gegen die Deutsche Bank zugelassen. Sie werfen dem Geldhaus vor, seine Pflichten als Treuhänder für Portfolios von Hypothekenderivaten verletzt zu haben. Zusätzlich sieht sich die Bank in den USA mit Strafforderungen in Höhe von 14 Milliarden Dollar konfrontiert.
USA – Prozess gegen deutschen Magier: Dem deutschen Zauberer Jan Rouven drohen in den USA bis zu 30 Jahre Haft. Ihm wird vorgeworfen, kinderpornographisches Material besessen, benutzt und verbreitet zu haben. Rouven bestreitet die Vorwürfe. Den Fall schildert die SZ (Jürgen Schmieder).
ICSID – Vattenfall: Mit dem Verfahren zwischen Vattenfall und der Bundesrepublik vor dem Investitionsschiedsgericht ICSID befasst sich jetzt auch deutschlandfunk.de (Gigi Deppe).
Sonstiges
Datenschutz bei Pokémon Go: Der Spielentwickler Niantic hat eine Abmahnung von Verbraucherschützern akzeptiert und will seine Nutzungs- und Datenschutzbedingungen für das Spiel "Pokémon Go" überarbeiten. Das teilte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) nach einer Meldung von spiegel.de mit. netzpolitik.org (Ingo Dachwitz) hält das Spiel weiterhin für bedenklich in Bezug auf die gesammelten Informationen und rät dazu, sich abzumelden und die Daten löschen lassen.
Falsche Angaben bei Hartz-IV-Antrag: Falsche Angaben bei der erstmaligen Stellung eines Hartz-IV-Antrags können seit August leichter sanktioniert werden. Ein entsprechender Bußgeldtatbestand wurde geschaffen. Eine Betrugsstrafbarkeit scheitere oft daran, dass der Vorsatz nicht nachgewiesen werden könne, so die SZ (Thomas Öchsner).
Rainer Haubrich (Welt) begrüßt die Änderung: Nicht nur die Demokratie, auch der Sozialstaat müsse auf seine Weise "wehrhaft" sein.
Das Letzte zum Schluss
Streit um Unterschrift: Falsche Person, zu krakelig, zu schräg – Eine Arbeitnehmerin ist dreimal erfolgreich vor Gericht gezogen, um ein ordentlich unterschriebenes Arbeitszeugnis zu bekommen. Beim ersten Zeugnis ließ der Geschäftsführer die Personalreferentin unterschreiben. Beim zweiten Mal unterschrieb er angeblich wegen eines Schlüsselbeinbruchs sehr krakelig. Schließlich fand sich eine schräge Unterschrift unter der Beurteilung. Damit verletzte er jedes Mal seine Pflicht, ein ordnungsgemäßes Arbeitszeugnis auszustellen entschieden die Richter und verhängten ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000 Euro, wie spiegel.de berichtet.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der heutigen Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/dw
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 25. Oktober 2016: Kontogebühren vor Gericht / Grüne für mehr Pressefreiheit / Polnisches Museum in Gefahr . In: Legal Tribune Online, 25.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20962/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
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