Vor dem Bundesverfassungsgericht hat Sigmar Gabriel vor einem Scheitern des Ceta-Abkommens gewarnt. Außerdem in der Presseschau: das Mindestalter für die Ehe soll angehoben werden und China plant eine Überwachung von Elektroautos.
Thema des Tages
BVerfG – Ceta: Bei der Verhandlung über die vorläufige Anwendung des Ceta-Abkommens vor dem Bundesverfassungsgericht am Mittwoch hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor einem Scheitern des Abkommens gewarnt. Kanada werde eine Verzögerung nicht akzeptieren und der Schaden für das Ansehen der EU bei Nichtzustandekommen des Abkommens sei gigantisch, wird Gabriel von taz (Christian Rath), Tsp (Jost Müller-Neuhof), FAZ (Helene Bubrowski) zitiert. Wie die SZ (Wolfgang Janisch) berichtet, war ein zentraler Punkt der Anhörung, ob Deutschland aus dem Abkommen wieder aussteigen kann.
Einen Überblick über die Positionen der Beschwerdeführer liefert noch einmal swr.de (Gigi Deppe). Nach Auffassung von Heribert Prantl (SZ) ist die Sorge um den Kern parlamentarischer Demokratie das wichtigste Problem, um das es im Eilverfahren gehe. Viele andere Probleme, die das Abkommen mit sich bringe, würden dagegen erst im Hauptverfahren geklärt.
Das HBl (Heike Anger) porträtiert den Bielefelder Rechtsprofessor Franz Mayer, der die Bundesregierung vor dem BVerfG vertritt.
Rechtspolitik
Bodycams: Das Vorstandsmitglied der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz (EAID) Dennis-Kenji Kipker liefert auf community.beck.de einen Überblick über den aktuellen Stand der Gesetzgebung und datenschutzrechtliche Probleme von Bodycams, deren Regelung im Polizeigesetz der Landtag von Baden-Würtemberg beschließen will. Nach Einschätzung von Christian Rath (taz) ist vor allem die einseitige Kontrolle durch die Polizei problematisch, nicht dagegen das sogenannte Pre-Recording. Der Begriff Vorratsdatenspeicherung sei hierfür zu hoch gegriffen, da es um die vorsorgliche Aufzeichnung von gerade mal 60 Sekunden gehe, bei der die Polizei offen agiere.
Sozialleistungen für EU-Ausländer: Wie zeit.de berichtet, hat das Bundekabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, wonach EU-Ausländer künftig für fünf Jahre von Hartz-IV-Leistungen und Sozialhilfe ausgeschlossen sind, wenn sie in Deutschland noch nie gearbeitet haben.
Digitalpakt: Der Medienpädagoge Daniel Seitz kommt auf netzpolizik.org zu dem Ergebnis, dass der Digitalpakt, mit dem die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Johanna Wanka, die IT-Infrastruktur von Schulen fördern will, auf wackligen Füßen stehe.
Kinderehe: Die Bundesregierung will noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, mit dem das Mindestalter für die Ehe von 16 auf 18 Jahre angehoben werden soll und religiös geschlossene Ehen von unter 18-Jährigen verboten würden. Geistliche, die sich nicht an das Verbot halten, sollen, wie zeit.de schreibt, mit einem Bußgeld belegt werden.
Kinder- und Jugendgesetz: Ein Gesetzentwurf, mit dem Familienministerin Manuela Schwesig das achte Sozialgesetzbuch (SGB VIII) reformieren will, stärkt kritischen Stimmen zufolge, welche die taz (Kaija Kutter) wiedergibt, weniger die Kinderrechte, sondern die Macht des Staates.
Erbschaftsteuer: Nach einem Bericht der FAZ (Manfred Schäfers) ist die Zustimmung im Bundesrat für die Reform der Erbschaftsteuer gesichert. Ebenfalls in der FAZ geben die Rechtsanwälte Christian von Oertzen und Frank Hannes einen Überblick darüber, wer von den neuen Regelungen begünstigt wird.
Justiz
EuGH zu Urheberrechten: Wer Software auf CD oder DVD weiterverkaufen möchte, muss dem Käufer den originalen Datenträger übergeben. Eine Sicherungskopie genügt nicht, selbst wenn das Original verloren gegangen oder beschädigt ist. Die hat der Europäische Gerichtshof entschieden, wie Adrian Schneider auf lto.de berichtet.
BVerwG zu Altersgrenze: Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Regelaltersgrenze für die Verbeamtung in Nordrhein-Westfalen verfassungsgemäß. Der Rechtsanwalt Robert Hotstegs erläutert auf lto.de die Entscheidung und schafft einen Überblick über verschiedene Altersgrenzen im förderalistisch geprägten Beamtenrecht.
BGH zu notariellen Unterlassungserklärungen: Nach Einschätzung von internet-law (Thomas Stadler) hat der Bundesgerichtshof durch eine soeben veröffentliche Entscheidung die Diskussion, ob es sinnvoll ist, statt einer schriftlichen Unterlassungserklärung eine notarielle Unterwerfungserklärung abzugeben, beendet. Letztere sei nicht geeignet, die Gefahr einer gerichtlichen Inanspruchnahme zu beseitigen und damit hinfällig.
BGH – HSH-Nordbank: Der Bundesgerichtshof hat am Dienstag die Freisprüche für sechs frühere Vorstandsmitglieder der HSH-Nordbank vom Vorwurf der Untreue aufgehoben. Nun muss der Prozess neu aufgerollt werden, meldet die FAZ.
BGH zu Online-Wertersatz: Wie lto.de berichtet, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass dem Verbraucher beim Fernabsatz kein wertsatzfreier Umgang mit der Kaufsache gestattet ist, welcher über die Möglichkeiten hinausgeht, die er beim stationären Einkauf im Laden gehabt hätte.
OLG München – NSU-Prozess: Zu den Vorwürfen, sie habe im Mai 2000 eine Berliner Synagoge ausgespäht, schweigt die mutmaßliche Rechtsterroristin Beate Zschäpe im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München. Ihr Verteidiger machte dabei geltend, dass an der Methode schriftlich verfasster Antworten festgehalten werde, berichtet spiegel.de (Wiebke Ramm).
LG Cottbus zu BER-Manager: Nach einem Bericht der FAZ hat das Landgericht Cottbus einen ehemaligen Manager des Berliner Flughafens BER zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Bestechlichkeit verurteilt.
LG Bamberg – Chefarzt: Die SZ (Annette Rammelsberger) schildert den Prozess gegen den früheren Chefarzt Heinz W., dem die Vergewaltigung von ehemaligen Patientinnen vorgeworfen wird. Nun habe die Staatsanwaltschaft 15 Jahre Haft gefordert, was von der Verteidigung umgehend als maßlos kritisiert worden sei, weshalb der Antrag 'nach hinten losgehen' könne. Ein Urteil wird für Montag erwartet.
StA Düsseldorf – Missbrauch: Wie spiegel.de meldet, hat die Staatsanwaltschaft Düsseldorf Anklage wegen schwerem sexuellen Missbrauch, Besitz kinderpornografischer Schriften und Körperverletzung gegen einen Düsseldorfer erhoben, dem vorgeworfen wird, einen Jungen aus der Schweiz zu ihm in die Wohnung gelockt und dort eine Woche lang festgehalten und missbraucht zu haben.
Fremdenhass: Die SZ (Matthias Drobinski) schildert den Fall der Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, die ein Buch über die Fremdenangst in Deutschland schrieb und dafür mit E-Mails voller Beleidigungen und Drohungen attackiert wurde. Nun fordert sie die Justiz auf, ein Zeichen gegen den Hass zu setzen und hat 100 Strafanträge bei der Polizei gestellt.
Recht in der Welt
Großbritannien – EMRK: Die Wissenschaftliche Mitarbeiterin Hannah Birkenkötter erläutert auf verfassungsblog.de, warum ein Opt-out aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) für britische Streitkräfte eher unwahrscheinlich ist. Von gewichtigen Pflichten der EMRK sei keine Abweichung zulässig, weshalb die rechtlichen Handlungsspielräume eingeschränkt seien.
Niederlande – Netzneutralität: Die Niederlande haben nun stärkere Regeln zur Netzneutralität als der Rest Europas. Wie Tomas Rudl auf netzpolitik.org schreibt, hat der niederländische Senat mit großer Mehrheit eine Gesetzesänderung verabschiedet, die Preisdiskriminierung und damit Zero Rating verbietet.
USA – Überwachung: Wie netzpolitik.org (Markus Beckedahl) berichtet, hatte die US-Überwachungsfirma Geofeedia privilegierten Zugang zu Facebook, Instagram und Twitter, der dafür genutzt wurde, Dienstleistungen für Ermittlungsbehörden anzubieten, die so in Echtzeit lokale Proteste überwachen.
China – Überwachung von Elektroautos:
Mitarbeiter des chinesischen Industrieministeriums entwerfen ein System zur Überwachung von Elektroautos und könnten damit die Pläne deutscher Hersteller konterkarieren, die Datensicherheit zu ihrem Markenzeichen erklärt haben, schätzt das HBl (Stephan Scheuer/Markus Fasse) ein.
Sonstiges
Bürgerentscheid zu Bebauungsplanverfahren: Wie der Rechtsanwalt Hans-Jörg Birk in der FAZ erläutert, verstoßen Bürgerentscheide, die Bebauungsplanverfahren zu steuern versuchen, gegen die bundesrechtliche Verpflichtung der Gemeinde zur Planung und sind damit verfassungswidrig.
Weltraum-Rechte: Vor dem Hintergrund der zunehmenden Nutzung des Weltraums, befasst sich der Kölner Professor Stephan Hobe in der FAZ mit dem rechtlichen Rahmen der menschlichen Erforschung und Nutzung des Weltraums, der auf internationaler Ebene durch fünf völkerrechtliche Verträge und eine Reihe von Resolutionen der UN-Generalversammlung gebildet wird. Die Nutzung dürfe nur zu friedlichen Zwecken geschehen, müsse sich möglichst umweltschonend gestalten und dürfe nicht gegen das Verbot nationaler Aneignung verstoßen.
Entschädigung Domspatzen: Die Betroffenen des Missbrauchsskandals bei den Regensburger Domspatzen werden entschädigt. Wie die taz (Patrick Guyton) schreibt, sollen sie zwischen 5.000 und 20.000 Euro erhalten. Über die Höhe werde ein Anerkennungsgremium entscheiden.
Zugriff auf Meldedaten: Die Zeit (Jochen Bitter) bemängelt, dass übertriebener Datenschutz die Behörden daran hindere, potenzielle Terroristen und Kriegsverbrecher unter Geflüchteten aufzuspüren. So hätten deutsche Geheimdienste keinen Zugriff auf das sogenannte Kerndatensystem, in dem seit Anfang des Jahres alle Kerndaten von Asylbewerbern zentral gespeichert werden.
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ml
(Hinweis für Journalisten)
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 13. Oktober 2016: Gabriel warnt / Aus für Kinderehe / Überwachte Elektroautos . In: Legal Tribune Online, 13.10.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20821/ (abgerufen am: 04.07.2024 )
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