BVerfG hält das Verbot artwidriger sexueller Handlungen an Tieren aufrecht. Außerdem in der Presseschau: Lufthansa vergleicht sich mit diskriminierter Pilotenanwärterin, NSA-Ausschuss auf BND ausgedehnt und Bundestag veröffentlicht Gutachten.
Thema des Tages
Tierschutz vor Selbstbestimmung: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass sexuelle Handlungen mit Tieren verboten werden dürfen. Konkret ging es um eine Verschärfung des Tierschutzgesetzes aus dem Jahr 2012. Seitdem können sexuelle Handlungen mit Tieren, durch die sie zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen werden, mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro geahndet werden. Zuvor waren solche Handlungen nur verboten, wenn sie zu erheblichen Verletzungen des Tieres führten. Die zwei Beschwerdeführer, die sich sexuell zu Tieren hingezogen fühlen, rügten eine Verletzung ihres Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung. Diese sah das BVerfG nicht als gegeben an. Der Schutz von Tieren vor artwidrigen sexuellen Übergriffen sei legitimes Ziel. Zudem sei die Regelung verhältnismäßig, weil sie nur greife, wenn das Tier zu etwas gezwungen werde und als Ordnungswidrigkeit ausgestaltet worden sei. Über die Entscheidung berichten die taz (Christian Rath) und lto.de.
Rechtspolitik
Strafkammertag: Einen Überblick über die Forderungen der 70 Strafrichter, die am Strafkammertag in Hannover teilnahmen, schafft lto.de (Tanja Podolski). So sei gefordert worden, Wirtschaftsstrafkammern mit eigenem Fachkräftepool aus Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zu schaffen. Daneben standen Möglichkeiten zur effizienteren Gestaltung der Hauptverhandlung im Fokus.
Widerrufsjoker: Wie die FAZ (Joachim Jahn) berichtet, hat der Bundestag die Regeln für Immobilienkredite geändert und den sogenannten Widerrufsjoker abgeschafft. Nach der Gesetzesänderung erlischt das Widerrufsrecht für Kreditverträge, die zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden, nach dem 21. Juni dieses Jahres.
Zeitarbeit und Werkverträge: Bundesarbeitsministerin Nahles hat den Gesetzentwurf zu Zeitarbeit und Werkverträgen überarbeitet. Insbesondere wurden die geplanten Regelungen gegen einen angeblich missbräuchlichen Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen von Werkverträgen entschärft. Anstelle des umstrittenen Kriterienkatalogs mit möglichen Missbrauchstatbeständen, enthält der neue Entwurf lediglich eine allgemein formulierte Definition des Arbeitnehmerbegriffs. Über die Änderungen berichten die FAZ (Dietrich Creutzburg) und Hbl (Frank Specht).
Bundespolizeibeauftragter: Die grüne Bundestagsfraktion hat einen Gesetzentwurf zur Einsetzung eines Polizeibeauftragten auf Bundesebene vorgelegt. Er sieht vor, analog zum Wehrbeauftragten des Bundestags, eine mit knapp zwei Millionen Euro Jahresetat ausgestattete Ombudsstelle für die Polizeibehörden des Bundes einzurichten. Durch diese zentrale Anlaufstelle für Bürger und Beamte soll dem Missstand begegnet werden, dass Verstöße aus Angst und Gruppenzwang häufig nicht gemeldet werden, schreibt spiegel.de (Jörg Diehl).
Justiz
BAG zu Diskriminierung einer Pilotenanwärterin: Die Lufthansa hat sich vor dem Bundesarbeitsgericht mit der Pilotenanwärterin, der wegen ihrer das Einstellungskriterium von 1,65 Metern verfehlenden Körpergröße ein Ausbildungsplatz verweigert worden war, auf eine Entschädigung in Höhe von drei Monatsgehältern geeinigt. Hätte sich die Fluggesellschaft nicht auf den Vergleich eingelassen, hätte ihr eine Verurteilung gedroht. Das BAG habe nämlich deutlich gemacht, dass es in der Regelung eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts sehe, da Frauen nun einmal im Durchschnitt kleiner seien als Männer. Es berichten die taz (Christian Rath) und die FAZ (Joachim Jahn).
EuGH zu Bank Mellat: verfassungsblog.de (Maximilian Steinbeis) analysiert die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs im Fall Bank Mellat. Die der Mitwirkung am iranischen Atomprogramm verdächtigte Bank hatte gegen die Auferlegung von UN-Sanktionen geklagt und Recht bekommen. Wobei der EuGH im Hinblick auf die Geltung von Grundrechten kein Problem in der Staatsnähe der Bank gesehen habe. Damit bleibe die Frage offen, ob Staaten Träger europäischer Grundrechte sein können.
BVerfG zu europäischem Haftbefehl: Der wissenschaftliche Mitarbeiter Mathias Hong befasst sich auf verfassungsblog.de in englischer Sprache mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum europäischen Haftbefehl und ordnet sie in die Tradition der "Solange"-Entscheidungen ein.
BVerfG – NPD-Verbotsverfahren: In zwei Wochen beginnt vor dem Bundesverfassungsgericht das Verbotsverfahren gegen die NPD. Der Zweite Senat habe die Verhandlung auf drei Tage angesetzt. Ob das ausreichen werde, gelte als ungewiss, weil die NPD sich bisher inhaltlich noch überhaupt nicht zum Verbotsantrag des Bundesrates geäußert habe, berichtet die SZ (Wolfgang Janisch). Die FAZ (Justus Bender u.a.) befasst sich mit der Verteidigungsstrategie des NPD-Anwaltes Peter Richter. Dieser wolle das Verfahren an unüberwindbaren Hindernissen, wie der fehlenden Vetraulichkeit der Mandantengespräche, scheitern lassen.
VG Berlin – Bundestagsausweis für Nazi: Das Berliner Verwaltungsgericht wird noch im ersten Halbjahr über die Klage auf Erteilung eines Bundestagsausweises von Uwe Meenen verhandeln. Meenen gehört zum Vorstand der NPD und ist Mitarbeiter von Udo Voigt, der für die Partei im Europaparlament sitzt. Als solcher hat er nach der Geschäftsordnung Anspruch auf einen Hausausweis, der ihm jedoch unter Verweis auf seine "Unzuverlässigkeit" wegen Verurteilung zu einer Bewährungsstrafe verwehrt wird. Diese teilt er jedoch mit seinem Vorgesetzten, der folglich auch als unzuverlässig gelten müsste, schreibt Tsp (Jost Müller-Neuhof).
BGH zu Kita-Kündigung: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Eltern zur Eingewöhnung ihrer Kinder in der Kita keine Probezeit zugestanden werden muss. Eine Kündigungsfrist von zwei Monaten zum Monatsende sei im Hinblick auf die Planungssicherheit des Betreibers unbedenklich. Über die Entscheidung berichten die FAZ (Joachim Jahn) und lto.de.
OLG München – NSU-Prozess: Ein neuerlicher Befangenheitsantrag des Angeklagten Ralf Wohlleben, dem sich Beate Zschäpe anschloss, könnte Folgen haben. Den Richtern wird vorgeworfen, bereits jetzt von der Schuld des Angeklagten überzeugt zu sein. Dies ergebe sich aus einem Beschluss, den der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am Vortag verlesen hatte. In diesem fand sich die Formulierung "nach der letzten Straftat der angeklagten Personen". Es fehlte also der Hinweis darauf, dass die Schuld noch nicht erwiesen ist. Die Ereignisse schildern die SZ (Tanjev Schultz), spiegel.de (Hendrik Ternieden) und zeit.de.
FG Kassel zu Cum-Ex: Das hessische Finanzgericht hat seine harte Linie gegen Aktiengeschäfte rund um den Dividendenstichtag, sogenannte Cum-Ex-Geschäfte, bestätigt, schreibt die FAZ (Joachim Jahn). Die Richter hätten die Klage einer Bank zurückgewiesen, der das Finanzamt die Anrechnung von Kapitalertragsteuer verweigert hatte.
BGH – Vergangenheitsbewältigung: Nun befasst sich auch die taz (Christian Rath) mit der Vergangenheitsbewältigung des Bundesgerichtshofs. Die Rechtsprechung mit der Sinti und Roma unter Verweis auf ihre kriminellen Abstammungsmerkmale Entschädigungen für erlittene Deportationen verweigert wurden, habe BGH-Präsidentin Bettina Limperg als beschämend bezeichnet.
Recht in der Welt
Österreich – Flüchtlingsobergrenze: EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos hat die von Österreich festgelegten Tagesobergrenzen von 3.200 Flüchlingen und 80 Asylanträgen als rechtswidrig bezeichnet. Die Maßnahmen seien nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Genfer Konvention sowie mit Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta vereinbar, gibt zeit.de seinen Brief an die österreichische Innenministerin Mikl-Leitner wieder.
Österreich – Amtsgeheimnis: Wie Arne Semsrott auf netzpolitik.org schreibt, hat das Forum Informationsfreiheit (FOI) die Verzögerungstaktik der österreichischen Regierung bei der Abschaffung des Amtsgeheimnisses kritisiert. In Österreich ist das Amtsgeheimnis, also die grundsätzliche Geheimhaltung von amtlichen Informationen, in der Verfassung verankert.
EU-Brexit: Beim EU-Gipfel wird darüber verhandelt, ob Großbritannien die Sozialleistungen für EU-Arbeitnehmer mit einer Notbremse beschneiden darf und eine Art Vetorecht beim Umgang mit den Banken in der EU bekommt. Scheitern dürften die Verhandlungen nicht, da der Brexit dann kaum noch zu verhindern wäre, schreibt die taz (Eric Bonse).
Russland – Desinformation: BND und Verfassungsschutz sollen herausfinden, ob die russische Regierung mit geheimdienstlichen Mitteln die öffentliche Meinung in Deutschland zu beeinflussen sucht. Dass es sich dabei nicht allein um ein deutsches Phänomen handelt, zeige die Veröffentlichung der jüngsten Desinformationskampagnen durch den Auswärtigen Dienst der EU seit Oktober 2015, schreibt die SZ (Stefan Kornelius u.a.).
USA – Apple vs FBI: Nun widmet sich auch zeit.de (Patrick Beuth) dem Verlangen des FBI, Apple möge bei der Entschlüsselung seiner eigenen Software behilflich sein. Auch bei der Einschränkung von kryptografischen Sicherheitstechniken müsse danach geschaut werden, ob sie durch die vorraussichtliche Minderung eines Lebensrisikos gerechtfertigt sei. Ein solcher Fall sei bei mutmaßlichen Terroristen gegeben, meint Nicolas Richter (SZ). Apple dürfe sich hier nicht zur vierten Staatsgewalt aufschwingen.
Sonstiges
BND-Untersuchungsausschuss: Wie zeit.de (Kai Biermann) schreibt, haben Linkspartei und Grüne einen sogenannten Erweiterungsantrag gestellt, mit dem erreicht werden soll, dass die Aufgaben und Fragebefugnisse des NSA-Ausschusses auf den BND ausgedehnt werden. Die Einzelheiten der Auftragserweiterung stellt Anna Biselli auf netzpolitik.org vor.
NSU-Untersuchungsaussschuss: Im zweiten NSU-Untersuchungsausschuss hat der Kriminaltechniker Frank Lenk zu den Ermittlungen nach dem Brand im November 2011 in der Frühlingsstraße in Zwickau ausgesagt. Es sei die erste Zeugenbefragung in dem im November konstituierten Ausschuss gewesen, schreibt die taz (Konrad Litschko).
Frag den Bundestag: Wie Arne Semsrott auf netzpolitik.org mitteilt, hat der Ältestenrat des Bundestages beschlossen, dass künftig tausende Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes online auf der Bundestags-Website veröffentlicht werden. Grund für den Beschluss sei die Kampagne #FragDenBundestag gewesen, mit der Nutzer Gutachten angefragt hatten, die der Bundestag nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgeben muss.
Köln-Untersuchungsausschuss: Seit diesem Donnerstag beschäftigt sich ein Untersuchungsaussschuss des Landtags Nordrhein-Westfalen mit den Vorfällen in der Silvesternacht und den Konsequenzen daraus. Das geplante Vorgehen und die Hintergründe beschreibt zeit.de (Christoph Herwartz).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Am Montag erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/ml
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 19. Februar 2016: Kein Sex mit Tieren / Vergleich mit Pilotenanwärterin / BND-Untersuchung . In: Legal Tribune Online, 19.02.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18521/ (abgerufen am: 03.07.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag