Die juristische Presseschau vom 17. Dezember 2015: Red­sam­keit im NSU-Pro­zess / Griff nach Daten / SG Berlin stellt sich gegen BSG

17.12.2015

Recht in der Welt

Türkei – Abschiebungen nach Syrien: Amnesty International wirft türkischen Behörden vor, Flüchtlinge aus Syrien in "Haftzentren" festzuhalten und zur Rückkehr in das Bürgerkriegsland zu zwingen. Die Türkei verstoße damit eindeutig gegen internationales Recht. Die "Haftzentren" seien mit EU-Mitteln eingerichtet worden, geben spiegel.de und taz (Jürgen Gottschlich) die Kritik wieder.

Sollte die Kritik zutreffen, seien die angeblichen moralischen Standards der EU als leeres Gerede enttarnt, meint Christian Bommarius (BerlZ).

Polen – Verfassungsgericht: Polens Regierung legt nach beim Versuch das Verfassungsgericht unter seine Kontrolle zu bringen. Ein Gesetzentwurf über den das Parlament noch an diesem Donnerstag in erster Lesung abstimmen will, sieht vor, dass das Verfassungsgericht bei etlichen Verfahren künftig nur noch in voller Besetzung entscheiden kann. Zudem sollen Verfassungsrichter künftig nicht mehr vom Präsidenten, sondern vom Parlamentspräsidenten vereidigt werden und Entscheidungen über die Verfassungsmäßigkeit von Parteien eingeschränkt werden, schildert SZ (Florian Hassel).

Sonstiges

Abgas-Skandal: Drei Monate nach dem Ausbruch des Abgas-Skandals hat nun auch das Europäische Amt für Betrugsbkämpfung Ermittlungen gegen VW aufgenommen. Dabei geht es um die Frage, ob VW Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) zu Unrecht erhalten und EU-Gelder für Forschung und Entwicklung zweckentfremdet hat. Die EIB habe dem Konzern günstige Kredite unter anderem für die Entwicklung umweltfreundlicher Motoren gewährt. Auch das EU-Parlament sei mit dem Abgas-Skandal befasst und werde einen Untersuchungsausschuss einsetzen, der die Rolle der EU-Kommission beleuchten soll, schreibt die taz. Weil wichtige Programme für die Manipulation der Abgaswerte vom Autozulieferer Bosch kamen, ermittelt die Staatsanwalt Stuttgart nun auch gegen den Zulieferer. Es werde dem Verdacht nachgegangen, ob sich die Firma an einer möglichen Straftat von VW beteiligt hat, gibt SZ (Thomas Fromm u.a.) die Auskunft der Staatsanwaltschaft wieder.

Vorgehen gegen Hasskommentare: Nach Meinung von Christian Bommarius (BerlZ) darf Justizminister Heiko Maas Facebooks Ankündigung, sich bei der Überprüfung gemeldeter Inhalte künftig nach deutschem Recht richten zu wollen, als Erfolg seiner "Task-Force" betrachten. Von einem Forschritt lasse sich allerdings erst sprechen, wenn Facebook deutlich und transparenter als bisher gegen Hasskommentare vorgehe. Sollte sich der Konzern dazu auch zukünftig außerstande sehen, müsse ihm die Justiz entschlossener als bisher auf die Sprünge helfen.

Westlicher Lebensstil: Auf rechtslupe.de werden die Voraussetzungen für die Annahme einer bestimmten sozialen Gruppe im Sinne des Asylverfahrensgesetzes beleuchtet. Diese seien bei afghanischen Frauen, die infolge eines längeren Aufenthaltes in Europa in einem solchen Maße westlich geprägt wurden, dass ihnen eine Anpassung ihres Lebensstils an in Afghanistan erwartete Verhaltensweisen und Traditionen nicht mehr zuzumuten sei, gegeben.

Das Letzte zum Schluss

Liebesterror: Die FAZ (Reiner Burger) schildert den Fall eines Pfarrers, der seit fünfzehn Jahren von einer liebestollen Rentnerin verfolgt wird. Sie rufe ihn mehrmals täglich an, teile ihm ihre sexuellen Wünsche in Briefen, Mails und SMS mit und dekoriere den Vorgarten des Pfarrhauses mit Herzen, Blumen und Luftballons. Wegen Nachstellung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz war sie dafür im März 2014 vom Amtsgericht zu vierzehn Monaten Freiheitsentzug ohne Bewährung verurteilt worden. Es schien, als hätte der Pfarrer wenigstens eine Weile lang seine Ruhe. Weil aber sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung Berufung einlegten, wurde das Verfahren neu aufgerollt. Nun befand das Landgericht Arnsberg, dass die Schuldfähigkeit der Rentnerin nicht eindeutig feststellbar sei. Auch ihre Einweisung in die Psychiatrie komme nicht in Betracht. Sie sei zwar lästig, aber nicht gemeingefährlich. Der Liebesterror für den Pfarrer geht damit wohl weiter.

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Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.

lto/ml

(Hinweis für Journalisten)

Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 17. Dezember 2015: Redsamkeit im NSU-Prozess / Griff nach Daten / SG Berlin stellt sich gegen BSG . In: Legal Tribune Online, 17.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17892/ (abgerufen am: 03.07.2024 )

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