Die juristische Presseschau vom 20. Dezember 2013: Wulff erhält "Vor-Freispruch" – 50 Jahre Auschwitz-Prozess – Chodorkowskij vor Begnadigung

20.12.2013

Das LG Hannover will den Wulff-Prozess einstellen. Nicht nur die Verteidiger plädieren aber für einen echten Freispruch. Außerdem in der Presseschau: 50 Jahre Auschwitz-Prozess, "Oma Gerti" vor Gericht, EuGH zum Widerruf von Lebensversicherungen, Grenzen für die NSA, Chodorkowskij vor Begnadigung und Justizposse um unwillkommene Weihnachtsgrüße.

Thema des Tages

LG Hannover – Wulff-Prozess: Der Korruptionsprozess gegen Ex-Bundespräsident Christian Wulff und David Groenewold vor dem Landgericht Hannover wird fortgesetzt. Wie SZ (Charlotte Parnack) und FAZ (Robert von Lucius) berichten, hätten weder Verteidigung noch Staatsanwaltschaft einem Einstellungsvorschlag des Vorsitzenden Richters zugestimmt. Dieser habe erklärt, er halte die Vorwürfe nach dem bisherigen Stand des Verfahrens für "widerlegt oder nicht nachweisbar" und deswegen eine Einstellung wegen Geringfügigkeit angeboten. Die Verteidigung bestehe aber auf einen "vollen Freispruch", die Staatsanwaltschaft wolle die Beweisaufnahme fortführen. Die Welt (Ulrich Exner) und zeit.de (Ludwig Greven) zeichnen in ihren Reportagen ein lebendiges Bild der Auseinandersetzung.

Heribert Prantl (SZ) kommentiert das Angebot des Gerichts als "Vor-Freispruch" und hält es für den "Anfang vom schnellen Ende des Wulff-Prozesses". Er wünscht sich von der Staatsanwaltschaft "den Mut, Freispruch für Wulff zu beantragen" und fragt, ob aus der "angeblichen Staatsaffäre … womöglich noch eine echte Staatsaffäre" wird – nämlich eine Affäre der Ermittlungsbehörden. Die eigentlich Frage laute nämlich, wer "so ein gewaltiges Interesse an exzessiven Ermittlungen" hatte und warum. Lukas Wakraff (taz) hält Wulff für "genug gestraft". Schließlich seien "Wulffs Missetaten … längst nicht so gravierend, wie sie zeitweilig dargestellt wurden." Auch Rüdiger Scheidges (Handelsblatt) glaubt, dass Wulff wohl "nicht gegen geschriebene Gesetze verstoßen habe". Als Bundespräsident sei er dennoch "eine Fehlbesetzung" gewesen, weil er "nie begriffen" habe, dass das Amt auch "die ungeschriebenen Gesetze von Sitte und Anstand" umfasse. Gisela Friedrichsen (spiegel.de) schließlich kritisiert das Angebot einer Verfahrenseinstellung, das "Zweifel an der Souveränität der Richter" aufkommen lasse.

Rechtspolitik

Antikorruptionsgesetz in NRW: Nordrhein-Westfalen hat sein Antikorruptionsgesetz überarbeitet. Kritiker bemängeln, dass dennoch alte Lücken blieben. So kontrolliere das Land nach wie vor nicht die als wichtiges Instrument gesehene Stellenrotation bei den Kommunen, berichtet die taz (Heinz Krischer). Auch finde das Gesetz auf privatwirtschaftliche Tochterunternehmen der Kommunen gar keine Anwendung, obwohl hier 60 Prozent der kommunalen Investitionsmaßnahmen erfolgten.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 20. Dezember 2013: Wulff erhält "Vor-Freispruch" – 50 Jahre Auschwitz-Prozess – Chodorkowskij vor Begnadigung . In: Legal Tribune Online, 20.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10437/ (abgerufen am: 02.07.2024 )

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