Kinder sollen in der Novelle des Strafrechts besser geschützt werden. Außerdem in der heutigen Presseschau: Das BVerfG stärkt die Rechte des Angeklagten beim sogenannten "Deal", der DJT berät unter anderem über Urheberrecht und Mordmerkmale, der BGH zur Zeugnisverweigerung von Angehörigen, Hell's Angels stehen im Fokus der Exekutive und warum eine Hochzeit in Witten wiederholt werden soll.
Thema des Tages
Verschärfung des (Sexual)-Strafrechts: Der am gestrigen Mittwoch im Bundeskabinett verabschiedete Gesetzentwurf sieht einerseits einen besseren Schutz von Persönlichkeitsrechten vor. So soll das Fotografieren einer nackten Person zu einer strafbaren Handlung werden. Die Befugnis ergibt sich bei Kindern durch die Einwilligung der Eltern. Auch Bildaufnahmen, die geeignet sind dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, sollen strafbar werden. Andererseits soll das Sexualstrafrecht an verschiedenen Punkten verschärft werden. So ist eine Erhöhung des Strafrahmens beim Besitz von Kinderpornografie von zwei auf drei Jahre vorgesehen sowie die Strafbarkeit der gezielten Anbahnung von sexuellen Kontakten zu Kindern, "Grooming", auch per Telefon. Ebenso soll die Verjährungsfrist nach der Reform erst zu laufen beginnen, wenn das Opfer einer Sexualstraftat ein Alter von 30 Jahren erreicht hat. Sogenannte "Posing-Bilder", Aufnahmen, die Kinder in unnatürlich geschlechtsbetonter Haltung zeigen, werden auch dann unter Strafe gestellt, wenn das Kind die Haltung im Schlaf eingenommen hat. Es berichten die FAZ (Helene Bubrowski), taz (Christian Rath), sueddeutsche.de (Anna Fischhaber) und lto.de (Constantin van Lijnden).
Heribert Prantl (SZ - Onlinefassung) kritisiert den Gesetzentwurf als "Produkt strafrechtlicher Hysterie." Das neue "Anti-Nackt-Strafrecht" strafe "ein absolut nicht strafwürdiges Verhalten, weil irgendwer irgendwann Strafwürdiges dabei denken oder damit anstellen könnte". Christian Rath (taz) hält die geplante Strafvorschrift zum Schutz des Ansehens von fotografierten Personen für "unnötig, unbestimmt und unverhältnismäßig". Thomas Stadler (internet-law.de) kritisiert das unklare Verhältnis der neuen Foto-Regeln zum bereits bestehenden Kunsturhebergesetz.
Rechtspolitik
Beratungen des DJT: Die SZ (Wolfgang Janisch) stellt einige Themen des Deutschen Juristentags vor. So werden die Reformpläne hinsichtlich der Einführung einer höheren Strafe für fremdenfeindliche oder sonstige Motive als nicht notwendig angesehen. Stattdessen setze man sich für klarere Kriterien im Mordparagrafen ein. Kontrovers diskutiert werde über den Straftatbestand der "Bekenntnisbeschimpfung".
Die FAZ (Joachim Jahn) stellt die verschiedenen Ansichten der Referenten im Hinblick auf die Urheberrechte im Internet dar. Diese reichen von einem Plädoyer für den Schutz des geistigen Eigentums bis zu der Mahnung, dass ein überschießendes Urheberrecht ein Innovationshemmnis für ein ökonomisches System darstellen kann. In diesem Zusammenhang finden auch das Leistungsschutzrecht für die Presse sowie das Abmahnungswesen kurz Erwähnung.
Außerdem beschäftigt sich die FAZ (Reinhard Müller) mit der auf dem Deutschen Juristentag aufgeworfenen Frage, wo die Grenze der Ausübung des Glaubens liegt. Er geht in diesem Kontext auch auf die religiös motivierte Beschneidung und den Straftatbestand der "Religionsbeschimpfung" ein. Kurz werden auch die Argumente gegen die Reform des Mordparagrafen angeführt.
Schließlich stellt die FAZ (Helene Bubrowski) auch die Reformvorschläge für das deutsche Zivilprozessrecht vor. Ziel sei es unter anderem, deutsche Gerichte wieder attraktiver für Streitigkeiten mit internationalem Bezug zu machen.
Länderfinanzausgleich: Die SZ (Guido Bohsem) informiert in Fragen und Antworten über die anstehende Reform des Länderfinanzausgleichs. Dabei werden auch die Punkte vorgestellt, auf die sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) verständigen konnten. Diese umfassen die Zukunft des Solidaritätszuschlags, die Lockerung der Schuldenbremse, die zukünftigen Aufgaben des Bundes sowie das Verfahren mit den Altschulden.
Ausreise von Islamisten: Die taz (Christian Rath) beschreibt verschiedene rechtliche Maßnahmen im Umgang mit islamistischen Kriegern, die aus Deutschland ausreisen wollen beziehungsweise wieder in die Bundesrepublik einreisen wollen. Ziel sei es die Ausreise zu stoppen und die Wiedereinreise zu erschweren. Über Gesetzesänderungen beraten derzeit die Innenminister von Bund und Ländern.
Asyl: Der Deutsche Städtetag möchte bei Bund und Ländern ein Sofortprogramm zur Unterbringung und angemessenen Versorgung von Flüchtlingen erwirken, teilt Reiner Burger (FAZ) mit. Dieses solle eine Verkürzung des Asylverfahrens und eine Aufstockung von Unterbringungskapazitäten umfassen. Im Zuge dessen geht Reiner Burger auch auf die Abstimmung des Bundesrates zur Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten am Freitag ein.
Justiz
BVerfG zu "Deal" im Strafprozess: Das Bundesverfassungsgericht beschloss strenge verfassungsrechtliche Anforderungen für die Verständigung im Strafprozess, berichtet die SZ (Heribert Prantl). Zu Beginn der Hauptverhandlung muss das Strafgerichts demnach mitteilen, ob es Gespräche über einen "Deal" gab oder nicht. Des Weiteren erfordere eine rechtmäßige Verständigung eine umfassende Belehrung des Angeklagten. Prantl geht auch kurz auf die Entwicklung des "Deals" und prominente Beispiele ein.
BGH zu Belehrung von Zeugen: Angehörige dürfen als Zeugen in der Hauptverhandlung schweigen, auch wenn sie im Ermittlungsverfahren bereits Aussagen gemacht haben. Eine Verwertung im Hauptverfahren konnte bisher dadurch erreicht werden, dass der Ermittlungsrichter – seinerseits als Zeuge vor Gericht – die Aussage in die Verhandlung einführt. Der Bundesgerichtshof schränkt diese Möglichkeit nun ein, indem er eine qualifizierte Belehrung über besagte Praxis gegenüber den angehörigen Zeugen verlangt, berichtet die FAZ (Helene Bubrowski).
OLG München - NSU-Mordwaffe: spiegel.de (Gisela Friedrichsen) informiert über die Vernehmung des Polizisten Patrick R. im NSU-Prozess. Sie soll der Klärung der Frage dienen, wie die Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrundes die Waffe erhielten, die in neun Mordfällen als Tatwaffe identifiziert wurde.
OLG Hamburg – Levi's gegen New Yorker: Vor dem Oberlandesgericht Hamburg verklagt der Jeans-Hersteller Levi's die deutsche Textilhandelskette New Yorker. Bei dem Streit geht es um die Gestaltung der Ziernaht an den Hosentaschen. Levi's unterstellt dem Unternehmen, Plagiate hergestellt zu haben. Die SZ (Angelika Slavik) berichtet von dem Verfahren, den etwaigen Konsequenzen für New Yorker und beschreibt die bisherige Vorgehensweise des amerikanischen Unternehmens in ähnlichen Fällen.
Recht in der Welt
USA - Virgina verklagt europäische Banken: Der US-Bundesstaat Virginia verklagt europäische Banken, unter anderem die Deutsche Bank, Credit Suisse und UBS, auf Schadensersatz in Milliardenhöhe wegen des Verkaufs minderwertiger Hypothekenpapiere. Die SZ berichtet, dass mit genauen Überprüfungen der einzelnen Banken zu rechnen ist.
China – Prozess gegen Bürgerrechtler: Das mittlere Volksgericht Ürümqui in China klagt den Wirtschaftsdozenten Ilham Tohti wegen Subversion und Separatismus an. Dem Bürgerrechtler wird vorgeworfen, in verschiedenen Medien zu "ethnischem Hass" aufgestachelt und subversive Inhalte verbreitet zu haben. Es wird befürchtet, dass an Tohti ein Exempel statuiert wird, schildert die SZ (Johnny Erling).
Schottland - Unabhängigkeit und EU-Recht: Am heutigen Donnerstag wird die Entscheidung hinsichtlich der Unabhängigkeit Schottlands erwartet. Der wissenschaftliche Mitarbeiter Moritz von Rochow setzt sich unter juwiss.de mit den unionsrechtlichen Konsequenzen der Unabhängigkeit auseinander. Er geht hierbei auf die Unionsbürgerschaft sowie auf Präambel, Artikel 48 und 49 des Vertrages über die Europäische Union (EUV) ein.
Sonstiges
Probleme des Wettbewerbs im Internet: Udo di Fabio legt in der FAZ die Unzulänglichkeiten der Verlagerung des Wettbewerbs ins Internet dar. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter kritisiert das "imaginierte Reich des idealen Netzwettbewerbs" und weist auf Monopolstellungen einiger Unternehmen, mittelbare Diskriminierungen von Dienstleistern und auf mangelnde Präsenz dieser Entwicklungen in Legislative und Judikative hin.
Hell's Angels im Fokus der Exekutive: In einigen Bundesländern wurde den Hell's Angels das Tragen ihrer sogenannten "Kutten" verboten. Als Folge dessen werden vermehrt polizeiliche Maßnahmen gegen die Mitglieder des Motorradclubs wegen Verstoßes gegen das Vereinsrecht getroffen. Dies kritisieren die Autoren eines Kommentars zum Vereinsgesetz Frank Braun und Florian Albrecht auf lto.de. Sie stellen dabei fest, dass die kriminologischen Fakten eine derart erhöhte Polizeipräsenz nicht rechtfertigen. Des Weiteren bemängeln sie die pauschale Einstufung der Mitglieder als kriminell. Sie appellieren an eine Exekutive, die an rechtsstaatliche und demokratische Grundsätze gebunden ist.
Das Letzte zum Schluss
Der verpatzte Hochzeitsfilm: Ein Hochzeitspaar aus Witten musste tragischerweise nach den phänomenalen Festlichkeiten registrieren, dass das Filmunternehmen, welches den großen Tag aufzeichnete, keine verwertbaren Aufnahmen des Festes hatte. Sämtliche Festplatten wurden nach der Aufzeichnung beschädigt – auch eine Datenrettung blieb erfolglos. Nun weigert sich das Ehepaar nicht nur, die Vergütung zu entrichten, es verlangt vielmehr, dass die gesamte Feier mit 1.000 Gästen aus aller Welt auf Kosten des Filmunternehmens auf identische Weise wiederholt wird. Von diesem Prozess berichtet der Justillon (Andreas Stephan).
Beiträge, die in der Presseschau nicht verlinkt sind, finden Sie nur in der Printausgabe oder im kostenpflichtigen E-Paper des jeweiligen Titels.
Morgen erscheint eine neue LTO-Presseschau.
lto/vb
Was bisher geschah: zu den Presseschauen der Vortage.
Die juristische Presseschau vom 18. September 2014: Verschärfung des (Sexual)-Strafrechts – Diskurse auf dem DJT – BVerfG zum "Deal" im Strafprozess . In: Legal Tribune Online, 18.09.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13220/ (abgerufen am: 03.07.2024 )
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