Die juristische Presseschau vom 18. September 2013: E-Zigarette kein Medizinprodukt – Honorar-Streit im NSU-Prozess – NPD scheitert mit Eilantrag

18.09.2013

Justiz

NSU-Prozess – Honorare und Befangenheit: Der NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München ist um zwei Befangenheitsanträge reicher: Was als Streit um einen Honorar-Vorschuss eines der Pflichtverteidiger von Beate Zschäpe begann, endet nun mit zwei Befangenheitsanträgen der Verteidigung. Im ersten wirft die Verteidigung laut FAZ (Karin Truscheit) dem Gericht vor, durch ein zu geringes Honorar eine "effektive Verteidigung" zu verhindern. Außerdem spielt die Begründung des Honorar-Beschlusses eine Rolle: In dieser ist laut SZ (Annette Ramelsberger) davon die Rede, dass ein geringfügig höheres Honorar angebracht sei, weil der "Tatnachweis" in diesem Verfahren schwer zu erbringen sei. In dieser Formulierung sähe die Verteidigung einen Beleg für die Voreingenommenheit des Gerichts. Der zweite Befangenheitsantrag habe mit angeblich unwahren Äußerungen des zuständigen Richters zur Beschlussfassung des Senats in dieser Sache zu tun, wie auch zeit.de (Tom Sundermann) berichtet.

Holger Schmidt (SWR-Terrorismus-Blog) räumt dem Befangenheitsantrag kaum Aussicht auf Erfolg ein – das Problem mit der Vergütung werde aber bleiben. Udo Vetter (lawblog.de) setzt sich mit der Höhe der Honorarforderung auseinander – und kommt zu dem Schluss, dass der zugestandene Betrag wohl zu gering, die Forderung des Rechtsanwalts aber ihrerseits überzogen sei. Auch Per Hinrichs (Welt) plädiert für eine "angemessene Bezahlung" der Zschäpe-Verteidiger.

BVerfG zu NPD-Eilantrag: Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag der NPD gegen Bundespräsident Gauck zurückgewiesen. In den Augen des Gerichts sei nicht davon auszugehen, dass der NPD "durch künftige Wortbekundungen" des Bundespräsidenten "ein schwerer Schaden" drohe, so die FAZ (Reinhard Müller). Auch lto.de berichtet.

Thomas Stadler (internet-law.de) setzt sich mit den Erfolgsaussichten des Hauptverfahrens auseinander und hält die Organklage der NPD mangels Klagebefugnis bereits für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Immerhin habe Gauck seine Äußerungen nicht explizit auf die NPD, sondern nur auf eine der Partei mutmaßlich nahestehende Gruppe von Demonstranten bezogen.

BGH zu Lehmann-Insolvenz: Wie FAZ und lto.de melden, hält der Bundesgerichtshof an seiner Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Lehmann-Insolvenz fest und hat am Dienstag eine weitere Schadensersatzklage abgewiesen. Die Insolvenz sei nicht vorhersehbar gewesen, weswegen über dieses Risiko nicht habe aufgeklärt werden müssen.

LG München – Siemens-Bestechungsprozess: Die SZ berichtet von der Verlesung der Anklage gegen den Ex-Siemens-Vorstand Uriel Sharef vor dem Landgericht München. Dem Angeklagten werde von der Staatsanwaltschaft Untreue vorgeworfen, weil er ein Schmiergeldsystem des Unternehmens in Argentinien gedeckt haben soll. Die Verteidigung werfe der Staatsanwaltschaft lückenhafte und intransparente Ermittlungen vor und habe bereits vor Verfahrenseröffnung die Einstellung des Verfahrens beantragt. Über den Antrag habe das Gericht bislang noch nicht entschieden.

StA Berlin – Anklage gegen Bushido: Die Berliner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Rapper Bushido erhoben. Wegen seines bereits indizierten Songs "Stress ohne Grund" werde ihm nun "Volksverhetzung, Beleidigung und Gewaltdarstellung" vorgeworfen, berichtet spiegel.de.

SachsenLB-Prozess – Privatgutachten: Im "Geld"-Teil befasst sich die SZ (Klaus Ott) am Beispiel des SachsenLB-Prozesses mit dem "Trend zur Hilfe von außen" bei umfangreichen Korruptionsverfahren: So gäben Staatsanwaltschaften immer häufiger Rechtsgutachten bei Großkanzleien in Auftrag oder stützten sich in ihren Anklagen auf Privatermittlungen der betroffenen Banken. Strafverteidiger sähen darin eine unzulässige und den Rechtsstaat gefährdende Privatisierung der Justiz – und fordern im SachsenLB-Prozess die Einstellung des Verfahrens.

LG Köln zu Forsa-AfD-Streit: Das Meinungsforschungsinstitut Forsa hat laut FAZ (Majid Sattar) vor dem Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen den Vorsitzenden der Partei "Alternative für Deutschland" erwirkt. Danach ist diesem künftig vorerst untersagt, zu behaupten, die AfD liege nach den Rohdaten des Instituts deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde.

Thomas Kröter (FR) meint, damit habe die AfD, die so einmal mehr versucht habe, sich zum Opfer zu stilisieren, "eine saftige Niederlage" kassiert.

ArbG Eberswalde zu sittenwidrigen Liefer-Löhnen: Das Arbeitsgericht Eberswalde hält Stundenlöhne von unter drei Euro für Pizza-Ausfahrer für sittenwidrig. Der vom Jobcenter verklagte Unternehmer muss nun Aufstockungsleistungen zurückzahlen. Er hatte Stundenlöhne zwischen 1,59 und 2,72 Euro bezahlt, berichtet blog.beck.de (Markus Stoffels).

Fusionsrechtsprechung: Vor dem Hintergrund des Fusionsverbots für zwei Kabelnetzbetreiber durch das Oberlandesgericht Düsseldorf im August erläutert der Rechtsanwalt Lutz Becker auf der "Recht und Steuern"-Seite der FAZ, wie "vielschichtig" sowie "ökonomisch und rechtlich komplex" Fusionskontrollverfahren sind – und wünscht sich häufiger gerichtliche Entscheidungen, die Fusionen entgegen der bisherigen Praxis auch einmal entgegentreten.

BFH zu Online-Händlern: Auf der "Recht und Steuern"-Seite der FAZ analysiert die Rechtsanwältin Christine Varga ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom Juli, in dem dieser die Betreiber von Internet-Handelsplattformen verpflichtet hatte, Umsätze und Kontaktdaten von Händlern an die Steuerfahndung herauszugeben, wenn der Verdacht von Umsatzsteuerstraftaten bestehe.

BayernLB vs. Hypo Group Alpe Adria: Das Handelsblatt (Christian Höller/Elisabeth Atzler) informiert über den aktuellen Verfahrensstand in der Auseinandersetzung zwischen der Hypo Group Alpe Adria und ihren früheren Mutter, der Bayerischen Landesbank, vor dem Wiener Handelsgericht. Demnach werde dem BayernLB-Chef Gerd Häusler von der Gegenseite nun Falschaussage unter Eid vorgeworfen.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 18. September 2013: E-Zigarette kein Medizinprodukt – Honorar-Streit im NSU-Prozess – NPD scheitert mit Eilantrag . In: Legal Tribune Online, 18.09.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/9576/ (abgerufen am: 30.06.2024 )

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